German Naivität 2

Seite 10: Die Ahmadiyya Muslim Jamaat

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Der Sitz im Rundfunkrat des HR wurde ausgelost zwischen Ditib, der Ahmadiyya Muslim Jamaat und der Alevitischen Gemeinde Hessen. Das Los fiel auf Ditib und somit auf Doğruer, aber die Frage nach der Kompatibilität mit der Verfassung stellt sich auch für die zweite Kooperationspartnerin der hessischen Behörden. In den Statuten der Ahmadiyya ist festgelegt:

VIII. Dass er/sie den Glauben, die Hochschätzung des Glaubens und die Sache des Islam für sich kostbarer erachten wird als das eigene Leben, den eigenen Reichtum, das eigene Ansehen, die eigenen Kinder und alle anderen liebenswerten Dinge; ... Zitiert aus "Die 10 Bedingungen des Baiat (Treuegelöbnis)"

Und weil sie das mit dem "die Sache des Islam kostbarer erachten als ... die eigenen Kinder" ernst genommen haben, stand 2015 das Ehepaar Asadullah und Shazia K. vor dem Kadi. Sie wurden beschuldigt, ihre Tochter Lareeb ermordet zu haben - weil diese einen Freund hatte. Und zwar einen etwas älteren Studenten, dessen Eltern ebenfalls in der Gemeinde aktiv waren.

Der Vater bekannte sich des Mordes schuldig. Da alle Indizien dafür sprachen, dass die Eltern den Mord gemeinschaftlich begingen, wurden beide verurteilt. Assadullah K. war in der nationalen Leitung des deutschen Ablegers der Sekte "für die älteren Herren ab 40" verantwortlich. Was immer das heißen mag, auf jeden Fall war er in einer Leitungsfunktion. Shazia K. war Sekretärin der lokalen Ahmadiyya-Gemeinde, zuständig auch für Kinder und Jugend.

"Kinder sind bis sie 18 sind Eigentum der Ahmadiyya-Gemeinde", erklärte der Vorsitzende der Ahmadyya Deutschland, Uwe Abdulla Wagishauser, der als Zeuge befragt wurde, in dem Prozess. Außerdem erläuterte er: "Ob Mädchen und Jungen vorehelichen Geschlechtsverkehr haben oder sich nur treffen, das mache keinen Unterschied, 'das ist im Islam gleich'".

Die Ahmadyya Deutschland scheint primär von Konvertitinnen geprägt zu sein. Der Schriftsteller Paul-Gerhard Hübsch, ein Alt-68er, ist offenbar bei einer Marokko-Reise auf dem Tripp hängen geblieben: Er trat 1969 der Sekte bei und war später Pressesprecher des deutschen Ablegers. Seine Tochter Khola Maryam, Journalistin von Beruf, firmiert als muslimische "Feministin". Über sie schreibt Thomas Baader, Sprecher von "peri - Verein für Menschenrechte und Integration":

Sexismus ist sicherlich ein gemeinmenschliches Problem, aber auch eines, das durch religiöse oder kulturelle Faktoren entweder verstärkt oder abgeschwächt werden kann. Dass der Islam Letzteres vermag, dagegen spricht die Alltagsrealität der islamischen Länder. Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang auf Ausführungen verweisen, die man auf der Website der Ahmadiyya-Gemeinde, der Frau Hübsch angehört, finden kann. Eine davon hört sich so an:

"Eine Muslima, die Kopftuch oder Schleier trägt, wendet sich somit bewusst von allem ab, was ihre spirituelle Entwicklung beeinträchtigen könnte. Sie will erkannt werden als eine Frau, die zu innerem Frieden gelangt, indem sie den Geboten Gottes folgt. Darüber hinaus möchte sie nicht belästigt werden."

Per Definition ist Belästigung etwas, was als schädigend oder beeinträchtigend wahrgenommen wird. Daraus sollte man folgern, dass eigentlich niemand belästigt werden möchte.

Hier aber wird als einer der Gründe des Kopftuchtragens der Wunsch genannt, nicht belästigt zu werden. Was soll man daraus schließen? Dass die Frau, die kein Kopftuch trägt, dann auch kein eindeutiges Zeichen gegen Belästigung gibt? Dass sie belästigt werden darf? Diese Schlussfolgerung ist sicherlich nicht zwingend. Andererseits: Dass so mancher muslimische Mann einen solchen Schluss zieht, dürfte angesichts der Formulierung dann auch nicht weiter überraschen. Immerhin wird hier klargestellt, wie eine anständige Frau, die nicht belästigt werden möchte, sich anzieht. Und die anderen?.

Thomas Baader, Cicero

Baader offenbart auch noch einen Blick hinter die Kulissen der Ahmadiyya-Gemeinde, der Khola Maryam Hübsch angehört:

Die Ahmadiyya-Gemeinde ist mitnichten jene progressive religiöse Kraft, als die Hübsch sie darstellen möchte. Der Menschenrechts- und Integrationsverein "peri", dem ich angehöre, engagiert sich seit seiner Gründung für die Rechte vor allem muslimischer Frauen und Mädchen. Als vor diesem Hintergrund die Rechtsanwältin Brigitta Biehl im vergangenen Jahr für den Verein als Prozessbeobachterin im Fall Ehepaar K. fungierte - diese gehören der Ahmadiyya-Gemeinde an und hatten ihre Tochter getötet - , kamen einige Äußerungen ans Licht, die man sich sehr genau ansehen sollte.

Der als Zeuge geladene Vorsitzende der Gemeinde, Uwe Abdulla Wagishauser, machte deutlich, welche Pflicht gläubige Eltern hätten, wenn die Tochter eine voreheliche Beziehung eingeht: "Sie müssen ihre Tochter dann verstoßen, als Tochter musst Du wählen zwischen der Beziehung oder der Familie." Es verwundert dann auch nicht, dass es in der siebten Bedingung des Treuegelöbnisses der Ahmadiyya-Gemeinde heißt, der Glaube müsse als kostbarer erachtet werden als die eigenen Kinder. Und so bestätigte auch Frau Khan vor Gericht: "Kinder sind, bis sie 18 sind, Eigentum der Ahmadiyya-Gemeinde".

Wie wohltuend nimmt sich im Gegensatz dazu folgende Erklärung der Alevitischen Gemeinde aus:

Für das Alevitentum ist die Menschenliebe gleichbedeutend mit der Liebe zu Haq (Gott). Deshalb sind Liebe und Toleranz Grundbegriffe unseres Glaubens. Man sagt sogar, dass die Liebe zum Menschen eine Form der individuellen Gebetsausführung ist. Der Mensch soll sich Haq (Gott) nicht in Furcht, sondern durch Liebe nähern. Die Liebe zu Haq (Gott) streckt sich durch die komplette Lehre aus. Die Vereinigung des Menschen mit Haq (Gott) kann nur durch das Wachsen des inneren Reichtums geschehen.

Das wiederum ist nur auf dem Wege der Tugend und der Toleranz möglich. Man soll nichts Schlechtes über andere denken, nie einen anderen Menschen verletzen und nie seine Hand nach etwas ausstrecken, das einem anderen zusteht. Auch gibt es im Alevitentum keine Form der Diskriminierung im Hinblick auf die Religion, Sprache oder der ethnischen Herkunft anderer. Im Alevitentum ist die Liebe und Toleranz mit dem Ideal und dem Glauben verbunden, eine alle Menschen der Welt vereinigende und universale Bruderschaft zu schaffen

Aleviten Forum

Auch wenn die Schwestern vergessen wurden, eine Geschlechtertrennung wird in den alevitischen Gemeinden nicht praktiziert, die "Cemevi" (Versammlungshäuser) werden von Frauen und Männern genutzt, gebetet wird gemeinsam und auch gefeiert. Kultur wird überhaupt sehr groß geschrieben im Alevitentum - in der Türkei handelt es sich um eine verfolgte Minderheit.

Als der Publizist Hrant Dink vor dem Gebäude seines Verlags erschossen wurde, gehörten Alevitinnen und Aleviten zu den Ersten, die dagegen protestierten. Viele Kurdinnen und Kurden gehören der Alevitischen Gemeinde an, z. B. der prominente kurdische Islam-Kritiker Ali Ertan Toprak. Dieser war von 2006 bis 2009 Generalsekretär der Alevitischen Gemeinde Deutschlands und von 2009 bis 2012 ihr stellvertretender Vorsitzender.

Toprak ist seit Mitte 2016 als "Vertreter der Migranten" Mitglied im ZDF-Fernsehrat. Eine Vertreterin der Alevitischen Gemeinde im Rundfunkrat der HR hätte ganz sicher nicht die Frage nach der Verfassungskonformität aufgeworfen, sondern wäre ein Gewinn für die Kulturlandschaft Hessens gewesen.