Gas-Inflation: EZB entdeckt versteckten Preistreiber in der Eurozone

Gasleitungssystem mit hohem Druck und Richtungszeichen an der Verdichterstation.

(Bild: sdf_qwe / Shutterstock.com)

Die Gaspreise bewegen die Inflation stärker als gedacht. Eine EZB-Studie zeigt, wie Preisschocks die Teuerung anheizen. Droht eine neue Preisexplosion?

Die globalen Energiemärkte sind in Bewegung und folgen derzeit den Entwicklungen an den Börsen. Wie die Aktienkurse sind auch die Preise für Erdgas und Erdöl eingebrochen. Ob der Preisrückgang den Anstieg der letzten Woche wieder ausgleichen kann, bleibt abzuwarten.

Nahostkonflikt bedroht Stabilität der Energiepreise

Es ist aber auch wahrscheinlich, dass die Preise innerhalb kurzer Zeit wieder nach oben drehen und neue Höchststände erreichen. Grund dafür sind die Spannungen im Nahen Osten, die zu einer Unterbrechung der Gaslieferungen in und aus der Region führen könnten.

Sollte dieses Szenario eintreten, hätte dies auch deutliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage im Euroraum, wie eine am Montag veröffentlichte Studie der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt. Demnach wirken sich Preisschocks beim Erdgas zunehmend auf die Inflation im gemeinsamen Währungsraum aus.

EZB-Studie: Gaspreisschocks beeinflussen Euroraum-Inflation

Die Studie zeigt, dass eine zehnprozentige Erhöhung des Gaspreises zu einem Anstieg der Inflation um etwa 0,1 Prozentpunkte führt, mit einer anhaltenden Wirkung über ein Jahr hinaus.

"Wenn man bedenkt, dass der Anstieg der Gaspreise zwischen Anfang 2022 und dem Höchststand im August 2022 fast 200 Prozent betrug, würde dies zu einem Anstieg der Inflation um rund zwei Prozentpunkte führen", schätzen die Autoren.

Die Forscher, Ökonomen der Banco de España und der EZB, betonen, dass Gas auf der Produktionsseite wichtiger ist als auf der Verbrauchsseite, sodass die indirekten Effekte dominieren. Das bedeutet, dass die Auswirkungen von Gaspreiserhöhungen primär über höhere Produktionskosten auf die Inflation durchschlagen.

Interessanterweise unterscheiden sich die Auswirkungen von Land zu Land: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass unerwartete Gaspreisänderungen für die Inflation in Deutschland, Spanien und Italien wichtiger sind als in Frankreich", heißt es in der Studie. Dies lässt sich auf den unterschiedlichen Einsatz von Gas in der Produktion und in der Stromerzeugung in diesen Ländern zurückführen.

Gaspreise als eigenständiger Faktor für Inflation im Euroraum

Die Studie unterstreicht die zunehmende Bedeutung der Gaspreise für die Inflationsdynamik in der Eurozone. Während die Gaspreise früher an den Ölpreis gekoppelt waren, haben sie sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten im Zuge der Liberalisierung der Märkte entkoppelt und spielen heute eine eigenständige Rolle.

Diese Erkenntnisse sind seit Beginn des Kriegs in der Ukraine besonders relevant. Nach seinem Beginn und den westlichen Sanktionen gegen Russland stiegen die Gaspreise sprunghaft an und trieben die Inflation im Euroraum in den zweistelligen Bereich. Um sie wieder zu senken, erhöhte die EZB die Leitzinsen massiv, was sich deutlich auf die Konjunktur auswirkte.

Seit 2022 sind die Gaspreise wieder gesunken und mit ihnen ging auch die Inflation über weite Strecken zurück. Dennoch bewegen die Gaspreise sich laut EZB in einer relativ engen Bandbreite um ihr Niveau von Mitte 2021. Sollte der Konflikt im Nahen Osten eskalieren, dürfte sich die Entwicklung wieder umkehren.