Gentechnisch veränderte Pflanzen

In den USA kaum Kontrollen, Risiken werden von den Behörden nicht beachtet

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In den USA ist die Food and Drug Administration (FDA) für die Kontrolle und Sicherheit der Lebensmittel und natürlich auch für die von Lebensmitteln, die genetisch veränderte Bestandteile enthalten, zuständig. Die FDA empfiehlt zwar, dass Firmen, die neue Pflanzen entwerfen, die Behörde um Rat fragen sollen, aber es werden keine Tests verlangt und die Firmen können weitegehend machen, was sie wollen, da die FDA davon ausgeht, dass es zwischen genveränderten und durch herkömmliche Methoden gezüchtete Pflanzen - mehr oder weniger nach der Devise: Eine Tomate ist eine Tomate - keinen Unterschied gebe. Genveränderte Pflanzen, die direkt oder indirekt in den Nahrungskreislauf der Menschen kommen, gelten allgemein als sicher oder, wie es so schön heißt, "GRAS" (generally recognized as safe). Gekennzeichnet müssen Lebensmittel erst dann werden, wenn die genetische Veränderung die Bestandteile und den Geschmack erheblich verändert.

Gegen diesen Freibrief für genveränderte Nahrungsmittel will eine Organisation durch eine Klage gegen die FDA vorgehen. Die Klage wird auch von einigen Biowissenschaftlern unterstützt. Letztlich geht des der Alliance for Bio-Integrity darum, dass die FDA bislang nicht ausreichend geprüft hat, ob Genlebensmittel wirklich sicher seien, wie dies für Nahrungsmittel mit neuen Zusätzen eigentlich erforderlich ist. Steven Druker, der Geschäftsführer der Organisation, wirft der FDA überdies Betrug vor, weil sie Tatsachen falsch dargestellt und damit das Gesetz verletzt habe.

Allerdings wird in den USA allgemein die Kritik an der bisherigen Politik größer, genveränderte Pflanzen und Lebensmittel ohne weitere Kontrollen zu genehmigen. Erst Anfang April kam ein Ausschuss der National Academy of Sciences zu dem Schluss, dass zwar die jetzt auf dem Markt befindlichen genveränderten Nahrungsmittel weitgehend sicher seien, aber dass genetisch veränderte Nutzpflanzen Risiken für die Lebensmittelsicherheit und für die Umwelt hervorrufen können, weswegen für neue Pflanzen strengere Kontrollen notwendig seien. Der Ausschuss verwies dabei vor allem auf die Pflanzen, die gentechnisch so verändert wurden, dass sie ihre eigenen Pestizide herstellen, auch wenn betont wird, dass es nichts Gefährliches an dem Vorgang gebe, Gene der einen Art in das Genom einer anderen Art einzufügen.

Immerhin empfiehlt der Bericht der Environmental Protection Agency (EPA) die Kontrolle auch über Nutzpflanzen auszudehnen, die gegenüber Viren resistent gemacht wurden. Von Kritikern wird vornehmlich bei diesen Pflanzen befürchtet, dass sie sich ungehemmt als Superpflanzen vermehren könnten, wenn sie sich mit wildwachsenden Pflanzen kreuzen. Gefordert werden auch Tests bei neuen Pflanzen, da sie auch neue Gifte oder allergische Substanzen enthalten können. Die EPA ist bislang nur für genveränderte Pflanzen zuständige, die Pestizide erzeugen, während das US-Landwirtschaftsministerium (USDA) die oberste Behörde des Landes für die Kontrolle vom GMOs ist.

Steven Druker ist der Meinung, dass von der FDA essbare Pflanzen, denen Gene einer anderen Art eingefügt wurden, als Nahrungsmittel mit Zusätzen eingestuft werden müssen. Die FDA geht davon aus, dass Genpflanzen sicher (GRAS) sind, weil sie anderen Pflanzen, die als sicher eingestuft werden, hinreichend ähnlich sind. "In the case of bioengineered foods", so etwa in einer FAQ Jane E. Henney auf der FDA-Website, "we are talking about adding some DNA to the plant that directs the production of a specific protein. DNA already is present in all foods and is presumed to be GRAS. As I described before, adding an extra bit of DNA does not raise any food safety issues." Als sicher aber dürfen Lebensmittel nur dann gelten, wenn es dafür einen "überwiegenden Konsens innerhalb der Gemeinschaft der qualifizierten Experten" gibt und wenn diese Ansicht auf wissenschaftlichen Beweisen beruht. Druker sagt, dass sich weder in den Archiven der FDA noch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen ein Hinweis darauf finden lässt, dass nur ein gentechnisch verändertes Lebensmittel als sicher eingestuft worden wäre, wie es das Gesetz vorschreibt.

Die Hauptuntersuchung zu Beginn der 90er Jahre betraf die "Flavr Savr"-Tomate, den ersten, von der FDA überprüften genveränderten Organismus. Offenbar kamen die Wissenschaftler dabei zu der Ansicht, dass die Sicherheitsfrage, die mögliche Auslösung von Allergien betreffend, nicht endgültig gelöst worden sei, gleichwohl habe die Behörde dann die Gentomate als GRAS eingestuft. Später hätten Angestellte der Behörde dann begründet, dass die Tomate sich als so sicher erwiesen habe, dass die Genauigkeit der Überprüfung für andere Genpflanzen nicht mehr erforderlich sei. "Die Behörde", so eine offizielle Verlautbarung, "kennt keine Information, die zeigt, dass Lebensmittel, die von diesen neuen Methoden abstammen, sich von anderen Lebensmitteln in irgendeiner bedeutungsvollen oder gleichbleibenden Weise unterscheiden."

Druker hat aufgrund der Klage zahlreiche interne Dokumente der FDA erhalten, von denen er einige auf der Website veröffentlicht hat und aus denen hervorgeht, dass auch intern Wissenschaftler vor den möglichen Risiken von genveränderten Pflanzen und Lebensmitteln gewarnt haben und nicht damit einverstanden waren, genveränderte Pflanzen mit solchen gleichzustellen, die mit herkömmlichen Methoden gezüchtet wurden. Für Druker jedenfalls resultiert die andauernde falsche Darstellung der Wirklichkeit durch die FDA aus dem Druck der Biotech-Industrie. Dass diese erheblich auf die US-Regierung Einfluss nimmt, wurde spätestens bei den Verhandlungen zum Biosafety-Protokoll in Toronto und auch bei den Versuchen deutlich zu verhindern, dass in der EU Lebensmittel, die gentechnisch veränderte Bestandteile enthalten, gekennzeichnet werden müssen (Britische Regierung wurde in Sachen "Frankenstein Food" von der US-Regierung unter Druck gesetzt). Druker will mit der Klage durchsetzen, dass Sicherheitsuntersuchungen durchgeführt und gentechnisch veränderte Lebensmittel gekennzeichnet werden müssen.

In den USA werden bereits auf 50 Millionen Hektar genveränderte Pflanzen angebaut, die zuvor nicht gerade ausgiebig getestet worden sind. Man könnte auch sagen, dass die USA damit einen gigantischen Freilandversuch mit GMOs durchführen. Bedenken, dass genetisch veränderte Pflanzen sich mit wildlebenden Verwandten kreuzen und damit die eingefügten Gene weitergeben, sind keineswegs gänzlich beseitigt. Die Möglichkeiten dafür steigen eigentlich mit der zunehmenden Verbreitung von GMOs. Bei Bt-Weizen hat man beispielsweise herausgefunden, dass sich im Boden das Toxin gegen Insekten anreichert und für Monate aktiv bleibt. Möglicherweise werden durch das Toxin auch Insekten getötet, die keine Schädlinge sind oder gar selbst Schädlinge verzehren. Überdies scheint die Resistenz der Schädlinge gegen Bt schneller als erwartet zu steigen.

Verwunderlich ist jedenfalls nicht. dass ähnliche Vorwürfe wie gegen die FDA von Wissenschaftlern und Umweltschützern auch gegenüber den Bewilligungsverfahren für GMOs des Landwirtschaftsministeriums vorgetragen werden. War der Sündenfall dort die Gentomate, so beim USDA ein Genkürbis, der gegen Viren resistent gemacht wurde und trotz Bedenken 1994 für den Anbau zugelassen wurde. 1997 wurden die Genehmigungsverfahren überdies erleichtert. Letztlich testen die Unternehmen selbst in Eigenverantwortung ihre GMOs, während das Ministerium nur wissen will, ob die neuen Pflanzen bestimmte Risiken mit sich bringen. Und die Tests, die durchgeführt werden, sind eher so angelegt, mögliche Risiken zu vermeiden, als zu überprüfen, ob es welche geben könnte. So werden Pflanzen beispielsweise abgedeckt, um sich nicht mit wildlebenden Verwandten kreuzen zu können.