Griechenland: Mit Merkels Hilfe …

Seite 4: Die Wege der Richter sind unergründlich

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Auf realer Ebene müssten sich beide jedoch zunächst einmal mit pragmatischeren Problemen auseinander setzen. Die weltlichen Richter zerpflücken aktuell "Gottes Werk und des Teufels Beitrag" wie Griechenlands Reformbemühungen in Anlehnung an den Romantitel Irvings genannt werden könnten.

Kein Schrottplatz - verlassener Fuhrpark der Olympic am alten Flughafen Athens

Um das Land wieder auf die Beine zu bringen, brächten sowohl Samaras als auch Tsipras nämlich Geld statt guter Worte. Bar einer eigenen Währung gibt es dafür nur wenige Möglichkeiten. Entweder wirft man die Druckerpresse der EZB an oder man intensiviert den Verkauf von staatlichen Tafelsilber. Dass dafür das aus durchaus nachvollziehbaren Gründen notwendige Vertrauen der Investoren nötig ist, weiß nicht nur Finanzminister Chardouvelis.

Ohne Nachfrage sinken im real existierenden Kapitalismus die Preise. So konnte der Multimilliardär Latsis außer den Milliarden aus dem europäischen Rettungsfonds und zahlreichen Banken, auch bei den griechischen Privatisierungen gut absahnen. Unter anderem bekam er den Zuschlag für den ehemaligen Großflughafen Athens. Kunststück, der weitgehend steuerfrei lebende griechische Reeder war einziger verbliebener Bieter. Die griechische Treuhandanstalt bettelte noch kurz um eine Erhöhung des äußerst niedrigen Angebots und erteilte sodann den Zuschlag.

Alter Airport Athen

Was bei allen Feiern zum erfolgreichen Geschäftsabschluss irgendwie unterging waren die tatsächlichen Investitionen des Milliardärs. Zwar hat die Reederfamilie Latsis einen Plan, ein mehrere Milliarden schweres Investitionsprogramm zu starten und damit Arbeitsplätze zu schaffen. Was aber offenbar nicht beabsichtigt ist, ist der Griff in die eigene Tasche. Der äußerst niedrige Kaufpreis von 80 Euro pro Quadratmeter brachte zunächst Tsipras Linke auf die Barrikaden. Beim Studium des Kaufvertrags kommt heraus, dass Latsis Firma das gesamte Gelände für einen Preis von innerhalb von zehn Jahren zu zahlenden 450 bis 915 Millionen Euros erhalten soll. Das mit 6,25 km² ungefähr drei Mal dem 2,02 km² großen Fürstentum Monaco entsprechende Areal ist allen Bekunden nach Griechenlands Top-Filetgrundstück. Zudem gibt’s einen Yachthafen als Geschenk dazu.

Über mehr als fünf Monate durchforsteten griechische Richter das mehrere tausend Seiten starke Vertragswerk zum Verkauf. Die Prüfkammer entschied, dass der Verkauf zu stoppen sei. Tsipras SYRIZA hat allen Grund, das Verdikt als Triumph zu feiern.

Wenn es nicht mehr passt, mach es rückgängig!

Für die Regierung bedeutet es dagegen einen weiteren Schritt zum Ende, zu Neuwahlen. Hier sieht Evangelos Venizelos seine Chance. Er hatte einst dafür gesorgt, dass die stärkste Partei bei Parlamentswahlen einen Stimmbonus von fünfzig Sitzen in der 300 Plätze bietenden Abgeordnetenkammer erhält.

Evangelos Venizelos

Ziel dieser Aktion war es, die Macht an PASOK und Nea Dimokratia zu binden. Beide Parteien buhlten um den ersten Platz und erhielten gemeinsam regelmäßig knapp 85 Prozent der Wahlstimmen. Aktuell sehen Umfragen beide Altparteien zusammen weit unter dreißig Prozent. SYRIZA dagegen könnte allein auf diese Zahl kommen. Genau da setzt Venizelos Theorie an. Mit knapp 35 Prozent, einer einigermaßen realistischen Obergrenze des derzeitigen Zuspruchs zu Tsipras Truppe, können die 151 für eine absolute Mehrheit im Parlament notwendigen Sitze gerade noch erhalten werden. Wirklich legitimiert wäre SYRIZA damit nicht. Zu lange hat man selbst gegen den skandalösen Bonus gewettert.

Herrenloser Jumbo

Warum also sollte Venizelos Reformvorschlag, die Bonusregelung abzuschaffen, abgelehnt werden? SYRIZA wich der Falle geschickt aus. Man werde der Regierung zur Mehrheit für die Änderung des Wahlrechts verhelfen, hieß es. Einzige Bedingung dafür sei der sofortige Rücktritt von Samaras Kabinett samt rascher Neuwahlen.

Venizelos wirbt derweil um nationale Einheit. Die Botschaft ist klar. Die PASOK ist nominell sozialdemokratisch und somit ein passender Koalitionspartner für Tsipras, meint Venizelos zwischen den Zeilen.

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