Freihandel und Wirtschaftswachstum statt Demokratie und Ökologie

Seite 3: Privatisierungen unter dem Deckmantel der Freihandelspolitik

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Privatisierungen gehören zum Kernrepertoire neoliberaler Institutionen wie der Weltbank, der WTO, dem internationalen Währungsfonds und eben dem Europäischen Rat. Das TTIP-Abkommen soll offenbar garantieren, dass nun endlich auch die letzten Ausnahmen abgeschafft und Widerstände gegen Privatisierungen gebrochen werden.

"Das Abkommen sollte auf die Aufnahme von Bestimmungen zur Wettbewerbspolitik abzielen, einschließlich Bestimmungen über Kartelle, Zusammenschlüsse und staatliche Beihilfen. Des Weiteren sollte sich das Abkommen mit staatlichen Monopolen, staatlichen Unternehmen und Unternehmen mit besonderen oder ausschließlichen Rechten befassen."

Diese erste Formulierung aus der TTIP-Verhandlungsgrundlage zeigt, wie schon durch die Wortwahl staatliche Lenkung und staatliche Betriebe abgelehnt werden. So ist von "Kartellen" und "staatlichen Monopolen" die Rede. Zu diesen Monopolen zählt man unter anderem staatliche Kernbereiche wie Bildungseinrichtungen, also Universitäten und Schulen, die letztlich auch privatisiert und so den Märkten zugänglich gemacht werden sollen. Eine im Lichte bereits heute fataler Ökonomisierungstendenzen im Bildungssystem alarmierende Perspektive und eine echte Gefahr für freie und kritische Bildung.

Für Freihandels-Dogmatiker sind staatliche Monopole aber immer als angeblich volkswirtschaftlich ineffizient abzulehnen. Die Tatsache, dass beispielsweise Schulen nicht effizient, sondern intellektuell wie didaktisch fähig sein sollen, oder staatliche Wasser- oder Klärwerke auch ohne Wettbewerb sehr effizient aufgebaut sein können, wird ignoriert. So wird nicht genau hingeschaut, ob Wettbewerb im Einzelfall überhaupt Sinn ergibt. Etwa eben bei der Wasserversorgung mit einer einheitlichen Infrastruktur ergibt es wenig Sinn, unterschiedliche Anbieter in einen Wettbewerb eintreten zu lassen. Das Produkt Wasser bleibt immer dasselbe und arme wie reiche Menschen sollen gleichermaßen die bestmögliche Wasserqualität bekommen.

Darüber herrscht immerhin auch bei den TTIP-Unterhändlern (hoffentlich) Konsens. Laut TTIP sollen letztlich dennoch alle Wasserwerke und alle anderen staatlichen Strukturen privatisiert werden. Gerne auch die Gefängnisse wie in vielen Ländern bereits geschehen. Sogar Behörden werden zum Teil privatisiert. Anbieter wie das Bertelsmann-Tochterunternehmen Arvato bieten in diesem Segment ihre Dienstleistungen an. Es wäre verwunderlich, wenn die zahlreichen Bertelsmann-Lobbyisten sich also nicht hinter den Kulissen für das TTIP und insbesondere den Teilaspekt der Totalprivatisierung einsetzen würden.

Dass es den TTIP-Unterhändlern ernst ist, zeigt abschließend dieser Satz:

"Dienstleistungshandel [auf dem] höchsten Liberalisierungsniveau [...] wobei im Wesentlichen alle Sektoren und Erbringungsarten erfasst werden, und dabei gleichzeitig neue Marktzugangsmöglichkeiten zu erzielen, indem noch vorhandene, seit langem bestehende Hemmnisse für den Marktzugang angegangen werden."