Olaf Scholz: der Genosse der Bankster

Seite 2: Beginn einer wunderbaren Freundschaft

Nach dem Gipfel ging es heiß her in Hamburg - im Parlament, in den Medien und am Stammtisch; jeder beschimpfte jeden, (fast) niemand wollte Verantwortung für das Desaster übernehmen. Der Senat - allen voran Scholz - verortete die Verantwortlichen für die Hamburger Chaostage bei den G-20-Gegnern, diese im Senat und in der Polizeiführung. Alle bekamen ihr Fett ab - nur eine nicht: Angela Merkel. Es ging völlig unter, dass sie diejenige war, die letztlich die Verantwortung trug.

Sie hatte sich um die Ausrichtung des Gipfels beworben, hatte die Umsetzung Scholz aufs Auge gedrückt, obwohl auch in Berlin bekannt gewesen sein muss, welche Risiken der Veranstaltungsort barg, hatte Hof gehalten, während die Hamburger Polizei das Unmögliche möglich machen musste. Für Merkel war der Gipfel ein voller Erfolg - und der Auftakt zum Bundestagswahlkampf, der in ihrer Wiederwahl am 24. September 2017 gipfelte.

Fast schien es, als hätte Scholz den Wahlkampf für Merkel eröffnet. Als dieser aber unmittelbar nach dem Gipfel die Kanzlerin auf eine Dienstreise begleiten durfte, war klar, dass G-20 in Hamburg der Beginn einer wunderbaren Freundschaft war, die Scholz zurück nach Berlin bringen sollte. Was er risikoreich, aber clever im Sommer 2017 einfädelte, zahlte sich im März 2018 aus, als Scholz nicht nur zum Bundesfinanzminister, sondern auch zum Vizekanzler ernannt wurde.

La Famiglia

Kaum im Amt, bahnte sich für Scholz der nächste Skandal an, der allerdings in der Öffentlichkeit wenig Beachtung fand. Seit 1998 ist Scholz mit Britta Ernst verheiratet, die am 28. September 2017 in Brandenburg zur Ministerin für Bildung, Jugend und Sport ernannt wurde. Für das Politikerpaar bot sich ein Ortswechsel von Hamburg-Altona nach Brandenburg an. Genauer gesagt, Britta Ernst mietete nach ihrer Ernennung eine Wohnung in Potsdam an, in der das Paar nun lebt. Das Problem ist nicht die Wohnung, sondern wer sie vermietet. Britta ernst schloss den Mietvertrag laut Stern mit Frau Mosdorf. Diese ist verheiratet mit Siegmar Mosdorf, einem früheren SPD-Politiker. Die "rote" Familie sorgt füreinander.

Das wäre allerdings nicht anrüchig, wenn Siegmar Mosdorf nicht ein bekannter Berliner Lobbyist wäre. Er ist dem Stern zufolge "seit 2002 Gründungspartner der PR- und Lobbyagentur CNC Communications". Diese soll bis November 2017 auch die Interessen einer Firma vertreten haben, die "in direkten Geschäftsbeziehungen mit dem Finanzministerium steht. Es handelt sich um die Bundesanzeiger Verlag GmbH; CNC gab die Firma im November im EU-Lobbyregister als Kunden an." Die Bundesanzeiger Verlag GmbH betreibe "auf Geheiß des damals noch von Wolfgang Schäuble (CDU) geführten Finanzministeriums das deutsche Transparenzregister, in dem Firmen laut Geldwäschegesetz die Namen ihrer wirtschaftlich Berechtigten angeben müssen", so der Stern.

Wie es der Zufall so will, gehörte auch die Bundesdruckerei, die im Jahr 2000 privatisiert worden war, zu der Kundschaft von CNC. Beim Auftrag des Finanzministeriums an die Bundesanzeiger Verlag GmbH soll dem Magazin zufolge gemauschelt worden sein. Allerdings unter Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), wie Olaf Scholz nicht ganz zu Unrecht anmerkt. Und seine Ernennung zum Finanzminister sei damals nicht absehbar gewesen. Sowohl die Organisationen Lobbycontrol als auch Transparency International Deutschland äußern im Stern dennoch Bedenken und fordern ein Lobbyregister.

Der Genosse der Bankster

Ein ganz anderer Skandal wird Scholz auch noch nach der Bundestagswahl am 26. September beschäftigen - egal, wie er beziehungsweise die SPD abschneidet: Der Cum-Ex-Skandal, genauer gesagt die Verstrickung der Hamburger Warburg-Bank darin und die Eigentümlichkeit, dass das Finanzamt Hamburg auf die Rückzahlung von rund 47 Millionen Euro verzichtete - just nachdem Scholz in Kontakt mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Bank, Christian Olearius, stand. Drei Treffen soll es gegeben haben, zwei davon waren ihm indes entfallen. Das Alter macht ihm offenbar allmählich zu schaffen.

Damit ihm das nicht auch passiert, hat Olearius alle Kontakte fein säuberlich in einem kleinen Notizbuch vermerkt, das bei einer Durchsuchung im März 2018 in die Hände der Staatsanwaltschaft Hamburg fiel. Ob Scholz Gedächtnis tatsächlich nachlässt, oder ob er schlicht gelogen hat, sei mal dahin gestellt. Eine entsprechende Nachfrage von Telepolis blieb unbeantwortet. Fakt ist jedenfalls, dass seine Aussage vor dem Cum-Ex-Ausschuss des Bundestages falsch war.

Auch vor dem Hamburger Cum-Ex-Ausschuss hielt Scholz sich sehr bedeckt, kommenden Herbst soll er erneut geladen werden. Der ehemals enge Vertraute des "Genossen der Bosse", Gerhard Schröder, stand am Ende als Genosse der Bankster dar.