Morddrohung wegen eines Berichts über Dieselschmuggel

Seite 4: Wie ticken Journalisten in Griechenland?

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Damit wären wir beim nächsten Themenkomplex. Dem Journalismus im Griechenland. Es kommt mir immer so vor, als hätten wir da ein Problem.

Leftheris Charalambopoulos: Wir haben ein großes Problem. Die größten Medien sind in der Hand der Leute, die ihre Medienmacht nutzen, um Geschäfte mit der Politik zu machen. Nehmen wir das Beispiel Giannis Pretenderis. Der Mann ist Hauptkommentator bei Mega TV und To Vima. Er ist einer der wichtigsten Meinungsmacher des Landes. Er hat offen zugegeben, dass er bei irgend so einer "Free Thinking Lobby" ist und dass er lange vor Ausbruch der Krise wusste, wie es wirklich um die Staatsfinanzen steht. Er habe aber, erzählt er uns heute, entgegen besseren Wissens die bereits bekannte Staatspleite verschleiert, um Panik zu vermeiden.

Wer steckt hinter dieser ominösen Lobby? Wieso hat er keine Strafe vom Journalistenverband bekommen? Wie kann es einfach durchgehen, dass jemand ungestraft bleibt, wenn er zugibt, von einer Lobby angestiftet worden zu sein und wissentlich die Unwahrheit präsentiert zu haben?

Reporteralltag im Athener Winter. Bild: W. Aswestopoulos

Nun gut. Das ist ein Aspekt. Ein anderer ist die Art wie auch wir Journalismus im Land betreiben.

Leftheris Charalambopoulos: Ich folge nur noch der Verfassung und den Berufsregeln unseres Standes. Du spricht bestimmt auch die Rechercheweise von Unfollow an. Im letzen Heft hatten wir die Steuererklärungen von Alafouzos, Kokkalis und Vgenopoulos.

Ich weiß, wir haben es schließlich auch präsentiert.

Leftheris Charalambopoulos: Fein. Es ist mir schon klar, dass die Veröffentlichung von Steuererklärungen einen Eingriff in den Datenschutz bedeutet. Aber hier war das öffentliche Interesse eindeutig höher zu bewerten, als das persönliche Recht der Industriellen. Wir haben eine Regierung, die seit November 2012 mit Gesetzeserlassen am Parlament vorbei regiert. Woran sonst als an die Verfassung und die Berufsregeln, die jeder Journalist kennen muss, soll ich mich halten?

Anderseits haben wir die Unternehmer, die aber auch vollkommen legal ihre Steuern runter rechneten. Die Gesetzte machen die Politiker, nicht die bloßgestellten Unternehmer.

Leftheris Charalambopoulos: Ja klar. Erst setzen sie die Wohnhäuser als Betriebseigentum ab, dann werden die Hausdiener zu Betriebsangestellten und schließlich zahlen sie nur schlappe zehn Prozent Steuern auf die dem Unternehmen für den Privatgebrauch entnommenen Gewinne. In anderen europäischen Staaten geht so etwas nicht durch.

Es fällt doch auf, dass die Gesetze so passend gemacht werden, dass zum Beispiel Kokkalis, der gemäß den Steuerschätzregeln ein persönliches Einkommen von drei Millionen Euro angeben muss und bis zur Steuerreform im Dezember 2012 dafür knapp 750.000 Euro Steuern abführen müsste. Mit der Kombination des Steuergesetzes und den seltsamen Regeln für Industrielle zahlt er nur knapp 300.000 Euro. Jeder Freiberufler hat eine höhere Steuerlast.

In Deutschland kann jeder Freiberufler, Selbstständige oder Industrielle seine Ausgaben vom Gewinn abziehen.

Leftheris Charalambopoulos: Aber bestimmt nicht so exzessiv. Die Unternehmen zahlen als Firma 26 Prozent Steuern auf die Gewinne, die sie angeben wollen und insgesamt kommen Griechenlands Millionenverdiener so auf Steuern von effektiv weniger als 33 Prozent.

Wie werden die Gewinne denn verschleiert?

Leftheris Charalambopoulos: Angenommen eine Firma verkauft in Griechenland Strohhalme für 10 Cent die Packung. Das Produkt wird für einen Cent in Asien gekauft, über eine Briefkastenfirma in einer Steueroase mit einem weiteren Preisaufschlag versehen und landet dann beim griechischen Unternehmer für etwas mehr als Acht Cent.

Das ist doch leider die Crux der globalisierten Welt.

Leftheris Charalambopoulos: Klar. Aber hier wird es auf die Spitze getrieben. Sieben komplette Steuerreformen hatten wir in drei Jahren. Keiner blickt mehr durch und kaum jemand klärt die Bürger über die Wahrheit auf.