Messerattacke in Siegen: Bleibt eine Frau als Täterin die Ausnahme?

Symbolbild: Frau mit Messer

Symbolbild: ki-generiert

Ungewöhnlich ist nicht die Herkunft der Tatverdächtigen, sondern das Geschlecht. Sie ist laut Polizei Deutsche ohne Migrationshintergrund. Das sagt die Statistik.

Eines wollte die Polizei Siegen-Wittgenstein am Morgen nach der Messerattacke mit sechs Verletzten in einem Linienbus am Freitagabend klarstellen: "Bei der 32- jährigen Tatverdächtigen handelt es sich um eine Frau mit deutscher Staatsangehörigkeit und ohne Migrationshintergrund. Bitte unterlassen Sie die Spekulationen und Anfeindungen in jegliche Richtung!"

Messerattacke mit rätselhaftem Motiv

Die Pressestelle der Polizei betonte zudem, es gebe "derzeit keine Hinweise auf ein politisches oder religiöses Tatmotiv" der festgenommenen Frau. Drei der verletzten Personen hätten nach ambulanter Behandlung das Krankenhaus bereits wieder verlassen können, hieß es am Samstagmorgen.

Der Bus war mit rund 40 Fahrgästen auf dem Weg zum Stadtfest in Siegen gewesen, die Verletzten laut Polizei im Alter zwischen 16 und 30 Jahren.

Statistik: Großteil der Tatverdächtigen ist männlich

Ungewöhnlich war an der Meldung nicht etwa die Herkunft der Täterin, sondern dass es sich um eine Frau handelte. Bei rund 70 Prozent aller Straftaten sind die Tatverdächtigen laut Polizeilicher Kriminalstatistik männlich, bei Gewaltdelikten wie schwerer und gefährlicher Körperverletzung sowie Mord und Totschlag sind es um die 80 Prozent. Dieser Unterschied ist signifikanter als der zwischen Tatverdächtigen deutscher und ausländischer Herkunft.

2023 registrierten die Behörden insgesamt rund 2,2 Millionen Tatverdächtige, davon 41,1 Prozent "nichtdeutsche" (923.269). Sie sind damit in der Kriminalstatistik überproportional vertreten, da der Anteil ausländischer Staatsbürger an der gesamten Wohnbevölkerung Deutschlands nur bei 15 Prozent liegt.

Ahmte die Täterin bekannte Messerattacken nach?

Gleichwohl ist für potenzielle Opfer die Wahrscheinlichkeit, einen herkunftsdeutschen "Messermann" zu treffen, bislang größer als die Wahrscheinlichkeit, einer "Messerfrau" zu begegnen. Im Siegener Fall wurde bereits spekuliert, ob die Tatverdächtige im Drogenrausch versucht habe, aufsehenerregende Messerattacken der letzten Wochen nachzuahmen. Wegen Drogendelikten war die Frau nach Informationen von Welt TV bereits aktenkundig gewesen.

Nimmt Gewalt von Frauen zu?

Zwar wird seit einigen Jahren beobachtet, dass auch die Gewaltbereitschaft von Frauen und Mädchen zunimmt, allerdings von einem vergleichsweise niedrigen Niveau aus.

"Nur etwa sechs bis zehn Prozent der Strafhäftlinge und forensischen Patienten sind Frauen bzw. Mädchen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Gewalttätigkeit eine männliche Domäne ist. Gewalt von Frauen nimmt zu,Gewalt von Frauen nimmt zu, lässt sich jedoch meist strafrechtlich kaum fassen", berichtete die Fachzeitschrift Forensische Psychiatrie und Psychotherapie 2016. "Und: Vielen Gerichten wird nachgesagt, Frauen milder zu beurteilen als Männer."

Weibliches Gewaltverhalten zeichne sich "vorwiegend dadurch aus, dass es vorwiegend reaktiv und indirekt ist und sich gemeinhin im Kontext sozialer Beziehungen abspielt". Demnach werden Messerattacken von Frauen auf Zufallsopfer im öffentlichen Raum wohl auf lange Sicht die Ausnahme bleiben.

Fokus Migrationshintergrund und Risikofaktor Kriegstrauma

Fast immer taucht im Zuge der Berichterstattung über Gewaltdelikte, die laut Polizei von Deutschen begangen wurden, die Frage nach dem Vornamen oder einem möglichen Migrationshintergrund auf. Letzterer spielt nach Einschätzung von Psychologen zumindest dann eine Rolle, wenn es sich um Männer handelt, die in Kriegs- oder Krisengebieten aufgewachsen sind und entsprechende Gewalterfahrungen gemacht haben, die psychische Störungen hervorrufen können.

Oft handelt es sich um Länder, in denen die Agitation von Islamisten das öffentliche Leben beherrscht. Der Mediendienst Integration nennt als weitere Faktoren, die Kriminalität begünstigen, ein erhöhtes Armutsrisiko und schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.