Klimawandel und Landwirtschaft: Fruchtbares Ackerland in Deutschland wird knapp

Deutsche Landschaft mit landwirtschaftlicher Nutzung und Solaranlagen

Fruchtbares Ackerland wird in Deutschland aufgrund von Nutzungskonkurrenzen knapp.

Flächenbedarf wächst: für Wohn- und Gewerbegebiete, auch für Naturschutz, Energiegewinnung und Landwirtschaft. Der (neue) Kampf um den Boden. (Teil 2)

Noch etwa die Hälfte Deutschlands wird für Landwirtschaft genutzt. Laut dem Thünen-Institut ist die landwirtschaftliche Fläche von 1992 bis 2021 um 7,4 Prozent geschrumpft. Der Verlust beträgt pro Tag etwas mehr als 50 Hektar. Äcker und Weiden werden zu Straßen, Wohn- und Gewerbegebieten. Auch die Waldfläche hat in diesem Zeitraum zugenommen.

Außerdem verschärft der Ausbau der Solarenergie die Flächenkonkurrenz. Investoren im Bereich Photovoltaik zahlen bis zu 3.000 Euro pro Hektar – für einen normalen Landwirt ein Fantasiepreis. Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung sieht vor, die Inanspruchnahme für Siedlung und Verkehr bis zum Jahr 2030 auf weniger als 30 Hektar pro Tag zu drücken. Dieses Ziel ist, höflich ausgedrückt, ambitioniert.

Die Höhe des täglichen Flächenverlusts bleibt seit 2018 ungefähr gleich. Nun müsste er innerhalb der nächsten sieben Jahre fast halbiert werden.

Auch wenn dies gelänge, wird der Preisdruck kaum nachlassen. Fruchtbarer Boden wird knapper und daher teurer. Das liegt am Klimawandel – konkret: steigende Temperaturen, häufigere Wetterextremen, zunehmende Störungen im Süßwasserkreislauf –, es liegt an der landwirtschaftlichen Übernutzung und schließlich auch am Flächenbedarf für erneuerbare Energien, um Verkehr, Industrie und Heizung zu elektrifizieren.

Ökologische Transformation: Es wird eng

Gehen wir der Reihe nach. Eine ökologisch nachhaltige Landwirtschaft – eine, die den Klimawandel nicht schlimmer macht – benötigt Platz. Statt ein Höchstmaß an Mais oder Weizen aus einem Hektar Land "herauszuholen" (um den gängigen extraktivistischen Ausdruck zu benutzen), muss sie in Zukunft unterschiedliche Pflanzen statt in Monokulturen anbauen.

Mittels der sogenannten Hochleistungssorten und großer Mengen von mineralischem Dünger und Pestiziden wurden die Ackerflächen zwar intensiv genutzt, aber die Böden ausgelaugt und fossile Energie verbraucht. Diese Intensivierung muss in gewissem Umfang rückgängig gemacht werden. Auf längere Sicht kann ein agrarökologischer Anbau genauso hohe Erträge erzielen wie die industrialisierte Landwirtschaft, aber er benötigt eben mehr Fläche.

Der Flächenbedarf für die Nahrungsproduktion steigt zudem, weil die klimatischen Bedingungen sich mit hoher Geschwindigkeit verschlechtern. Die Erntemenge werden zurückgehen und Missernten zunehmen. Deswegen ist im Sinne der Ernährungssicherheit eine Diversifizierung der Kulturen unbedingt geboten.

Das Problem ist, dass die (alternativlose) Agrarwende der (alternativlosen) Energiewende in die Quere kommt. Im Gegensatz zu den fossilen Energieträgern muss Sonnenenergie bekanntlich mit Photovoltaik und Solarthermie auf der Erdoberfläche extensiv geerntet werden. Diesen Flächenbedarf zu beziffern, ist schwierig.

Die aktuelle Studie des Thünen-Instituts "Flächennutzung und Flächennutzungsansprüche in Deutschland" nennt die Zahl von 40 Hektar pro Tag für Photovoltaik (bei diversen unsicheren Grundannahmen über Ausbaupfade und Bedarfsentwicklung). Jedenfalls steht fest, dass die Erneuerbaren deutlich mehr Flächen einnehmen müssen.

Hinzu kommen aber noch weitere Ansprüche. Um den Klimawandel zu verlangsamen, benötigen wird natürliche Kohlenstoffsenken. Zu diesem Zweck müssen Gebiete aufgeforstet, neue Gehölze gepflanzt und Moore wieder vernässt werden. Um das Artensterben zu verlangsamen – eine ebenso bedrohliche Entwicklung wie die Klimakrise – müssen wir Lebensräume für bedrohte Tier- und Pflanzenarten schaffen, Biotope müssen miteinander vernetzt werden. Das bedeutet mehr und größere Naturschutzgebiete.

Schließlich muss die Industrie ihre petrochemische Grundstoffe durch Biomasse ersetzen, die ebenfalls angebaut werden muss. Auch die Bioökonomie auf Grundlage nachwachsender Rohstoffen stellt wachsende Ansprüche. Kurz, Ernährung, Energie, Naturschutz und Bioökonomie benötigen allesamt mehr Platz. Das wird eng.

Fehlanreize für pseudo-nachhaltige Energie

Die planlose ("technologieoffene") Energiepolitik verknappt Land zusätzlich. Auf 16 Prozent der deutschen Landwirtschaftsfläche werden gegenwärtig nachwachsende Rohstoffe angebaut. Sie dienen nicht der Nahrung, sondern als Ersatz für fossile Roh- und Brennstoffe. Dem Klimaschutz bringt Biodiesel nichts, seine Treibhausgasbilanz ist nicht besser als herkömmlicher Sprit, der Umweltverbrauch dagegen erheblich.

Auch die Form der Agrarförderung der Europäischen Union wirkt als massiver Fehlanreiz. Der größere Teil dieser Subventionen fließt pro Quadratmeter und belohnt damit Großgrundbesitzer, unabhängig davon, was sie mit ihrem Boden anfangen.

Deutsche Landwirte konnten sich zudem Biogasanlagen und den Anbau von Biomasse durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz finanziell fördern lassen, das heißt: zusätzlich zu den bestehenden Agrarsubventionen. Deswegen kultivierten sie immer mehr Silomais (Biogas) und Raps (Biodiesel). Mittlerweile drosselt die Bundesregierung den Geldstrom etwas, gegen erheblichen Widerstand der Branche.

Synergieeffekte sind schön, aber machen viel Arbeit

Der Flächenkonkurrenz lässt sich natürlich entgegenwirken, indem das Land für mehrere Zwecke gleichzeitig genutzt wird. Solarzellen auf den Dächern in der Stadt sind ein einfaches Beispiel für solche Synergien. In Zukunft muss Mehrfachnutzung zur Regel werden, wo immer sie möglich ist.

Solaranlagen können beispielsweise über Mooren, Weiden oder Äcker errichtet werden. In der Landwirtschaft erhöht die Verschattung durch "Agri-PV" bei einigen Kulturen sogar die Erträge. Nahrung kann in den Städten erzeugt werden (urban gardening), vorzugsweise auf entsiegelten Flächen, die zusätzlich manche urbanen Folgen des Klimawandels abmildern.

Agrarforst-Systeme haben perspektivisch das Potenzial, den Gegensatz von Naturschutz und Landwirtschaft zu überwinden. Sie speichern Kohlenstoff, bieten Lebensräume für Tiere und Pflanzen und liefern Nahrung.

Die erwähnte Studie des Thünen-Instituts betont, dass der Anbau ausschließlich von einjährigen Pflanzen überwunden werden muss:

Die strategische Einrichtung mehrjähriger Produktionssysteme mit nachwachsenden Rohstoffen, zum Beispiel Biomasseanbau mit perennierenden Kulturen in Agrarlandschaften kann helfen, die Biodiversitäts- und Umweltauswirkungen der Pflanzenproduktion abzumildern, Biomasse für die Erreichung von Energie- und Klimazielen zu liefern sowie zur Erreichung von Zielen bezüglich der Pestizidminimierung, der Reduzierung des Düngemitteleinsatzes, der Sequestrierung von Kohlenstoff und der Bodengesundheit beizutragen.

Solche Ideen und Planspiele gehen natürlich von einem unveränderten Nahrungskonsum aus und blenden insofern die einfachste Möglichkeit aus, unsere Flächennutzung zu optimieren – durch einen geringen Verbrauch von Fleisch- und Milchprodukten. Gegenwärtig werden knapp zwei Drittel der Landwirtschaftsfläche für die Futterproduktion eingesetzt.

Lässt sich der Zugang zu Boden steuern?

Nahrungserzeugung, Naturschutz und Energiegewinnung werden in Zukunft mehr Platz beanspruchen. Fruchtbarer Ackerboden geht gleichzeitig weltweit verloren. Boden wird wieder zu einem knappen Gut.

Gerade das macht ihn zu einer Finanzanlage mit hervorragenden Aussichten. Je schärfer die ökologische Krise auf die Ernteerträge drückt, umso attraktiver die Investition, umso höher die Preise. Gegessen werden muss immer, denken sich die Investoren wohl. Auf der Suche nach profitablen und sicheren Anlagemöglichkeiten strömt Kapital in den Grundstücksmarkt und lässt die Preise für landwirtschaftliche Flächen steigen.

Aber macht es überhaupt einen Unterschied, ob der Boden Aktiengesellschaften oder Kleinbauern gehört? Damit beschäftigte sich der nächste Teil dieser Serie, außerdem mit der Frage, wie die Flächennutzung sinnvoll gelenkt werden kann.

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