Künstliche Intelligenz entlarvt Kinderpornografie besser
Forscher melden Durchbruch: Mit künstlichen Kindergesichtern trainieren sie KI gegen Kriminelle. Das hat einen entscheidenden Vorteil.
Wissenschaftler der Hochschule Darmstadt haben in Zusammenarbeit mit dem Hessischen Landeskriminalamt einen entscheidenden Fortschritt im Kampf gegen Kinderpornografie erzielt.
Im Rahmen des Forschungsprojekts "Bio4ensics", das durch die "Forschungsförderung Cybersicherheit" des hessischen Innenministeriums unterstützt wird, haben sie neue biometrische Methoden entwickelt, um Kindergesichter in pornografischem Material zuverlässiger zu erkennen.
Herausforderung: Biometrische Gesichtserkennung bei Kindern
Das Hauptproblem bei der Erkennung von Kindergesichtern in kinderpornografischem Material war bisher die hohe Fehlerrate der eingesetzten Algorithmen. Diese sogenannten tiefen neuronalen Netzwerke benötigen eine große Menge an Trainingsdaten, um Gesichter zuverlässig wiederzuerkennen.
Für Kindergesichter fehlten jedoch entsprechende Datenbanken, weshalb die Erkennungsleistung mit sinkendem Alter abnahm.
Künstlich erzeugte Kindergesichter als Trainingsdaten
Um die Algorithmen trotz fehlender realer Daten trainieren zu können, entschlossen sich die Forscher unter Leitung des Informatikers Christian Rathgeb, massenhaft künstliche Kindergesichter zu erzeugen.
Hierzu gingen sie von synthetisch erzeugten Erwachsenengesichtern aus, die sie schrittweise verjüngten und mit verschiedenen Gesichtsausdrücken versahen. Mit dieser künstlichen Datenbank trainierten sie dann die neuronalen Netze.
Verbesserte Erkennung realer Kindergesichter
Der innovative Ansatz zeigte Wirkung: Der mit den künstlichen Daten trainierte Algorithmus kann nun auch reale Kindergesichter in der Datenflut deutlich besser wiedererkennen als zuvor.
Projektleiter Rathgeb sieht darin einen wichtigen Durchbruch: "Synthetische Fotos können biometrische Gesichtserkennungssysteme verbessern und sind zugleich eine datenschutzfreundliche Variante in der Cyber-Forensik."
Weitere Anwendungsfelder: Hände, Tattoos und Altersprogressionen
Neben den Kindergesichtern erzeugten die Forscher auch künstliche Erwachsenenhände in verschiedenen Posen. So entwickelten sie einen der ersten Algorithmen, der die Qualität von Echtfotos bewerten kann – ein wichtiger Schritt, da in kinderpornografischem Material oft nur Hände der Täter zu sehen sind.
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Auch für die Wiedererkennung von Tattoos wurde die Datengrundlage verbessert. Zudem könnte die Technologie langfristig helfen, vermisste Kinder durch das künstliche Altern ihrer Gesichter aufzuspüren.
Klares Signal an Täter und neue Hoffnung für Ermittler
Die erzielten Fortschritte seien ein klares Signal an Täter, dass sie sich niemals sicher fühlen können, schreiben die Entwickler. Zugleich gebe die verbesserte Technologie den Ermittlern neue Hoffnung.
Gesetzliche Probleme
Allerdings ist auch gesetzlich noch einiges zu tun. Eine reflexartige Verschärfung der Straftatbestände hatte juristisch für erhebliche Probleme gesorgt: So wurde im vergangenen Jahr eine Lehrerin in Rheinland-Pfalz wegen des angeblichen Besitzes von Kinderpornografie angeklagt, nachdem sie ein intimes Video einer 13-jährigen Schülerin auf ihr Handy geladen hatte, um deren Eltern zu informieren.
Das Video hatte zuvor an der Schule die Runde gemacht. Die Staatsanwaltschaft sah sich gezwungen, Anklage zu erheben, da der Besitz kinderpornografischer Inhalte seit 2021 als Verbrechenstatbestand gilt.
Die Lehrerin wollte eigentlich nur helfen, sah sich auf einmal aber strafrechtlichen Konsequenzen ausgesetzt. Die Anklage wurde erst Mitte dieses Jahres nach einer Gesetzesnovelle fallengelassen.