Russisches Veto gegen MH17-UN-Tribunal

Russland verweist auf die Gefahr einer "Politisierung" des Tribunals

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Heute hat der UN-Sicherheitsrat über den von Malaysia eingebrachten und von Ländern wie Australien, den Niederlanden und der Ukraine unterstützten Resolutionsentwurf nach Einrichtung eines UN-Tribunals über die Verantwortlichen für den Abschuss von MH17 abgestimmt. Wie zu erwarten war, wurde die Resolution nicht angenommen, Russland legte, wie schon vorher deutlich gemacht, sein Veto ein. Noch gestern Vormittag machte dies der russische Präsident Putin in einem Telefongespräch mit dem niederländischen Premier Rutte klar gemacht. China konnte sich heraushalten und enthielt sich der Stimme, ebenso Angola und Venezuela, die damit auch ihren Abstand zu den 11 Befürwortern deutlich machten.

Der malaysische Transportminister Liow Tong Lai erklärte, er sei "zutiefst enttäuscht". Mit einem UN-Tribunal hatte man gehofft, die Ermittlungen zu beschleunigen, um die Täter zur Verantwortung ziehen zu können, zudem sollten die Staaten zur Kooperation genötigt werden. Gemeinhin wird angenommen, dass Russland zur Kooperation genötigt werden soll. Möglicherweise wären aber gerade die westlichen Staaten, allen voran die USA, unter Bedrängnis gekommen, mehr Informationen liefern zu müssen. Bislang halten sich die Geheimdienste und das Militär bedeckt (MH17: US-Geheimdienste sollen endlich liefern) und wird auch kein Druck auf Kiew ausgeübt, auf wessen Veranlassung auch immer wurden vom Gemeinsame Untersuchungsteam im April 147 Dokumente als geheim erklärt, während das russische Militär zumindest wie auch immer dürftige oder bestreitbare "Beweise" vorgelegt hat.

Der ukrainische Präsident Poroschenko erklärte, das Abstimmungsergebnis spreche für sich, womit er wohl eine Mitschuld von Russland meint. Aber die Ukraine könne nicht gestoppt werden, die Schuldigen müssten bestraft werden. Zuvor hatte er erklärt, die Annahme der Resolution würde zu einem "Desaster" für Russland werden, weil dies die Anerkennung der Verantwortlichkeit bedeute. Die Logik lässt sich kaum nachvollziehen, abgesehen davon, dass sowohl die Zustimmung als auch die Ablehnung für die Mitschuld Russlands sprechen soll. Samantha Power, die Abgesandte der USA, drohte, dass "kein Veto im Weg stehen" würde, um die Schuldigen zu bestrafen. Russland wird gegeißelt, "den öffentlichen Aufschrei der betroffenen Länder" missachtet und den "internationalen Frieden frustriert" zu haben.

Vitaly Churkin, der russische UN-Gesandte, bezweifelte, ob ein Tribunal wirklich unabhängig wäre. Man wolle eine schnelle Ermittlung der Schuldigen, zweifle aber daran, ob ein Tribunal der "Propaganda" widerstehen könne und entsprechend "politisiert" würde. Zuvor hatte Russland bereits erklärt, die Einrichtung eines Tribunals vor Abschluss der laufenden Untersuchungen, die ihre Schlussberichte noch nicht vorgelegt haben. Der Spiegel glaubt zu wissen, dass das internationale "Gemeinsame Ermittlerteam" (JIT) zu dem Schluss gekommen sei, die MH17 sei von einer Buk-M1 abgeschossen worden. Das kann gut der Fall sein, die Frage ist vor allem, ob belastbare Beweise dafür vorliegen, dass sie von den Separatisten mit der Unterstützung Russlands abgeschossen wurde, wie behauptet wird.

Die russische Seite machte auch zuvor rechtliche Bedenken geltend, denn im Resolutionsentwurf war der Abschuss der MH17 als "Bedrohung des internationalen Friedens" eingestuft worden, um ein UN-Tribunal fordern zu können. Schon zuvor hatte Russland darauf hingewiesen, dass bereits mehrere Passagierflugzeuge abgeschossen wurden, darunter von der Ukraine und von den USA, ohne dass dies als Bedrohung des internationalen Friedens gewertet wurde. Churkin wiederholte, dass wegen eines solchen Vorfalls auch noch nie ein Tribunal eingerichtet wurde. Dass nun ein Jahr nach dem Vorfall der Abschuss zu einer "Bedrohung des internationalen Friedens" gemacht werden soll, spreche für die beabsichtigte Politisierung des Tribunals.

Russland hat einen alternativen Resolutionsentwurf vorgelegt, um angeblich eine unabhängige Untersuchung zu ermöglichen. Nach diesem sollte der UN-Generalsekretär einen Sonderbeauftragten benennen. Russland sei bereit, an einer "umfassenden, unabhängigen und objektiven Untersuchung" mitzuwirken, wie sie von der Resolution 2166 gefordert wird. Die Ablehnung des Tribunals habe nichts damit zu tun, die Verfolgung der Täter zu verhindern.