Schlechter lernen mit dem Computer

Wie deutsche Wissenschaftler herausgefunden haben wollen, fördert Computernutzung in den Schulen und Zuhause nicht die Leistung von Schülern in Mathematik sowie beim Lesen und Schreiben

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Es war so schön, dass selbst die EU-Kommission auf dem Höhepunkt des Internet-Booms meinte, dass alles wie von selbst gehen würde, hätten die Menschen sowie natürlich die Unternehmen und Behörden nur Zugang zum Internet (Mit einem e wie elektronisch wird alles gut). Mit Internet und Computer Literacy war der Weg zur wissensbasierten Ökonomie für die eEurope-Initiative vorgezeichnet. Die Technik wurde zum Zauberstab, natürlich auch in den Schulen, in denen der Nachwuchs mit Computer und Internet schnell die Höhen der Wissensgesellschaft erklimmt.

Ein Bericht der Royal Economic Society glaubt belegen zu können, dass die Glorifizierung der Computer als Unterrichtsmedium nicht nur längst zur Demystifizierung ansteht, sondern die häufige Computernutzung in der Schule und Zuhause die Kinder dümmer macht. Das ist gerade in Großbritannien, wo Finanzminister Gordon Brown angekündigt hat, nach den bislang aufgewendeten 2,5 Milliarden Pfund weitere 1,5 Milliarden in Schulcomputer zu investieren, und auch weiterhin von der "Revolution" beim Lernen spricht, die nicht mehr mit Kreide und Tafel, sondern mit Computern vor sich gehe, ein Schlag ins Gesicht der Regierung.

Das Ergebnis des Berichts ist eindeutig. Computer an den Schulen haben kaum einen positiven Einfluss, können aber die Leistung behindern, weil sie andere Lehr- und Lernaktivitäten verdrängen. Computer Zuhause haben sogar negative Folgen. Sie lenken die Kinder ab, unter anderem von ihren Hausaufgaben, und verschlechtern die Leistungen in Mathematik sowie Lesen und Schreiben, also just in den Fertigkeiten, die eigentlich die Grundlage der Wissensgesellschaft darstellen:

Für den Bericht haben Thomas Fuchs und Ludger Wößmann vom Institut für Wirtschaftsforschung die Leistungen von 100.000 15-jährigen Schülern in 32 Ländern untersucht, die im Jahr 2000 an den Erhebungen für die PISA-Studien teilgenommen haben - mit ernüchternden Ergebnissen. Je mehr Computer benutzet werden, desto schlechtere Leistungen haben die Schüler - und angeblich sind die Vorteile, die Computerkenntnisse für das Erlangen eines Arbeitsplatzes oder für Höhe des Lohns spielen, vernachlässigbar. Dafür seien die Leistungen in Mathematik, Naturwissenschaften sowie Lesen und Schreiben viel entscheidender, die aber just durch die Computernutzung oft beeinträchtigt werden. Möglicherweise verlassen sich viele Kinder dann eher auf die vorgegebenen Problemlösungen, während die Kreativität, eigene Wege zu finden, nicht gefördert wird.

Die PISA-Studie hatte eigentlich nahegelegt, dass Schüler bessere Leistungen erzielen, wenn sie Computer häufiger benutzen (Macht Fernsehen blöd und der Computer schlau?), auch die zweite PISA-Studie suggerierte einen solchen Zusammenhang (Pisa-Studie: Jeder deutet, wie er will). Alles Unsinn, sagen die beiden Forscher. Nicht die Schüler schnitten besser ab, die Zuhause einen Computer haben, der sich schließlich für Tausend andere Sachen als zum Lernen verwenden lässt, sondern diejenigen waren in Naturwissenschaften und Mathematik besser, bei denen es Zuhause mehr als 500 Bücher gibt. Das aber weist weniger auf die Verfügung über einen Computer zurück, sondern darauf, dass die soziale Herkunft und der Zugang zu anderen Ressourcen die entscheidende Rolle spielen. Aus diesem Grund hatten auch frühere Untersuchungen den falschen Glauben genährt, dass die Verfügung über Computer bessere Schulleistungen zur Folge habe. Zuerst hatten einfach die sowieso privilegierten Schüler Computer.

Die Technik alleine kann Chancengleichheit nicht bewirken, allerdings ist dann wohl auch der Zugang zu Computern oder dem Internet nicht der Grund für die Misere, wie manche Kommentatoren das gerne sehen und zurück zur verklärten Gutenberg-Galaxis gehen wollen:

So the next time you are thinking about spending £1,000 on a new computer, think again. Investing the same amount in books is likely to a be a better investment for your child's future.

Charlotte Moore im Guardian