Sicherheit von Covid-19-Impfstoffen: Offene Fragen zu Vaxzevria

Seite 2: Frühzeitige Diagnose der TTS entscheidend

Medizinisches Fachpersonal sollte auf erste Anzeichen und Symptome einer Thrombose und/oder Thrombozytopenie achten. Die Geimpften sollten informiert werden, sofort eine Ärztin bzw. einen Arzt aufzusuchen, wenn sie wenige Tage nach der Impfung Symptome wie Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Beinschwellungen, Schmerzen im Bein oder anhaltende Bauchschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen entwickeln.

Außerdem sollten alle Personen, die nach der Impfung neurologische Symptome wie starke oder anhaltende Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen, Krampfanfälle aufweisen oder bei denen nach einigen Tagen auf der Haut Blutergüsse (Petechien) außerhalb der Injektionsstelle der Impfung auftreten, sich umgehend in ärztliche Behandlung begeben.

Personen, bei denen innerhalb von drei Wochen nach der Impfung mit Vaxzevria eine Thrombozytopenie diagnostiziert wird, sollten aktiv auf Anzeichen einer Thrombose untersucht werden. Ebenso sollten Personen, bei denen nach der Impfung eine Thrombose auftritt, unverzüglich auf eine Thrombozytopenie untersucht werden.

Wichtig ist, dass bei Patientinnen und Patienten mit Thrombose und normalen Thrombozytenzahlen oder solchen mit Thrombozytopenie ohne nachweisbare Thrombose nach Impfung ein frühes Stadium des TTS vorliegen kann. Daher sind in diesen Fällen wiederholte Untersuchungen auf TTS erforderlich.

Daten zu dem Zeitintervall bis zum Auftreten eines TTS nach der zweiten Impfung liegen zurzeit nur in sehr begrenztem Umfang vor. Dem PEI ist ein Fall von TTS nach zweiter Impfung mit Vaxzevria mit einer ungewöhnlich kurzen Latenzzeit von weniger als einem Tag berichtet worden.

Ob TTS nach der zweiten Impfung eventuell mit kürzerem Abstand zur Impfung auftritt, kann aktuell noch nicht abschließend beurteilt werden. Hier sollte aufmerksam auf Beschwerden, die auf ein TTS hindeuten können, geachtet werden.

TTS erfordert ein spezialisiertes klinisches Management. Eine leitliniengerechte Standardtherapie gibt es bislang nicht. In jedem Fall sollten Spezialisten (z. B. Hämatologen, Gerinnungsspezialisten) konsultiert werden. Verschiedenste Fachgesellschaften haben Empfehlungen zur Behandlung und Therapie des neuen Syndroms publiziert, darunter die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostase-Forschung (GTH), die Britische Gesellschaft für Hämatologie sowie die Amerikanische Gesellschaft für Hämatologie.

Definition der TTS-Fälle

Nachdem erste TTS-Fälle aus Deutschland, Norwegen, Dänemark und Großbritannien nach Vaxzevria publiziert wurden, hat die Brighton Collaboration eine vorläufige Falldefinition dieses neuen Syndroms veröffentlicht, die insbesondere für die Anwendung in epidemiologischen Studien gedacht ist.

Danach ist TTS definiert als Auftreten einer venösen oder arteriellen Thrombose und dem Auftreten einer Thrombozytopenie (Thrombozytenzahl kleiner als 150 G/L).

Voraussetzung ist, dass eine vorhergehende Heparin-Exposition ausgeschlossen werden kann. Im Vergleich dazu haben verschiedene Fachgesellschaften zusätzlich den Nachweis von PF4-Antikörpern mittels geeignetem Elisa-Test gefordert.

Einzelfälle einer Blutung mit Thrombozytopenie, positivem PF-4-Antikörpern und positivem aktivierten Plättchenaktivierungstest weisen auf ein mögliches hämorrhagisches TTS ohne Thrombose hin, was in der vorläufigen Falldefinition nicht erfasst wird.

Bei TTS nach Vaxzevria handelt es sich um eine sehr seltene Nebenwirkung, wenngleich zu beachten ist, dass aus der Melderate keine Häufigkeit berechnet werden kann. Die Häufigkeit des Risikos kann lediglich in Studien ermittelt werden.

In einer dänisch-norwegischen populationsbasierten Registerstudie wurden erhöhte Raten für venöse Thromboembolien innerhalb von 28 Tagen nach der Impfung mit Vaxzevria bei geimpften Personen (80,1 bzw. und 77,6 Prozent der Geimpften waren Frauen in Dänemark bzw. Norwegen) im Alter von 18 bis 65 Jahren festgestellt.

Insgesamt wurden elf zusätzliche Thrombosen pro 100.000 Impfungen gefunden, dies beinhaltete 2,5 zusätzliche Sinusvenenthrombosen pro 100.000 Impfdosen Vaxzevria.

Nach den Meldungen an das PEI sind aktuell Frauen und Männer aller Altersgruppen von TTS betroffen.

Die sehr seltene, gleichwohl schwerwiegende Nebenwirkung eines TTS sei stets im Kontext des nachgewiesenen Nutzens der Impfung, nämlich Schutz vor schweren und tödlichen Covid-19-Erkrankungen, zu sehen. Wie in einer Analyse der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) gezeigt wurde, steigt der individuelle Nutzen der Impfung mit steigendem Alter und steigenden Infektionszahlen.

Auf Basis der derzeit verfügbaren Daten und unter Berücksichtigung der gegenwärtigen pandemischen Lage hat die Ständige Impfkommission (Stiko) am 01.04.2021 empfohlen, den Impfstoff Vaxzevria für Personen im Alter von 60 Jahren und älter zu verwenden, sowohl für die Erst- wie auch für die Zweitimpfung.

Die Anwendung von Vaxzevria für eine erste oder zweite Impfstoffdosis unterhalb dieser Altersgrenze bleibt aber nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung möglich.

Bislang liegen keine ausreichenden Daten zum Risiko bei der Zweitimpfung vor. Hinsichtlich der zweiten Impfstoffdosis für jüngere Personen, die bereits eine erste Dosis Vaxzevria erhalten haben, empfiehlt die Stiko, bei Personen im Alter unter 60 Jahren anstelle der zweiten Vaxzevria-Impfstoffdosis eine Dosis eines mRNA-Impfstoffs zwölf Wochen nach der Erstimpfung zu verabreichen. Die Impfung mit dem Covid-19-Impfstoff Janssen wird entsprechend für Personen ab einem Alter von 60 Jahren empfohlen.

Im Kontext der Impfung mit Vaxzevria wurden Fälle einer idiopathischen thrombozytopenischen Purpura (ITP)/ Thrombozytopenie mit und ohne Blutungen berichtet, darunter auch vereinzelte Fälle mit fulminanten Hirnblutungen. Thrombozytopenie ist als Nebenwirkung in der Produktinformation genannt.

Dass eine Thrombozytopenie als Nebenwirkung in der Produktinformation genannt wird, wurde schon im letzten Sicherheitsbericht erwähnt. Nicht erwähnt wurde und wird, dass diese dort als "häufige Nebenwirkung" beschrieben wird.4 Das bedeutet, dass sie bei einem bis zehn Prozent der Geimpften beobachtet wird.

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