"Multikulti" bis "Querdenken": Ist unsere Gesellschaft polarisiert?
Seite 2: Studie: Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit
- "Multikulti" bis "Querdenken": Ist unsere Gesellschaft polarisiert?
- Studie: Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit
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In eingeschränktem Maße wird die relativ hohe Zustimmung zur "Willkommenskultur" in einer speziellen Studie der Universität Bielefeld und der Mercator Stiftung: "Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit - ZuGleich" einigermaßen bestätigt.
Dem Statement "Ich freue mich, dass Deutschland noch vielfältiger und bunter wird" stimmen 46,7 Prozent der Befragten ohne Migrationshintergrund zu, wobei es zusätzlich weniger ausgeprägte, aber positive Zustimmungen gegenüber Migranten gibt. Die Zustimmung zur Zuwanderung ist nicht unbeschränkt, worauf ich noch eingehen werde.
Welche Gruppen sind es, deren Vorbehalte gegenüber "dem anderen" größer sind und damit die Bereitschaft zu Akzeptanz oder produktiver Auseinandersetzung geringer? Nach der Studie der Robert-Bosch-Stiftung sind es zum einen "Ältere" (u.a. Männer), die in Zeiten geprägt wurden, in denen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft fester gefügte Normen bestanden als heute in Gesamtdeutschland.
Zum anderen sind es diejenigen, die das Gefühl haben von der Globalisierung weniger zu profitieren oder unter den neuen Bedingungen benachteiligt zu sein. Allerdings seien - so die Studie - "weder die 'Verlierer' noch die 'Gewinner'… per se besonders akzeptierend bzw. in außergewöhnlich hohem Maße ablehnend."
Überhaupt kommt die Studie zum Ergebnis, dass individuelle und persönliche Aspekte bedeutender seien als strukturelle. Individuelle ökonomische Prosperität und bessere Bildung stärken zwar die Akzeptanz von Vielfalt, aber geringeres Einkommen oder Arbeitslosigkeit sind nachrangig gegenüber persönlichen Einstellungen. Es kommt eher auf die wirtschaftliche Lage in der Region an: "in Regionen mit höheren Einkommensunterschieden (ist) auch die Akzeptanz von Vielfalt höher ..."
Was fördert Vielfalt?
Als persönliche, die Akzeptanz fördernde Einstellungen werden "Empathiefähigkeit, die (eher linke) politische Orientierung und eine positive Einstellung zur Globalisierung" genannt.
Ein überraschendes Nebenergebnis ist die Sicht auf die Rolle der Internetnutzung, die oft vertretenen Ansichten widerspricht: "Je höher das Ausmaß der täglichen Internetnutzung ist und damit ein Verständnis des Internets als 'Tor in die Welt', desto höher ist auch das Ausmaß der Akzeptanz von Vielfalt." (Hier müsste man vielleicht einschränken, dass es auch darauf ankommt, wo man sich im Internet bewegt!)
Nach den Autoren ist die "Akzeptanz von Vielfalt" neben dem Vertrauen in Institutionen und in die Mitmenschen die entscheidende "Stellschraube", um gesellschaftlichen Zusammenhalt zu fördern. Es gebe "einen positiven Zusammenhang zwischen der Akzeptanz von Vielfalt und sozialem Zusammenhalt." Wo Vielfalt und Zusammenhalt stark ausgeprägt ist, seien die Menschen auch "glücklicher und zufriedener mit ihrem Leben."
Entgegen oft geäußerter Ansicht kommen die Autoren der der Auffassung, dass da, wo Vielfalt erlebbar ist, Vielfalt auch eher akzeptiert wird. Sie vermuten, "dass das Vorhandensein einer gewissen Vielfalt Grundvoraussetzung ist, um überhaupt einen konstruktiven Umgang mit ihr erlernen und einüben zu müssen." Als Feld der Einübung von Vielfalt und Akzeptanz empfehlen sie vor allem die Nachbarschaft.