SPD-Ministerposten vergeben: "Es sind sehr gute Frauen und Männer"
Olaf Scholz stellt Kabinettsmitglieder vor. Im Mittelpunkt steht der designierte Gesundheitsminister Karl Lauterbach
Immerhin kommt der neue Gesundheitsminister überhaupt aus dem medizinischen Bereich, aber sonst scheiden sich an dem SPD-Politiker, Arzt und Gesundheitsökonomen Karl Lauterbach die Geister. Bedingt durch seine Talkshow-Präsenz als Mahner und Warner der Corona-Pandemie galt ihm auch ein Großteil der Medien-Aufmerksamkeit, als der designierte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an diesem Montag die "Ampel"-Kabinettsmitglieder seiner Partei vorstellte.
Sogar eine Ostdeutsche
Scholz hob dabei unter anderem hervor, dass auch eine Ostdeutsche dabei sei: Die Potsdamerin Klara Geywitz wird das Ressort Bauen und Wohnen leiten, das bisher unter Horst Seehofer (CSU) Teil des Bundesinnenministeriums (Langform: Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) war. Seine Partei sei stolz darauf, für die Ministerien vier Frauen und drei Männer aufzustellen, sagte der bisherige Finanzminister Scholz außerdem. "Das entspricht der Gesellschaft, in der wir leben."
Bundesministerin des Inneren wird nun Nancy Faeser, die bisher die hessische Landtagsfraktion der SPD anführte und als deren Obfrau im Untersuchungsausschuss zum "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) mitgearbeitet hatte. Die Juristin gehörte daher auch zu den Empfängerinnen der Drohschreiben mit der Signatur "NSU 2.0".
Andere Personalien kommen weniger überraschend: Arbeits- und Sozialminister Hubertus Heil bleibt erwartungsgemäß im Amt. Die bisherige Bundesumweltministerin Svenja Schulze übernimmt das Entwicklungsministerium. Die bisherige Justiz- und Familienministerin Christine Lambrecht wird nun Wehrministerin. Zum Kanzleramtsminister will Scholz den bisherigen Finanzstaatssekretär Wolfgang Schmidt machen, der als einer seiner engsten Vertrauten gilt. "Es sind sehr gute Frauen und Männer", sagte Scholz abschließend.
Lauterbach wurde von einem Journalisten sogleich zur aktuellen Pandemie-Lage befragt, was Scholz eigentlich deplatziert fand, auch wenn er Lauterbach trotzdem gestattete, in zwei Sätzen zu antworten. Lauterbach, den der Saarländische Linksfraktionschef Oskar Lafontaine im Juli als "Covid-Heulboje" bezeichnet hatte, wollte wohl nicht gleich wieder panisch wirken und meinte, es komme in den nächsten Wochen darauf an, die Infektionszahlen so weit zu senken, dass zu Weihnachten wieder Reisen empfohlen werden könnten, ohne Menschen zu gefährden.
Groko-Politik und andere Hypotheken
Im Gesundheits- und Pflegebereich hatten sich viele Beschäftigte einen Gesundheitsminister mit entsprechender Ausbildung und Berufserfahrung gewünscht, während zuletzt der gelernte Bankkaufmann und Politologe Jens Spahn (CDU) das Ressort geleitet hatte. Andererseits war Lauterbachs Partei Teil der Großen Koalition, die die Gesundheitspolitik der letzten Jahre und daher auch den Pflegenotstand wesentlich mitzuverantworten hatte.
Das musste sich Lauterbach auch immer wieder anhören, wenn er die Verantwortung der Individuen bei der Bekämpfung der Pandemie betonte. Bis 2001 war Lauterbach selbst CDU-Mitglied gewesen. Unter der "rot-grünen" Bundesregierung war er 2003 an der Einführung der inzwischen viel kritisierten Fallpauschalen im Gesundheitssystem beteiligt.
Noch im Juni 2019 war der SPD-Bundestagsabgeordnete der Meinung, "dass wir in Deutschland mindestens jede dritte, eigentlich jede zweite Klinik schließen sollten". Dann, so twitterte er damals unter Berufung auf eine Analyse der Bertelsmann-Stifung, "hätten wir anderen Kliniken genug Personal, geringere Kosten, bessere Qualität, und nicht so viel Überflüssiges". Länder und Städte würden dies aber blockieren.
Als "Aufbruch" bezeichnet die SPD nun die Bildung der Ampel-Koalition mit Grünen und FDP. 98,8 Prozent der SPD-Parteitagsdelegierten hatten am Wochenende für den Koalitionsvertrag gestimmt. Darin war bereits festgelegt, welche Ressorts welche Partei übernimmt. Für die Energie- und Verkehrswende zentrale Ressorts wie das Finanz- und das Verkehrsministerium waren dabei dem kleineren Juniorpartner FDP zugeschlagen worden.
Bei dessen Vorstellung des Koalitionsvertrags hatte Scholz den Gesundheitsbereich hervorgehoben und zusätzlich einen Bonus für Beschäftigte in der Pflege versprochen, für den eine Milliarde Euro bereitgestellt werden soll. Die Gewerkschaft ver.di sah darin ein positives Signal, sprach aber auch von einem "Koalitionsvertrag mit Licht und Schatten".
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