Kritik an der Effektivität der Internetregulation in Australien

Seit letztem Jahr gibt es in Australien eine Internetregulierungsbehörde - für Kritiker nur eine Geldverschwendung

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Seit Anfang 2000 ist in Australien die Australian Broadcasting Authority (ABA) dafür zuständig, Inhalte im Netz auf Beschwerden hin zu überprüfen. Die Behörde kann anordnen, dass bestimmte Inhalte, die auf Servern im Land liegen, entfernt werden müssen. Überdies werden von ihr die Inhalte nach den auch für Filme gültigen Kategorien eingestuft. Nach der Analyse des Berichts der ABA über ihre Tätigkeit im letzten Halbjahr 2000 wirft die Electronic Frontiers Australia (EFA) vor, Zahlen geschönt zu haben, um die Wirkungslosigkeit zu verschleiern und die Ausgaben zu legitimieren.

Die Behörde kann bei Inhalten, die entweder nur von Erwachsenen gesehen werden dürfen, sexuell Explizites enthalten oder Verbotenes wie Kinderpornographie zeigen, anordnen, die Inhalte vom Netz zu nehmen. Nur für Erwachsene freigegebene Inhalte müssen von einem zugelassenen Verfahren zur Zugangsbeschränkung geschützt sein. Die EFA ist im Vorfeld des von Richard Alston, dem Minister für Kommunikation, Informationstechnologie und Kunst, eingebrachten Gesetzes zur Internetregulation dagegen Sturm gelaufen, hat vor Zensur gewarnt und Australien mit Ländern wie China oder Saudi-Arabien verglichen. Das hat sich weitgehend als übertrieben erwiesen, zumal die ABA nur gegen Inhalte vorgehen kann, die auf australischen Servern angeboten werden, während sie bei Inhalten auf ausländischen Servern nur den Filterunternehmen Hinweise geben kann. Interessant ist jedoch, wie inhaltliche Internetregulation in einem demokratischen Land abläuft, zumal bei verbotenen Inhalten natürlich die Polizei zuständig ist.

Anlässlich der Veröffentlichung des ABA-Berichts Ende April hatte Minister Alston die Wirksamkeit der Regulierungsbehörde gepriesen: "Australische Familien werden die fortgesetzte Entfernung von verbotenen und hoch anstößigen Inhalten im Internet, insbesondere von Sites mit Kinderpornographie, durch das Online Content Regulatory Scheme begrüßen." Legitimiert wird die Internetregulation durch die Behörde, dass dadurch vor allem Kinder geschützt würde, weswegen Familien diese dann eher, weil beruhigt, online gehen lassen. Hämisch weist die EFA schon einmal darauf hin, dass bis Dezember 2000 die Haushalte mit Internetzugang um 7.000 abgenommen hätten, was entweder nahe legen würde, dass die Verbindung zwischen Regulation und vermehrten Zugang falsch ist oder dass beides nichts miteinander zu tun hat.

Nach einer Auswertung des Berichts hat die Behörde im zweiten Halbjahr 2000 290 Beschwerden erhalten, von denen sich nur 139 auf verbotene Inhalte bezogen. Von diesen wiederum waren nur 6 auf Servern im Inland. Da aber die ABA aus diesen 6 Beschwerden 67 Hinweise auf verbotene Inhalte machte, während in Bezug auf die 133 im Ausland befindlichen Websites nur 136 Hinweise angegeben wurden, wirft Greg Taylor von der EFA der Behörde vor, sie blähe die Statistiken auf, um ihre Existenz und die dafür aufgewendeten Steuergelder zu rechtfertigen. Möglicherweise beziehen sich, so vermutet Taylor, die 136 Hinweise nur auf Webseiten auf eine oder zwei Websites. Möglicherweise beziehen sich alle Beanstandungen auf Postings in Newsgroups, die ABA als lokale Angebote behandeln würde.

Taylor wirft der Behörde vor, keine Erklärung für die Diskrepanz zwischen den wenigen Beschwerden und den vielen verbotenen Inhalten zu geben. Überdies teilt die Behörde auch nicht mit, welche Art von Websites auf ihre Veranlassung vom Netz genommen werden musste. Die EFA versucht bereits seit einem Jahr, über das Informationsfreiheitsgesetz darüber Informationen zu erhalten (Zensur von Internetinhalten in Australien). Auch über die wirklichen Kosten, die durch die Internetregulation entstehen, ist wenig Genaues bekannt. Im Haushaltsjahr 1999/2000 wurden von der ABA knapp eine Million dafür ausgegeben. Zusammen mit NetAlert, einem Beratungskomitee der Regierung für Internetinhalte und -nutzung, schätzt Taylor die Gesamtausgaben für das erste Jahr der Internetregulation auf 2,5 Millionen Dollar - mit keinem wirklich erkennbaren Ergebnis für ihn, da wahrscheinlich nur ein paar Postings in Newsgroups und ein oder zwei Pornosites in die Mängel gerieten.

Taylor bezweifelt, ob es wirklich jemand geben sollte, der in Australien Kinderpornographie ins Internet stellt, da dies einfach zu gefährlich sei. Überdies könnten sich Internetnutzer, die der ABA Kinderpornographie melden, selbst in Schwierigkeiten bringen, da selbst das Herunterladen schon strafbar ist. Für diejenigen, die Kinderpornographie nur melden wollen, ist bislang noch keine Strafffreiheit zugesichert worden.

95 Prozent der von der ABA geleisteten Arbeit würden sich auf Inhalte im Ausland richten, die dann den Filterunternehmen gemeldet werden. Da die ABA selbst hier nichts unternehmen kann, ist das für Taylor eine staatliche Subvention von vorwiegend amerikanischen Firmen, die überdies auf diese Informationen gar nicht angewiesen seien. Und wenn die ABA Kinderpornographie zu ihrem Ziel macht, so sei dafür bereits die Polizei zuständig.

Die EFA kommt zum Schluss, dass das Gesetz wirkungslos und die Internetregulation eine Verschwendung öffentlicher Gelder sei. Die ABA entgegnet, EFAs Analyse seien nicht richtig, und man habe die Öffentlichkeit nicht täuschen wollen. Die beanstandete Diskrepanz zwischen Meldungen und beanstandeten Inhalten gebe einfach nur die "Realität einer Untersuchung" wieder. Informationen über die zensierten Sites gebe man nicht weiter, weil "durch die Veröffentlichung der URLs das Ziel der Regulation untergraben" werde.