Öffentlich-rechtliche Sender: Wie steht es um den Plan, den Rundfunkbeitrag nicht zu erhöhen?

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Rundfunkkommission tagt unter Zeitdruck. Es geht um das Grundgesetz, um Deutungsmacht und wofür das Geld der Beitragszahler ausgegeben wird.

Die Debatte um die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks spitzt sich zu. Heute findet die Sitzung der Rundfunkkommission statt. Sie steht unter gehörigem politischem Druck. Er kommt von mehreren Seiten.

Die Erhöhung des Rundfunkbeitrags

Für viele ist Erregungsthema Nummer 1 die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Sechs Länder verweigern sich der Empfehlung der KEF, das sei politisch derzeit nicht durchzusetzen, lautet ihr Argument. Allerdings gibt es dazu rechtlich bindende Vorgaben, die nicht einfach mit solchen Aussagen zu umgehen sind.

So haben sich die Länder, die damit pokern, dass die Landtage der Erhöhung nicht zustimmen werden, ein Ausweichmanöver ausgedacht. Stark auf den Kern vergröbert sieht es im Prinzip so aus: Wir unterschreiben den Staatsvertrag mit dem erhöhten Rundfunkbeitrag nicht. Dadurch bleibt der Rundfunkbeitrag bis auf Weiteres auf dem gegenwärtigen Niveau.

Die rechtliche Grundlage ist ihrer Idee nach ein Reformstaatsvertrag. Vereinfacht sieht das Prozedere in der Theorie vor, dass den öffentlich-rechtlichen Sendern bis Oktober ein von den Ländern unterschriebener Reformvertrag vorgelegt wird, der die KEF dazu bringt, aufgrund der Einsparungen über Reformen eine neue, niedrigere Einschätzung für den Rundfunkbeitrag auszuarbeiten.

Mit Beifall und Unterstützung von Teilen der Öffentlichkeit können die Regierungen in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt für dieses Vorgehen wohl rechnen.

Nein-Länder unter Zeitdruck

In der Praxis ist die Umsetzung ihres Plans aber aus mehreren Gründen zum Scheitern verurteilt. Das liegt wesentlich auch an den Ländern selbst. Sie haben den Zeitpunkt für eine aussichtsreiche, politische Arbeit, die eine Beitragserhöhung hätte verhindern können, versäumt.

Dazu wäre die etwa Ablehnung der Erhöhung des Rundfunkbeitrags im Jahr 2020 durch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und der folgende Einspruch des Bundesverfassungsgerichtes ein guter Startschuss für politische Grundlagenarbeit gewesen.

Jetzt wird die Zeit knapp, äußerst knapp, wie dies der Kenner der Situation, Helmut Hartung, in seinem aktuellen FAZ-Beitrag "Die Länder sind unter Zeitdruck" erkennen lässt.

Hartung geht dabei noch von einer zuversichtlichen Perspektive aus, dass nämlich die Nein-Länder dazu gebracht werden könnten, der Beitragserhöhung doch zuzustimmen, allerdings in einer Weise, dass sich die Erhöhung verschiebt.

Viel Arbeit

Die Idee dazu sieht so aus: Es werden bis zur Jahrestagung der Ministerpräsidenten im Oktober aufgrund geplanter Reformen fünf novellierte Staatsverträge einschließlich des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags bis zur Unterschriftsreife erarbeitet. Dabei soll den Regierungschefs der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag mit der KEF-Empfehlung von plus 0,58 Euro vorgelegt werden.

Ziel wäre es, zusammen mit möglichen Reformen, die bislang gegen eine Erhöhung votierenden Länderchefs umzustimmen.

Schmackhaft gemacht würde ihnen dieser Schritt damit, dass der "Staatsvertrag eine Ergänzung enthält: Zuzüglich zur Bedarfsermittlung soll die KEF-Empfehlung auch einen Rationalisierungsabschlag vorsehen und damit einen Vorschlag des Zukunftsrats aufgreifen, bei dem die Länder aber ein Vetorecht hätten".

Intention der Rundfunkkommission ist es, dass die novellierten Staatsverträge im Sommer nächsten Jahres in Kraft treten können. Damit würde sich eine Beitragserhöhung, wie auch bei der laufenden Vierjahresperiode, um einige Monate verzögern.

Hans Hartung, FAZ

Das Problem vertagen

Damit wäre das Problem vertagt, die politische Hitze des Themas angesichts der Landtagswahlen der drei Nein-Länder Sachsen, Thüringen und Brandenburg im Herbst klimatisch heruntergedrosselt, Zeit gewonnen, um mit den Empörungswellen umzugehen, ein guter Plan?

Nicht wirklich. Weil die Sender damit einverstanden sein müssen und die grundgesetzlich verankerte Verfahrensweise gilt. Die sieht einen Ablauf zur Sicherung der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender vor, die mit dem Plan in wesentlichen Punkten kollidieren.

Die Sender wehren sich

Vertreter öffentlich-rechtlicher Sender haben bereits deutlich zu erkennen gegeben, dass sie die Sache vors Verfassungsgericht bringen wollen. Die Sender sind an Verträge gebunden, die über 2025 hinausgehen, langfristige Planung gehört zum Geschäft. Sie bauen auf die Empfehlung der KEF.

Worauf Gebührenzahler hoffen können

Gebührenzahler können nach Stand der Dinge einzig darauf bauen, dass die öffentlich-rechtlichen Sender tatsächlich zu Reformen gebracht werden, die entscheidend Geld einsparen, so dass die nächste Empfehlung der KEF zu einer Beitragssenkung führt.

Ein Ansatzpunkt dafür wäre, die Eindämmung von Sportangeboten zugunsten einer kostengünstigeren Verstärkung des Informations- und Dokumentarangebots.

Zehn Millionen Euro kosten zwei Fußballspiele, damit lassen sich Wochen an Informationssendungen bezahlen.

Es geht um Deutungshoheiten

Hier nun gibt es aber das ganz große Diskussionsfeld. Das ist der Vorwurf an die öffentlich-rechtlichen Sender, der grob zusammengeschnurrt, so lautet: Wieso viel Geld für eine journalistische Arbeit bezahlen, die sich durch Regierungsnähe auszeichnet, statt durch Neutralität, die traditionellen Parteien und Machtgefüge unterstützt – sichtbar auch an den "Drehtüreffekten" – und gegen Ansichten, die nicht im politisch-moralischen Konsens stehen, einen Abwehrkampf führt.

Hinter den Kulissen geht es um Deutungshoheiten. An mehreren Fronten: Wie gehen die öffentlich-rechtlichen Sender mit dem Druck aus der Politik um, deren Einmischungen sie beklagen, wenn es um die Beitragserhöhung geht, dem sie aber in ihrer Berichterstattung in der Substanz ("Narrative") wenig kritisch-konträr folgen?

Welche Reformprojekte werden politisch unterstützt? Wie mutig ist man bei den Reformen, wie kreativ? Laufen sie hauptsächlich auf Verwaltungsreformen hinaus? Wie sieht es mit der Macht und der Besetzung von Rundfunkräten aus, wie demokratisch geht es bei der Besetzung zu und bei den Abläufen?