Russland plant Atom-U-Boote für Gastransport nach China
Russland sucht neue Wege, um westliche Sanktionen zu umgehen. Der Plan: Riesige atomgetriebene U-Boote sollen künftig Flüssiggas nach China transportieren.
Um Fracht von verflüssigtem Erdgas, das auf der Sanktionsliste steht, unentdeckt an Abnehmer wie China auszuliefern, machte Michail Kowaltschuk nun die Flucht nach vorn. Der Präsident des gleichnamigen russischen Instituts für Physik und Technik schlug seinem Freund Wladimir Putin vor, dafür Atom-U-Boote einzusetzen.
Das Megaprojekt zu nuklearbetriebenen Unterwassergastankern präsentierte der Funktionär auf der internationalen Messe und Konferenz für Schiffbau und Entwicklung hochtechnologischer Ausrüstung zur Erschließung der Arktis "OMR 2024" in St. Petersburg im Oktober.
Wie diese futuristischen Gas-U-Boote aussehen sollen, zeigt eine Projektvisualisierung, die das Wirtschaftsnachrichtenportal RBC auf Telegram am 10. Oktober zusammen mit Schiffsdaten veröffentlichte.
Demnach soll ein solches etwa 360 Meter langes und maximal 70 Meter breites Spezial-U-Boot mit drei 30-Megawatt starken Kernreaktoren ausgestattet sein und 180.000 Tonnen LNG transportieren können.
Aufgrund des fehlenden Eiskontakts würde die Geschwindigkeit etwa 17 Knoten betragen, sodass sich die Reisezeit entlang der Nordmeerroute von 20 auf zwölf Tage verkürzt. Der Tiefgang ist auf maximal 14 Meter veranschlagt. Die stromlinienartige Form ähnelt einem U-Boot oder Hochgeschwindigkeitszug.
Planung hat begonnen
Es geht um die Schaffung einer grundlegend neuen Schiffsklasse, teilte das Kurtschatow-Institut früher in diesem Monat mit. Diese könne eine Alternative zu den traditionellen Gastankern bieten, die ohne Unterstützung durch Eisbrecher nicht das ganze Jahr über die Arktis befahren können. Die neuen Schiffe sollen Flüssiggas vom Produktionsstandort bis zu dem Punkt transportieren, an dem es in das Pipelinenetz an Land eingespeist wird.
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"Die Entwicklung von Atom-Unterwassergastankern wird seit Langem diskutiert, seit Anfang der 2000er Jahre. Jetzt haben wir mit Gazprom mit der Planung begonnen, diese Arbeit wird vorangetrieben", erklärte Kowaltschuk. Im Prinzip sei alles dafür vorhanden. "Zuallererst Materialien und Reaktoren", antwortete er auf Nachfrage von russischen Journalisten. Zum Zeitplan gebe es noch keine Einigung.
Die technischen Bedingungen seien derzeit in der Diskussion, und die Entscheidung, mit den Arbeiten zu beginnen, sei auf Gazprom-Ebene getroffen worden. Ob der russische Gaskonzern sich als Kunde für derartige Gastransporte sieht, ließ Kowaltschuk offen.
Er sprach von zwei Gastankschiffen, die Möglichkeiten zum Transport von Flüssiggas schaffen würden. Dies sei vergleichbar mit der Verlegung einer Pipeline im Arktischen Ozean, wobei der Sicherheitsgrad hier jedoch höher als bei einer Pipeline oder von Überwasserschiffen sei.
Geeignete Tanker für arktische See gefragt
Wie drängend die Tankerfrage ist, macht eine aktuelle Studie von der russischen Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Kept, die bis Juni 2022 zum internationalen Netzwerk von KPMG gehörte, deutlich. "Die russische LNG-Industrie steht unter einem beispiellosen Druck" und müsse die technologische Lücke bei der großtechnischen Produktion und dem Transport von LNG schließen, konstatierten die Kept-Analysten.
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"Für russische LNG-Projekte ist das Vorhandensein einer LNG-Flotte der Eisklasse (Arc5, Arc7) der kritischste Faktor", so die Kept-Analysten. Der Sanktionsdruck wirke sich beim Aufbau einer russischen LNG-Flotte negativ aus. Ende 2022 habe die Geschäftsführung der heimischen Swesda-Werft mitgeteilt, dass sich der Liefertermin des ersten Arc7-LNG-Tankers um mindestens ein Jahr verzögere.
Zu Beginn des Sommers 2024 gingen fünf von 15 geplanten Tankern vom Stapel, aber die Lieferung notwendiger Materialien und Ausrüstung aus dem Ausland sei aufgrund von Sanktionen eingestellt worden.
Eine LNG-Schattenflotte aus herkömmlichen, in die Jahre gekommenen Tankern kann die Transportlücke in der Arktis offenbar nicht schließen. Technologisch ist für Spezialtanker China im Gespräch. Doch auch China manövriert, um unter dem Sanktionsradar zu bleiben.
Eine eigne technische Lösung Made in Russia basierend auf Kerntechnologie würde das Problem lösen. Der besondere Sicherheitsgrad, auf den Kowaltschuk hinwies, dürfte die Herausforderung sein und das Ganze in weite Ferne rücken. Für die Swesda-Werft sind die Aussichten da vermutlich naheliegender.