Regierung vernichtet Wind-Arbeitsplätze

Seite 3: Artenschutz und Windausbau

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zum einen müssten, wie oft schon geschehen, Schutzgebiete ausgenommen und entsprechend Vorranggebiete ausgewiesen werden. Dort müsse dann in der Feinplanung besser auf die Artenschutzrisiken und die Anwohnerrechte eingegangen werden. Pauschale Abstandsregelungen zu Wohngebäuden seien nicht nützlich, sondern würden nur die Spielräume unnötig behindern.

Gegen den Bau von Anlagen in Wäldern hat der WWF natürlich Vorbehalte, aber keine grundsätzlichen. Vorstellen kann er ihn sich aber dort, wo es sich um naturferne, durch viele Wege erschlossene Holzplantagen handelt, die nicht zur Naherholung dienen.

Was den Vogel- und Fledermausschutz angeht, so seien bestimmte Flugkorridore auszunehmen und die Entwicklung anlagenspezifischer Lösungen voranzutreiben. Denkbar und zum Teil schon verwendet seien Vergrämung, zeitweises Abschalten der Anlagen und andere Maßnahmen.

Zwei Szenarien von denen der WWF in seinem Positionspapier ausgeht. Das recht betont den Ausbau der Solarenergie. Dargestellt ist die jährliche Stromerzeugung durch verschiedene Anlagentypen im Terawattstunden (Twh). Zum Vergleich: Derzeit liegt der deutsche Nettobedarf bei etwa 540 TWh järhlich. Bild: WWF

Der Verband teilt die Ansicht der Branche und vieler Fachpolitiker, dass in Deutschland zwei Prozent der Landesfläche für die Nutzung der Windenergie in Frage kommen. Notwendig sei aber, dass alle Bundesländer sich beteiligen - derzeit werde namentlich in Bayern oder Nordrhein-Westfalen der Windenergie "die Luft abgeschnürt" - und dass die Menschen in der Nachbarschaft der Anlagen beteiligt werden.

Mit Letzterem meint der WWF vor allem die ökonomische Beteiligung und auch die politische Einflussnahme. Derzeit machen die Ausschreibungsverfahren es für örtliche Genossenschaften oder andere Bürgerprojekte sehr schwer, von der Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu profitieren. Die Folge ist, dass nur noch größere, ortsfremde Fonds und andere Unternehmen zum Zuge kommen.

Das war im Nordwesten der Republik einmal anders. Im Osten gab es hingegen schon immer das Problem, dass mit den politischen Umbrüchen nach 1990 und dem Zerschlagen der meisten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vor Ort die Strukturen fehlten, die die Initiative hätten ergreifen können. Stattdessen wurden Windparks von Auswärtigen errichtet und den Nachbarn blieb nur der oft als störend - weil neu und ungewohnt - empfundene Anblick. Entsprechend regte sich dort schon früh und viel stärker als im Nordwesten der Widerstand.

Förderung des ländlichen Raums

Dabei kann die Energiewende durchaus auch ein wirksames Mittel der Förderung des ländlichen Raumes sein. Die Anlagen brauchen Wartung und schaffen damit Dauerarbeitsplätze in den Regionen. Außerdem könnte dafür gesorgt werden, dass die Gewerbesteuereinnahmen in den betroffenen Gemeinden gezahlt werden.

Ökonomisch richtig interessant für ländliche Gemeinden und Landkreise wird es, wenn das Gesamtpaket von Heizen, Verkehr und Stromversorgung ins Auge genommen wird. Unter dem Stichwort Sektorkoppelung werden unter anderem ein Teil der Energieökonomen und der Bundesverband Windenergie schon lange für die Verbindung der verschiedenen Bereiche Windkraft, Fotovoltaik und Biomasse.

Der Verkehr könnte vollständig elektrifiziert werden, nicht zuletzt durch den Ausbau der ohnehin meist bereits elektrischen Züge und städtischen Netze der U-, S- und Straßenbahnen. Heizen müsste über Wärmepumpen und vor allem kleine, mit Bio- oder synthetisiertem Windgas betriebene Blockheizkraftwerke in Fern- und Nahwärmenetzen organisiert werden.

Um das Speicherproblem in den Griff zu bekommen - Wind und Sonne sind zwar vorhersagbar aber stehen nicht beliebig zu Verfügung - sind zum einen die im Verkehr eingesetzten Akkus und Windgas eine Option. Letzteres ist Wasserstoff oder auch Methan, das mit Strom synthetisiert wird. Das ist allerdings wegen der nicht unerheblichen Prozessverluste nur dann sinnvoll, wenn es für den Strom keine andere Verwendung gibt.

Was wiederum Letzteres angeht, kann auch der Wärmesektor ein wichtiger Abnehmer für Spitzenlaststrom sein. Zum einen für Wärmpumpen noch wichtiger könnten allerdings die Nahwärmenetze sein. Hier gibt es in Dänemark bereits seit dem letzten Jahrzehnt in der Praxis erprobte Anlagen und Konzepte, wie Windspitzen eingesetzt werden, um in Blockheizkraftwerken zeitweise den Verbrenner zu ersetzen. Dabei wird das in den Netzen zirkulierende Wasser zeitweise nicht durch das Kraftwerk sondern durch überschüssigen Strom erhitzt und so Brennstoff gespart.

Für ländliche Gemeinden sind derlei Konzepte insofern interessant, als die Energie hauptsächlich auf dem Land eingefangen werden wird. Die Städte können nur einen Teil der Solarenergie beisteuern, ein wenig Strom aus Kleinwindanlagen und bestenfalls noch etwas Biogas aus der Vergärung von Abfällen gewinnen. Das Gros des Energiebedarfs muss aber vom Land gedeckt werden, sofern es nicht importiert oder auf hoher See von Windrädern geliefert wird.

Unterm Strich geht es dabei um eine enorme Wertschöpfung im dreistelligen Milliarden-Euro-Bereich. Wie viel davon in den Erzeuger-Kommunen hängen bleibt, hängt vor allem von den Besitzverhältnissen, den ökonomischen Strukturen und den Steuergesetzen ab. In der Bundespolitik geht der Trend seit langem in Richtung Konzentration und Förderung der großen Konzerne, doch das ist natürlich kein Naturgesetz. Ein solcher Trend lässt sich auch - den politischen Willen vorausgesetzt - umkehren.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.