Ohne Bodenreform keine Agrarwende: Warum man sich von Illusionen lösen muss
- Ohne Bodenreform keine Agrarwende: Warum man sich von Illusionen lösen muss
- Gezerre in einem kommerzialisierten Agrarsystem
- Eine einvernehmliche Agrarwende ist Traumtänzerei
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Bauern kämpfen für "Gemeinwohlverpachtung" und Agrarstrukturgesetze. Widerstände der Grundeigentümer sind stark. Der (neue) Kampf um den Boden. (Teil 3 und Schluss)
Im vorangegangenen Teil dieser Seite (Teil 2) wurde dargestellt, dass für eine nachhaltige Nahrungsproduktion mehr Fläche benötigt wird. Gleichzeitig wird landwirtschaftlich nutzbarer Boden für viele unbezahlbar (Teil 1).
Die Fehlentwicklungen am deutschen Bodenmarkt sind keineswegs neu. Schon kurz nach der Finanzkrise 2008 kursiert das (etwas schiefe) Schlagwort vom "land grabbing in Ostdeutschland". Statt wie im Globalen Süden enteignet, werden Landwirte aus dem Bodenmarkt gedrängt oder stöhnen unter immer höheren Pachtpreisen.
Aber obwohl diese Entwicklung allgemein beklagt wird, von Bauernverbänden über die Agrarminister bis hin zu den Umweltorganisationen, kommen Gegenmaßnahmen nicht in Gang.
Seit der Föderalismusreform 2006 sind die Länder zuständig für den landwirtschaftlichen Grundstücksverkehr. 2015 erarbeitete eine Arbeitsgruppe Bund und Ländern Grundlagen für eine bessere Bodenpolitik.
Neue Agrarstrukturgesetze wurden in vielen Bundesländern angekündigt, sie stehen sogar in den Koalitionsverträgen sämtlicher ostdeutscher Landesregierungen. Seit Jahren liegen Entwürfe in den Schubladen der Agrarministerien ("Agrarstruktursicherungsgesetze", "Agarsicherungsgesetze").
Diese Gesetze sollen den Vorrang für Landwirte im Grundstücksverkehr sicherstellen. Sie enthalten Anzeigepflichten, Obergrenzen für die Preiserhöhung bei Kauf und Pacht (vergleichbar mit den städtischen Mietpreisbremsen oder Mietspiegeln), teilweise auch Einschränkungen von Anteilkäufen.
Diese Entwürfe wandern aber regelmäßig wieder zurück in die Schublade, weil der Widerstand zu stark ist. Er kommt von der Finanzbranche, die um ihr lukratives Geschäftsfeld kämpft, und von den Bauern, die wie bisher an den Meistbietenden verkaufen wollen. Diese Position vertritt insbesondere der Bauernverband, in Westdeutschland eng verwoben mit CSU und CDU, in Ostdeutschland auch mit der Linken.
In Niedersachsen wird das Gesetz seit mittlerweile fünf Jahren immer wieder überarbeitet. In Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg treiben die Landesregierungen den Prozess einfach nicht voran. Lediglich in Sachsen besteht überhaupt noch eine Chance, dass das Gesetz vor den nächsten Wahlen verabschiedet wird.
Die Landesregierungen zögern, zaudern und verwässern. Die Gesetzesentwürfe sind mittlerweile von fast allen Erfolg versprechenden Maßnahmen gereinigt worden. Mit der Ausnahme von Brandenburg werden Anteilskäufe, die den Preisanstieg antreiben, überhaupt nicht mehr reguliert.
In Thüringen sieht der Entwurf lediglich vor, dass die Behörden über Anteilskäufe informiert werden müssen. Eine moderate Kauf- und Pachtpreisbremse soll eingeführt werden. Dennoch läuft der dortige Bauernverband Sturm. Das ganze Vorhaben Gesetz sei nicht verfassungsgemäß, und überhaupt: "Was in Thüringen verfassungswidrig ist, ist es in ganz Deutschland!"
Dabei beruft sich der Bauernverband auf ein Gefälligkeitsgutachten, das an dem Gesetzesentwurf kein gutes Haar lässt: ungeeignet, zu unbestimmte Rechtsbegriffe, nicht verfassungsgemäß, überhaupt seien die Bundesländer nicht zuständig.