"Koalition mit der Bevölkerung"

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer verspricht nach seinem Wahlsieg, dass er Populist bleibt

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Der große Sieger bei der Landtagswahl in Bayern heißt Horst Seehofer. Seine CSU gewann bei einer überraschend hohen Beteiligung von etwa 2/3 der Wahlberechtigten 4,2 Prozent hinzu und hat mit 47,7 Prozent der Stimmen und 101 (von insgesamt 180) Sitzen im Landtag wieder eine absolute Mehrheit. Zweitstärkste Partei wurde die SPD, die um zwei Punkte auf 20,6 Prozent zulegen konnte. Alle anderen großen Parteien mussten teils herbe Verluste verbuchen:

Die FDP landete nach einem Minus von 4,7 Punkten mit 3,3 Prozent deutlich unter der Sperrklausel. Ein Schicksal, das den Grünen und den Freien Wählern vorerst erspart bleibt: Sie erreichten nach Einbußen von 0,8 (beziehungsweise 1,2) Punkten 8,6 (beziehungsweise neun) Prozent. Die Linkspartei verlor über die Hälfte ihrer Wähler und liegt nun mit 2,12 Prozent in etwa auf dem Niveau der Bayernpartei (2,09 Prozent), der ÖDP (2,02 Prozent) und der Piraten (1,98 Prozent).

Umfragen zur Beliebtheit Seehofers deuten darauf hin, dass seine Partei ihre Zugewinne vor allem ihm verdankt. Die Bayern wählten ihn nicht zuletzt deshalb, weil Populismus für Seehofer kein Schimpfwort ist, sondern ein Kompliment. Und sie trauen ihm seit der Kopfpauschalendebatte 2004 zu, dass er bei zu unpopulären Plänen aus den Schubladen von Lobbyisten die Notbremse zieht. Das zeigte sich auch während seiner ersten Amtszeit als bayerischer Ministerpräsident. Die verlief keineswegs konfliktfrei, aber der Ingolstädter reagierte letztendlich stets so, wie es die Mehrheit der Wähler von ihm erwartete:

Er schwenkte nach Fukushima schnell auf den Atomausstieg ein, gab seiner Justizministerin im Fall Mollath einen Richtungswechsel vor und säuberte nach dem Bekanntwerden der Nepotismusverträge von Abgeordneten schneller und gründlicher als Andere. Seehofer kündigte gleich nach Bekanntwerden der ersten Ergebnisse im Bayerischen Rundfunk an, dass er diesen Kurs auch mit der absoluten CSU-Mehrheit fortsetzen will und sprach in diesem Zusammenhang von einer "Koalition mit der Bevölkerung".

Die SPD verbuchte mit dem populären Münchner Oberbürgermeister Christian Ude einen Achtungserfolg, der teilweise zu Lasten der Grünen gegangen sein dürfte. Deren (vor allem im Verhältnis zu den Umfragewerten von vor zwei Jahren) schlechtes Ergebnis liegt aber auch an einem Imageproblem: Die Grünen werden zunehmend als Partei des erhobenen Zeigefingers wahrgenommen, die Bürgern Maßnahmen wie einen fleischfreien Veggie Day, Gender-Sprech oder Steuererhöhungen aufdrängen will und bei Kritik daran mit dem Abmahnanwalt kommt. Speziell in Bayern dürfte der Ökopartei auch die Gegnerschaft zu einer Änderung der Bayerischen Verfassung Sympathien gekostet hat, die Volksbegehren gegen die Abgabe von Landeskompetenzen an die EU erlaubt.

Dass die FDP so schlecht abschnitt, lag zu einem guten Teil an ihrem Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch, der lange verbissen an den unpopulären Studiengebühren festhielt und gleichzeitig teure Prestigebauten mit enormen Summen bezuschusste. Die fünf Prozent Verlust für die Liberalen sind auch ein Indiz dafür, dass Heubischs teurer Plan einer Münchner Version der Hamburger Elbphilparmonie bei den Wählern eher nicht so gut ankommt. Nächste Woche, wenn nicht mehr Heubisch, sondern Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Wahl steht, könnte das Ergebnis für die Liberalen auch in Bayern deutlich besser ausfallen.

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