Griechenland: Mit Merkels Hilfe …

Seite 3: Herr, ich bin vollkommen ungläubig, segne mich!

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Samaras Gegenpart, Oppositionsführer Tsipras, entdeckt momentan seine Liebe zum Übersinnlichen. Seine Vita zeichnet ihn bislang als überzeugten Atheisten aus. Weder die Kinder noch die Ehe mit Gattin Peristera haben kirchlichen Segen. Damit nicht genug. Mit der Mutter seiner Kinder ist der linke Politiker noch nicht einmal richtig, will heißen standesamtlich oder kirchlich, verheiratet. Die beiden führen eine eingetragene Lebensgemeinschaft, wie sie im übrigen Europa vornehmlich zum Zusammenleben gleichgeschlechtlicher Paare genutzt wird.

Nähe trotz Atheismus - Regionalgouverneurin von Attika Rena Dourou vom SYRIZA mit Priester

Pragmatische Gründe und intensives Geschichtsstudium haben Tsipras auf den Trip gebracht, dass es ohne die Kirche jedoch nicht gehen kann. Das betrifft nicht das private, sondern das öffentliche Leben des Revolutionärs, der auszog, um Europa vom Spardiktat zu befreien.

Im Sommerurlaub schockte Tsipras seine Anhänger mit der Ankündigung, die autonome Mönchsrepublik Athos besuchen zu wollen. Er wurde dort herzlich empfangen. Die Ordensbrüder dankten dem Politiker für die Unterstützung im Ringen um eine kirchenfreundliche Besitzbesteuerung.

So weit so gut - oder auch nicht. Schließlich ist Griechenland ein Staat, bei dem die christlich orthodoxe Religion immer noch den Status einer Staatsreligion hat. Der Volksglaube beinhaltet das gemeinsame Andenken an den Streit Ostroms mit dem päpstlichen Rom in Italien. Die Frage, ob das Pontifikat des Bischofs von Rom oder die Würde des Patriarchen von Konstantinopel den ersten Rang innerhalb der Christenheit bedeuten, hatte einst West- und Osteuropa in zwei Lager geteilt. De facto sind die Griechen in ihrer Mehrzahl auch heute noch überzeugt, dass ihr byzantinisches Reich den Türken aufgrund päpstlicher Intrigen und (west)kaiserlicher Machtpolitik in die Hände fiel.

Es gibt in Griechenland auch heute noch Katholiken. Das betrifft nicht nur eingewanderte Bewohner des Landes wie die deutsche, dem von allen Buchreligionen anerkannten Erzengel Michael geweihte, Gemeinde in Athen. Das Apostolische Exarchat, wie die römisch katholische Landesgemeinde heißt, ist eine real existierende Kirche in Hellas.

Hat Grund zur Freude - Alexis Tsipras

Alexis Tsipras ging es jedoch nicht um Glaubensfragen oder die Wählerstimmen der wenigen Tausend Katholiken im Land. Der linke Politiker wollte vielmehr nach den Vertretern Ostroms auch im Vatikan für seine Sache werben. Papst Franziskus empfing ihn in einer privat gehaltenen Audienz. Dies erlaubt dem smarten Alexis nun, ohne Widerspruch seine Sicht zum Treffen zu erklären.

Es ging, so verkündete er als führender europäischer Linkspolitiker, um den Dialog der Linken mit den Konfessionen und den koordinierten Kampf gegen die Armut. Dafür holte sich der ungläubige Alexis Tsipras den Segen des Papstes. Dass der Kirchenfürst aus dem ebenfalls mit Schulden geplagten Argentinien, dem Geburtsland von Tsipras Idol Ernesto Che Guevara, stammt, ist ein weiterer Faktor. Tsipras jüngster Sprössling wird ganz ungriechisch mit seinem zweiten Namen Ernesto gerufen.

Samaras, der Gläubige sieht dagegen sein Heil in Alexis Namenspatron, Alexander. Ehrfürchtig besucht der Premier die Ausgrabungsstellen in Amphipolis. Sollte im Grab dort ein Hinweis auf den legendären Feldherrn der Antike gefunden werden, dann könnte dies, so wirr es für westliche Ohren klingen mag, Samaras Kopf retten. Tsipras dagegen bekommt für seinen Gang nach Rom Beifall aus der Ecke der PASOK und von bürgerlichen Rechten.

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