Raub, Abzocke oder einfach nur Verwirrung?

Die neue Kopiergebühr in Spanien ist in Kraft getreten und sorgt erneut für Wirbel

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Seit Jahren wird in Spanien über die so genannten Kopiergebühren gestritten. Sie war nicht im EU-Vergleich nicht nur sehr hoch, sondern es gab für sie auch keine Rechtsgrundlage. Gerichte bezeichneten sie als "illegal" und ordneten die Rückzahlung an (Kopiergebühr in Spanien illegal). Nun ist das Gesetz in Kraft getreten, doch was man im Land erlebt, kommt einem ziemlich spanisch vor. Niemand weiß offenbar, wie die Gebühr eingezogen werden soll, die schon mal höher ausfallen kann als die eigentlichen Datenträger.

Mit einer Verspätung von eineinhalb Jahren seit der Verabschiedung ist die umstrittene Kopiergebühr nun per Gesetzeskraft geregelt. Doch das wird nicht das Ende der Konflikte sein. Sie wurde von der sozialistische Regierung, die sich offenbar zur Aufgabe gemacht hat, einer undurchsichtigen Autorenvereinigung erneut Millionen in die Kassen zu spülen, auch auf Geräte ausgeweitet, mit denen Musik oder Videos abgespielt werden können. Der Autorenvereinigung auch noch die Zensur des Internets zu erlauben, gelang trotz großer Anstrengungen aber nicht (Streit um Kopiergebühr und Internetzensur hält in Spanien an). Ohnehin findet sich die wichtigste Organisation, aufgrund des fantasievollen Umgangs mit dem vielen Geld (nicht zur Förderung der Autoren) im Visier der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, und auch der EU sind deren Praktiken nicht so ganz geheuer.

Mit der Veröffentlichung im Gesetzesblatt wurden zwar einige der bisher erhobenen Gebühren etwas vermindert oder zeitlich verschoben, aber sie wurde sehr breit ausgeweitet. Einer der wichtigsten Punkte der Neuerungen ist, dass sie nicht rückwirkend seit dem 1.1.2007 angewendet wird, seit die Regierung offenbar nicht fähig war, die Gebühren genau festzulegen. Auch die Handygebühr wurde auf 1,1 Euro gesenkt, aber sie wird erhoben, ob damit Musik oder Videos abgespielt werden oder nicht. USB-Speicher, Flash-Memory, CDs und DVDs, alles worauf Daten gespeichert werden können, bekommt eine Gebühr aufgedrückt. Ab 2009 sollen auch für Empfänger für Digitalfernsehen 12 Euro fällig werden. Dabei ist es egal, ob Daten gespeichert werden, die urheberrechtlich geschützt sind. Mit der Ausübung des Rechts auf eine Privatkopie wird die Gebühr gerechtfertigt, obwohl sie oft wegen Kopierschutz nicht gezogen werden kann (Knast für Privatkopien von CDs und DVDs?).

Die Gebühr wird ausnahmslos eingezogen, anders als zum Beispiel in Deutschland, wo deutlich geringere Gebühren auf CDs anfallen, die zudem nur auf ein Drittel erhoben wird. In Spanien ist es den Sozialisten egal, ob private Fotos, Daten oder Sicherheitskopien gespeichert werden, ob die Gerichte darauf ihre Schriftsätze oder Aufnahmen lagern oder Bürgermeister ihre Sitzungsprotokolle. Ausnahmen, die nach dem Gesetz möglich waren, haben die Sozialisten nicht gemacht.

Viele Menschen werden bei Käufen lieber ins Internet ausweichen und über das Ausland die Gebühr zu umgehen. Der lokale Handel wird das zu spüren bekommen, das Arbeitsamt auch. Sogar hochgradige Juristen am Obersten Gerichtshof von Madrid sind entsetzt. Denn es ist rechtlich zweifelhaft, alle Datenträger mit einer Gebühr zu belegen (12 Euro für eine "Festplatte, die in ein Gerät eingebaut oder nicht, das geeignet zur Reproduktion von Videos oder Musik ist", mit 12 Euro happig aus. Praktisch kann diese schwammige Formulierung auch dazu benutzt werden, Festplatten allgemein mit der Gebühr zu belegen. Die Netizen haben schon angekündigt, gegen das Gesetz vorzugehen. Vermutlich wird erneut versucht, vor das Verfassungsgericht zu gelangen ("Ich will meine 22 Cent zurück"). Geplant ist auch, vor den Wettbewerbsgerichtshof der EU zu ziehen.

Ein besonders krasser Fall des Gebührenwahns wurde gerade aufgezeigt. In seinem Blog spricht. Enrique Dans sogar von "Raub". Er erhielt eine Rechnung für eine 50er Spindel CDs. Die kosteten eigentlich 7,58 Euro. Darauf wurden, wie die Rechnung ausweist, noch einmal 10,5 Euro Gebühr eingezogen. Auf die Gesamtsumme wurde zudem noch die Mehrwertsteuer erhoben.

Es ist schwer zu sagen, ob gewiefte Geschäftemacher hier bewusst Abzocke betreiben. An dieser Rechnung ist praktisch alles falsch und zudem negativ für den Kunden ausgelegt. Auf ihn wurde die Gebühr voll abgewälzt, dabei muss eigentlich der Hersteller der CDs die Gebühr abführen und dann als Konsequenz den Endpreis des Produkts anheben. Die Gebühr wurde schon angewendet, bevor das Gesetz in Kraft trat. Zudem wurde auch noch die alte Höhe verlangt, die im Fall von CDs nun auf 17 Cent gesenkt wurde, also "nur" noch 8.5 Euro betragen hätten. Doch das zeigt auf, dass die Gebühr auf CDs in Spanien weiterhin höher ausfällt, als der eigentliche Preis für dieses Produkt.

Vielleicht war das auch nur der allgemeinen Verwirrung geschuldet. Klar ist, dass ab dem 1. Juli die Hersteller die Gebühr den kleinen und großen Geschäften in Rechnung stellen müssen. Sie muss auf deren Rechnungen ausgewiesen werden, damit die Autorenvertreter der SGAE einem Betrug auf die Spur kommen können. Ansonsten ergab ein telefonischer Test bei großen Firmen wie Media Markt, Carrefour, Fnac, dass sogar bei ihnen keine Klarheit herrscht.