Rohstoffwende: Deutschland gräbt wieder selbst

Förderturm auf BRD-Karte

Deutschland setzt auf heimische Rohstoffe. Die Deglobalisierung macht's möglich. Bergbau in Ostdeutschland erlebt ein Comeback.

In den vergangenen Jahrzehnten hat die deutsche Exportnation auf zwei Seiten von der Globalisierung profitiert. Man konnte Rohstoffe und Halbfertigprodukte günstig importieren und für gutes Geld wieder exportieren und profitierte dabei vom Siegel "Made in Germany".

Fragen wie Umweltschutz und Arbeitsrecht waren weniger wichtig, solange der Preis stimmte. Erste Risse bekam dieses Erfolgsprinzip aufgrund der Idee, die Lieferketten dokumentieren zu müssen. In Deutschland liefen die FDP und der Lobbyverein "Die Familienunternehmer" Sturm gegen die geforderte Dokumentation ihrer Lieferketten.

Dass sie dabei die wirtschaftspolitische Entwicklung jenseits des Atlantiks aus den Augen verloren haben, wo die Dokumentation von Lieferketten aktuell im Bereich der Automobilwirtschaft gerade aufpoppt, wo man nach den Vorwürfen der Zwangsarbeit bei Zulieferern deutscher Hersteller jetzt die Cybersicherheit aus dem Hut gezaubert hat.

Vorteile einer Deglobalisierung

Unter Umweltgesichtspunkten könnte eine konsequente Deglobalisierung Vorteile versprechen, weil man die Produktionen unter Verzicht auf die Exportwirtschaft deutlich zurückfahren könnte und beispielsweise auf Produkte, die für die unerwünschte Digitalisierung benötigt werden, großzügig verzichten könnte.

Kein Smartphone in Deutschland kommt ohne asiatische Teile aus, keine Serverfarm ohne Festplatten aus Thailand und selbst der viel gelobte Hersteller Tesla musste ohne Zulieferungen aus China seine Produktion zeitweise einstellen.

Eine Rückführung der Globalisierung und eine Konzentration auf den Heimatmarkt reduzieren auf jeden Fall den Rohstoffbedarf der deutschen Industrie, jedoch werden sie auch das Produktangebot hierzulande deutlich verschlanken.

Rohstoffbeschaffung aus heimischem Bergbau

Während der Bergbau in den alten Bundesländern mit der einsetzenden Globalisierung zunehmend wirtschaftlich uninteressant und daher eingestellt wurde, haben die neuen Bundesländer den kaum zu schlagenden Vorteil, dass dort die Ausbeutung der Bodenschätze noch bis zur Wende lebensnotwendig war.

Mit verbesserter Aufbereitungstechnik könnten dort jetzt auch die alten Abraumhalden einer erneuten Exploration unterzogen werden und einen beachtlichen Teil des deutlich reduzierten Rohstoffbedarfs sicherstellen und so zu den schon von Kohl versprochenen blühenden Landschaften beitragen.

Die Notwendigkeit einer neuen Rohstoffstrategie

Da der Bedarf an mineralischen Rohstoffen in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist und ohne Seltene Erden, Lithium sowie Zinn, Kobalt und Silizium weder Windräder noch Solarmodule oder E-Mobilität und keine Mikrochips und Batterien produziert werden können, muss die Rohstoffbeschaffung in Deutschland dringend auf neue Beine gestellt werden.

Sie werden für eine angestrebte Klimaneutralität dringend benötigt. Die OECD geht davon aus, dass sich die Nachfrage nach diesen Rohstoffen weltweit bis 2060 verdoppeln wird. Da könnte Deutschland noch froh sein, wenn man sich rechtzeitig aus dem globalen Wettbewerb verabschieden kann.

Anders, als viele hierzulande denken, ist Deutschland keinesfalls ein rohstoffarmes Land. Doch der heimische Abbau mineralischer Rohstoffe und ihre energieintensive Weiterverarbeitung erschienen über Jahre unnötig, weil die Preise auf den Weltmärkten so günstig waren, dass ein Abbau in Deutschland nicht wirtschaftlich darstellbar erschien.

Die Risiken der Rohstoffförderung und deren Ignoranz

Außerdem ist die Förderung von Rohstoffen immer auch mit Folgen für Mensch und Umwelt verbunden. Diese Risiken wollte eine zunehmend von Umweltschutzgedanken dominierte Politik bislang nicht eingehen. Daher ist der Bergbau in Europa über Jahrzehnte politisch nicht erwünscht gewesen.

Solange die importierten Rohstoffe preiswert genug waren, hat sich kaum jemand für die Bedingungen, unter denen die importierten Rohstoffe aus China und anderen Ländern gefördert und weiterverarbeitet wurden, interessiert. Dass sie oft nicht den in Deutschland geltenden Umweltschutz-, Sozial- und Menschenrechtsstandards entsprachen, wurde lange Zeit einfach ignoriert.

Dass inzwischen auch China seine Umweltstandards erhöht und mit der Weiterverarbeitung der Rohstoffe zu marktgängigen Fertigprodukten zunehmend als Wettbewerber auftritt, lässt die deutsche Politik nervös werden.

Die chinesische Regulierung des Exports stark nachgefragter Rohstoffe sorgt ebenfalls für Unsicherheiten bei der deutschen und der europäischen Industrie.

Die neue EU-Rohstoffstrategie und die Umsetzung einer Kreislaufwirtschaft

Die EU hat daher ihren Kurs geändert und will mit der neuen Rohstoffstrategie, die im "Critical Raw Materials Act" formuliert wurde, eine verstärkte heimische Förderung, Weiterverarbeitung und das Recycling kritischer Rohstoffe ankurbeln. Sie verstärkt damit das Vorhaben, die Idee einer Kreislaufwirtschaft umzusetzen, wie sie in China aus kulturellen Gründen schon länger auf dem Plan steht.

Zuerst steht jetzt jedoch die Wiederaufnahme des Bergbaus in den neuen Bundesländern auf der Agenda und somit steht dort der noch nicht so lange erloschene Bergbau vor einem Comeback. So laufen in Sachsen aktuell 28 Erkundungsvorhaben. Fünf Vorhaben zum Abbau von Erzen sollen derzeit schon weit vorangeschritten sein.

Dabei geht es vor allem um Lithium, Zinn und Kupfer, aber auch weitere Metalle wie Indium, Silber, Zink, Mangan, Wismut und Wolfram. So soll südlich von Dresden ein Lithiumbergwerk entstehen und in der Lausitz soll Kupfer gefördert werden.

Vom Bergwerksprojekt Tellerhäuser im Erzgebirge verspricht man sich eine Förderung von 3.000 Tonnen Zinn pro Jahr und mehr als 100 Arbeitsplätze. Daneben steckt im Gestein der "Komplexlagerstätte Westerzgebirge" auch Silber und Arsen.

Möglicherweise sorgt die Deglobalisierung jetzt für einen fulminanten Wiederaufstieg des ostdeutschen Bergbaus.