Qualifizierungsmaßnahmen und ihre Sinnhaftigkeit

Seite 3: Fördern und Fordern

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Im Zuge des "Fördern und Fordern" ist die Qualifizierung zu einer Kernaufgabe der Bundesagentur für Arbeit geworden. So heißt es jedenfalls. Doch bereits seit langem wird, gerade in Bezug auf ältere Arbeitssuchende, dies für nicht ausreichend angesehen. 2010 kam Ursula von der Leyen daher auf die Idee, nicht nur den Begriff Hartz IV z.B. durch "Basisgeld für Erwerbsfähige und ihre Familien" zu ersetzen, sondern auch auf mehr Förderung für die älteren Arbeitssuchenden zu pochen, wobei sie auch an deren Flexibilität apellierte. "Ob Dachdecker oder Bäcker, niemand muss mit 66 noch genau dasselbe machen, was er mit 16 gelernt hat" verlautbarte die Bundesarbeitsministerin damals.

Was Martin Schulz nunmehr ankündigt und was ihm derzeit hohen Zuspruch einbringt, ist letztendlich genau dieser alte Qualifizierungswein nicht etwa in neuen Flaschen, sondern mit neuem Etikett. Es sind die Ideen, die auch Frau von der Leyen bereits in den Ring warf und die sich als arbeitsmarkttechnische Rohrkrepierer erwiesen. Wer seine Arbeit verliert, soll in Zukunft einen Rechtsanspruch auf eine Weiterbildung haben, so er in den ersten drei Monaten keine neue Stelle findet, wobei sich die Frage stellt, wie diese aussehen soll.

Auch soll sich der Anspruch auf ALG I verlängern, wenn die Weiterbildung nicht zu einer neuen Erwerbstätigkeit führt, doch auch hier bleibt offen, ob darunter auch Zeit-, Teilzeit- oder die bekannten Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung fallen werden. Wenn unter "Erwerbstätigkeit" letztendlich von 1-Euro-Job bis Minijob oder Zeitarbeit alles fällt, so ist letztendlich die Ankündigung, dass das ALG I länger gezahlt werden wird, so keine Erwerbstätigkeit im Anschluss an die Qualifikation gefunden wird, ebenso reine Kosmetik wie der neue Name der Bundesagentur für Arbeit. Eine eindeutige Definition wird aber vermieden.

Und noch etwas ist bei der geplanten Neubenennung und dem Arbeitslosengeld Q bemerkenswert: Wenn doch die Förderung der Weiterbildung bereits zu den Kernaufgaben gehört, wieso wird sie nicht jetzt schon konsequent umgesetzt, sondern wieso bedarf es hier neuer Regelungen für eine Teilgruppe der Transferleistungsempfänger? Wieso muss die Tatsache, dass die Bundesagentur für Arbeit auch ihrer Kernaufgabe nachkommt, nunmehr mittels eines neuen Namens betont werden?

An der prinzipiellen ALG II-Gesetzgebung, die die meisten Arbeitssuchenden betrifft, wollen weder Martin Schulz noch Andrea Nahles etwas ändern. Es geht hier letztendlich darum, diejenigen auf die Seite der SPD zu holen, die noch eine Erwerbstätigkeit haben, aber befürchten, schnell in den ALG II-Bezug abzurutschen, der als Stigma angesehen wird. Wer bereits ALG II bezieht, ist für diejenigen, die nun ihr "soziales Gewissen" entdeckt haben, schlichtweg uninteressant.

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