Nicht viel mehr als der Wurm C. elegans

Die Wissenschaftler-Wette über die Zahl der menschlichen Gene wurde abgeschlossen: um die 25.000 sollen es sein

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Als Craig Venters Unternehmen Celera gegen das mit öffentlichen Geldern finanzierte Humangenomprojekt am Ende des letzten Jahrtausends oder Jahrhunderts in einen Wettlauf eingetreten ist (Wer gewinnt den Wettlauf?), wer die biotechnologische Goldgrube des menschlichen Genoms mit 3 Milliarden DNA-Sequenzen zuerst entziffert, ging man allgemein noch davon aus, dass 3 Milliarden DNA-Sequenzen zwischen 80.000 und 140.000 Gene besitzt. Während einer Konferenz in Cold Spring Harbor Laboratory haben Wissenschaftler des HGP begonnen, eine Wette über die Zahl der menschlichen Gene einzurichten. Noch weiß man noch immer nicht genau, wie viele Gene der Mensch nun hat, gleichwohl wurden die Wettsieger mit der vermutlich besten Schätzung schon einmal genannt.

Der Mensch: genetisch nicht viel komplexer als der Fadenwurm C. elegans

Zu Beginn der Wette, die Ewan Birney vom britischen European Bioinformatics Institute unter dem Namen Genesweep ins Netz gestellt hat, an der aber nur Wissenschaftler teilnehmen konnten, gingen die Schätzungen weit auseinander. Die Vermutungen reichten von 27462 bis zu 200000 Gene, der Median liegt bei 53700 und der Durchschnitt lag bei 62600 (Wissenschaftler schließen Wetten ab auf die Zahl der menschlichen Gene). Der Durchschnitt hat sich kaum verändert und liegt nun bei 61,710.

Allerdings hatte sich schon gegen Abschluss der Sequenzierungsprojekte gezeigt, dass die Annahmen nach unten korrigiert werden müssten. Als die vollständige Sequenzierung der Chromosome 21 und 22 veröffentlicht wurde, zeigte sich, dass auf ihnen wesentlich weniger Gene als vermutet identifiziert werden konnten. Auf dieser Grundlage schlossen die vorwiegend deutschen und japanischen Forscher, dass das gesamte Genom nicht mehr als 40.000 Gene haben könnte - ähnlich wie alle anderen Säugetiergenome. Das wäre gerade einmal das Doppelte der Zahl der Gene auf dem sequenzierten Genom des Wurms C. elegans oder drei Mal so viel, wie die Fruchtfliege besitzt. Allerdings bestehen wahrscheinlich nur 1 bis 2 Prozent des Genoms aus codierenden DNA-Sequenzen, welche Funktion der "Rest" des Genoms, auch besitzt, ist noch weitgehend unbekannt.

Heute gehen die Forscher von 30.000 bis 40.000 menschlichen Genen aus, was auch bedeutet, dass die Zahl der Gene nicht direkt mit der Komplexität der Organismen zu tun hat. Vermutlich sind Interaktionen und zeitliche Abläufe viel entscheidender, was der einfachen Vorstellung von dem Genom als Blaupause zur Herstellung eines Wesens zumindest widerspricht. Birney selbst geht heute von etwa 24.000 Genen aus, von denen womöglich 3.000 Pseudogene sein könnten, die keine Proteine codieren.

Obgleich es noch einige Zeit dauern dürfte, bis endgültig festgestellt werden kann, wie viele codierende Gene der Mensch tatsächlich besitzt, hat Birney die Gewinner schon einmal bekannt gegeben. Sicher ist er, dass es weniger als 30.000 Gene sein werden, berichtete er, so Elizabeth Pennisi in der aktuellen Science, auf einer Konferenz des Cold Spring Harbor Laboratory. Und darauf hatten nur wenige unter den noch gültigen 165 Wetten gesetzt. Am nächsten sei Lee Rowen vom Institute for Systems Biology in Seattle dem von Birney erwarteten Ergebnis gekommen. Im Jahr 2001 hatte Rowen 25.947 Gene vorausgesagt. Sie muss sich das Preisgeld nur mit zwei weiteren Wissenschaftlern teilen, die von 26.500 bzw. 27.462 ausgegangen. Mit um die 25.000 Gene wäre der Mensch dann etwa so ausgestattet wie der 1 mm große, aus 1.000 Zellen bestehende Wurm C. elegans, der 1998 die Ehre hatte, als erster Mehrzeller sequenziert worden zu sein (Der erste Mehrzeller genetisch erfasst=. Insofern hat die Genforschung selbst den Genmythos nachhaltig entzaubert.