Militarisierung der europäischen Raumfahrt

Appell an Bundesministerin für Bildung und Forschung, dass die europäische Weltraumnutzung friedlich bleiben soll

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Das "Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space" befürchtet, dass die European Space Agency (ESA) in Zukunft auch militärische Aufgaben wahrnehmen soll. In einem Schreiben an die deutsche Bundesministerin für Bildung und Forschung, Edelgard Bulmahn, die zugleich in den nächsten zwei Jahren ESA-Vorsitzende sein wird, appellieren die Aktivisten des Global Network eindringlich, dass sich die Ministerin dafür einsetzen solle, dass die Zukunft der Raumfahrt in Europa ausschließlich der friedlichen Nutzung gehört.

In einer Pressemitteilung warnt das Global Network, dass Dokumente der ESA und der Europäischen Kommission keinen Zweifel lassen würden, dass parallel zum Aufbau einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik Europa, dem Beispiel der USA folgend, im Begriff ist, den Weltraum zunehmend für militärische Zwecke zu nutzen (Europa braucht eine neue Weltraumpolitik). Im Hintergrund stünde die Frustration einiger europäischer Staaten über das Verhalten der USA im Kosovo-Konflikt. Die USA hätten "vitale militärische Aufklärungsinformation" zurückgehalten, um die Kontrolle über die Operation zu bewahren. Ein gezielter Ausbau europäischer Weltraumkapazitäten solle Europa nun einerseits mehr Eigenständigkeit in der weltraumgestützten Informationsbeschaffung und Kommunikation verschaffen, und soll andererseits verhindern, dass EU-Staaten technologisch nachhinken und reine Auftragsempfänger werden (Europäischer Geheimdienst?). So heißt es in einem Papier der Kommission unter dem Titel "In Richtung eines kohärenten europäischen Ansatzes für die Raumfahrt" explizit:

"Die Vereinigten Staaten haben einen wichtigen Vorteil in ihren Raumfahrtanstrengungen: Ihre Nationale Raumfahrtpolitik beruht auf einer Voraussetzung: "die Erzielung und Aufrechterhaltung globaler Informationsdominanz als eine Garantie für die nationale Sicherheit".

An anderer Stelle heißt es:

"Schließlich werden die bei der weiteren Entwicklung einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik neu auftretenden Aufgaben zu einem spezifischeren Bedarf an raumfahrtgestützten Informationsinstrumenten führen. [...] Die Durchführung dieser Politik und die notwendigen Kontrolltätigkeiten werden die Erfordernis einer gewissen Unabhängigkeit, stärker als in anderen Gebieten mit sich bringen."

Aber nicht nur nachrichtentechnische Unabhängigkeit ist das Ziel, die EU befürchtet auch einen Wettbewerbsnachteil, wenn nicht mehr in Raumfahrtprogramme investiert wird. Die öffentlichen Ausgaben der USA für Raumfahrt werden als stimulierender Wirtschaftsfaktor angeführt. Zugleich sei jedoch kein Zweifel gegeben, dass es sich bei all den dabei weiterentwickelten Technologien um Dual-Use-Güter (für zivile und militärische Nutzung) handle. Satellitensysteme wie GALILEO (Die EU will ein eigenes Global Positioning System schaffen) und auch das GMES-Programm (Global Monitoring for Environment and Security) werden als Beispiele für solche Technologien angeführt, die miteinander verknüpft auch "für militärische Zwecke eingesetzt werden" könnten.

In ihrem Schreiben an die Forschungsministerin beziehen sich die Friedensaktivisten vor allem auf einen jüngst erschienen Bericht sogenannter "EU-Weisen", Carl Bildt, Jean Peyrelevade und Lothar Späth (Europa braucht eine neue Weltraumpolitik). Diese empfehlen, dass die ESA zu einer Agentur für sämtliche europäischen Weltraumaktivitäten ausgebaut werden soll. Die Europäische Kommission soll den Rahmen für die europäischen Weltraumaktivitäten definieren und im ESA-Rat vertreten sein, das Europäische Parlament hingegen nur das Recht haben, die "europäische Weltraumpolitik zu diskutieren."

Hintergrundinformationen in englischer und deutscher Sprache: Global Network Against Weapons and Nuclear Power in Space