Europaparlament winkt neue Kommission durch
AfD-Fraktion ECR geteilter Meinung
Gestern stimmte das Europaparlament mit 423 zu 209 Stimmen und 67 Enthaltungen für Jean-Claude Junckers Quasi-Kabinett. Die Ja-Stimmen kamen vor allem aus den Reihen der Christ- und Sozialdemokraten sowie der Liberalen. Die neue Kommission setzt sich fast ausschließlich aus Politikern dieser Fraktionen zusammen, die gemeinsam über 478 Mandate verfügen.
Die von den britischen Tories geführte und 71 Abgeordnete starke Fraktion der Konservativen und Reformer (ECR) enthielt sich überwiegend. 12 ECR-Abgeordnete - vor allem Tories - stimmten dafür und 20 dagegen - darunter auch die sieben deutschen AfD-Abgeordneten. Der ECR-Vorsitzende Syed Kamall meinte in einer Stellungnahme zum Abstimmungsverhalten seiner Fraktion, man werte die in zwei Hierarchieebenen gegliederte neue Struktur der Kommission als positiv und befürworte viele der Prioritäten, die Juncker setzen will, habe aber Bedenken gegen mehrere Kandidaten.
Mit Nein stimmten unter anderem die Linksparteien, die britische UKIP, Beppe Grillos Movimento 5 Stelle, der französische Front National, die österreichische FPÖ, zahlreiche kleinere Parteien und der sächsische CDU-Politiker Hermann Winkler, der der aktuellen Russland-Politik der EU kritisch gegenübersteht. Sein Parteifreund Herbert Reul, der letzte Woche verlautbart hatte, er würde die nun als Verkehrskommissarin gewählte Esoterikerin Violeta Bulc am liebsten einweisen lassen, votierte dagegen für die neue Kommission.
Nun müssen die alten Kommissare und deren Mitarbeiter bis zum 1. November ihre Büros an ihre Nachfolger übergeben. Die können sich dann entweder mit der Regulierung von Olivenölkännchen, Kuhfladen und Duschköpfen beschäftigen, oder die zunehmend EU-skeptischen EU-Bürger mit Vorschlägen überraschen, die man ihnen nicht zutrauen würde: Ein solcher Vorschlag wäre beispielsweise die Abschaffung der Zeitumstellung, die nicht zu weniger, sondern sogar zu mehr Energieverbrauch führt und extrem unbeliebt ist: In Bayern wird sie beispielsweise von einer Zweidrittelmehrheit abgelehnt, wie eine aktuelle Umfrage einer Krankenkasse zu dem am Sonntag erneut drohenden Ereignis ergab.
Weiterhin unklar ist, wie der neue Kommissionspräsident Juncker das von ihm angekündigte 300 Milliarden Euro schwere Investitionsprogramm finanzieren will, ohne die Stabilität des Euro noch weiter zu verringern. Konkrete Pläne dazu arbeitet der Luxemburger angeblich gerade zusammen mit seinem Wirtschaftskommissar Jyrki Katainen aus. Bis zum Beginn der Weihnachtsferien sollen sie der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Andere politische Baustellen sind der Streit mit Russland, der in vielen Ländern die Energieversorgung gefährdet, und das Freihandelsabkommen TTIP, das zu einer Hinterrücks-Privatisierung des Gesundheitswesens und anderer Bereiche führen könnte.
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