Insolvenzzahlen steigen im Juli auf höchsten Stand seit zehn Jahren

Untergehende Fabriken - symbolische Darstellung von Firmenpleiten

Die Pleitewelle in Deutschland rollt weiter. Im Juli gab es so viele Firmeninsolvenzen wie seit zehn Jahren nicht. Besonders die Industrie ist betroffen.

Die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland klettert weiter in die Höhe. Wie das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) in einer heute veröffentlichten Analyse festgestellt hat, ist die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften im Juli überraschend deutlich auf 1.406 gestiegen. Damit liegt der Wert so hoch wie seit etwa zehn Jahren nicht mehr und übersteigt auch den jüngsten Spitzenwert aus dem April 2024.

Gegenüber dem Vormonat stieg die Zahl der Insolvenzen im Juli um 20 Prozent und liegt 37 Prozent über dem Wert vom Juli 2023. Der aktuelle Wert übersteigt den Juli-Durchschnitt der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019 um 46 Prozent. Laut IWH fiel der Anstieg im Juli etwas deutlicher aus als Anfang des Monats prognostiziert. Die hohe Zahl von Arbeitstagen im Juli erkläre diesen Anstieg nur teilweise.

Der deutliche Anstieg der Insolvenzzahlen betrifft dem IWH zufolge alle Branchen, fällt jedoch besonders stark im Verarbeitenden Gewerbe aus. Nach 100 insolventen Industrieunternehmen im Juni, was dem Durchschnitt der letzten zwölf Monate entsprach, lag die Zahl im Juli bei 145. Das ist ein neuer Höchstwert seit Erfassung von Brancheninformationen im IWH-Insolvenztrend im Januar 2020. Überdurchschnittlich betroffen waren die Bundesländer Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen.

Knapp 10.000 Jobs in größeren Unternehmen betroffen

In den größten zehn Prozent der Unternehmen, die im Juli Insolvenz anmeldeten, waren laut IWH-Analyse knapp 10.000 Arbeitsplätze betroffen. Diese Zahl liefert eine gute Annäherung an die Gesamtzahl der von Insolvenz betroffenen Arbeitsplätze und liegt nahe an den Werten des Juni, des Vorjahresmonats und eines durchschnittlichen Julis der Vor-Corona-Jahre 2016 bis 2019.

Auch in diesem Jahr steigt die Zahl der Firmenpleiten voraussichtlich an. Ein Beispiel dafür liefert Baden-Württemberg. Dort stieg die Zahl der Unternehmensinsolvenzen von Januar bis Mai im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um fast 40 Prozent auf 1.058, wie das Statistische Landesamt mitteilte.

Besonders betroffen waren das Baugewerbe mit 196 und der Handel mit 164 Insolvenzanträgen. Im Handel war die Zahl der Verfahren fast doppelt so hoch wie im Vorjahreszeitraum. Insgesamt waren in Baden-Württemberg von Januar bis Mai über 10.000 Beschäftigte von der Insolvenz ihres Arbeitgebers betroffen.

Ein weniger klares Bild zeichnet das IWH. Es erhebt Frühindikatoren, die eine Prognose zwei bis drei Monate im Voraus erlauben. Sie sind bis April gesunken, im Mai wieder gestiegen und im Juni wieder gefallen.

Entsprechend uneinheitlich ist auch die Prognose für die Insolvenzzahlen der nächsten Monate. "Wir rechnen damit, dass die Insolvenzzahlen im August leicht sinken und dann im September wieder ansteigen", erwartet IWH-Insolvenzexperte Steffen Müller. Damit dürfte die Zahl der Insolvenzen immer noch über dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegen.