Spanien geht massiv gegen Tauschbörsen vor
15 Personen wurden verhaftet und 17 Webseiten wegen angeblicher Piraterie geschlossen
Die spanische Polizei spricht von einem „Schlag ohne Vorbild in Europa“. Derlei Aussagen sind bekannt, auch wenn sich andere Vorgänge nicht selten als Schläge ins Wasser entpuppten. Die Vereinigung der Internetbenutzer (AI) hält das Vorgehen der Polizei für „bedenklich“.
„Es ist das erste polizeiliche Vorgehen gegen diesen Typ von Programmen und Webseiten, die bei den Netizen bekannt und beliebt sind, wie eMule, Bit Torrent, eDonkey oder Azureus“, erklärte die Polizei stolz. Am Samstag seien 15 Personen verhaftet und 17 Webseiten geschlossen worden, auf denen „illegal Dateien ausgetauscht“ würden. Darunter seien „Filme, Musik, Spiele, Programme“. Über Werbung hätten die Betreiber etwa 900.000 Euro jährlich eingenommen und 615 Millionen Klicks verzeichnet.
Die Verhafteten seien zum Großteil Informatikingenieure und fünf Führungsmitglieder „bedeutender Firmen im Bereich Telekommunikation und Internet“. Sie hätten sich Vergehen gegen das Urheberrecht schuldig gemacht. Dann folgt nur noch ein Hinweis, dass folgende Websites auf Grund der Anzeige von Autorenvereinigungen gesperrt wurden: www.naiadadonkey.com, www.indicedonkey.com, www.ps2rip.net, www.emule24horas.com, www.emule24horas.net, www.emule24horas.org, www.mp3-descargas.com, www.exeemspain.com, www.portalvcd.com, www.pctorrent.com, www.pctorrent.net, www.pctorrent.org, www.pctracker.com, www.pctrecord.com, www.tododatos.com, www.spanishare.com, www.comunidadspanishare.com.
Dahinter steht eine Anzeige aus dem vergangenen Jahr von der Autorenvereinigung SGAE, der viele Netizen den Krieg erklärt haben (Spaniens Netizen erklären SGAE den Krieg). Ohnehin ist die SGAE aufgrund ihres Geschäftsgebarens gerade Objekt von Ermittlungen der EU-Kommission (Streit um Autorenrechte im Internet). Als „gute Nachricht“ bezeichnet deren Chef Pedro Farré die Razzien in zehn Städten. „Unser Land ist das einzige in Europa, in dem es noch keine Operation dieser Art gegeben hat", behauptet er. Das ist genauso falsch wie seine Meinung, dass „Copyleft“ mit einer modernen Gesellschaft unvereinbar sei.
Die SGAE stand auch hinter dem Vorgehen gegen die Firma CD World, als 2003 14 Personen verhaftet und die Firma ruiniert wurde. Illegal war dabei vor allem das Vorgehen der Polizei (Größter Schlag ins Wasser gegen Piraterie in Spanien). Die SGAE ist auch diesmal Triebfeder und scheint sogar die Pressemitteilung der Polizei diktiert zu haben. Dort heißt es, wie die SGAE gerne behauptet, dass die Piraterie in Spanien eine „einzigartige Größenordnung in Europa“ angenommen habe und eine der „größten Probleme“ für die Wahrnehmung der Autorenrechte sei.
Auch die Netizen erinnern an CD-World und beklagen, das Vorgehen der Polizei sei „wenig seriös“ und „bedenklich“. Die Mitteilung der Polizei sei voller Fehler und erzeuge „Konfusion“, erklärte AI-Präsident Victor Domingo. Die geschlossenen Seiten hätten nur Links zu Tauschbörsen angeboten und mit keinen Daten gehandelt. Deshalb sei es zu bezweifeln, dass ein Richter ihre Einnahmen durch Werbung beanstanden könne. Man habe es mit einem „unheilvollen Marketing“ für die Autorenvereinigungen zu tun.
Das Vorgehen fällt auffällig in die Enddiskussion um das neue Urheberrecht und der Tatsache, dass die allgemeine Kopiergebühr auf Datenträger von Gerichten als illegal erklärt wird. Die Autorenvereinigung stellt sich gegen das Gesetz, obwohl es ihren Gebühren eine rechtliche Grundlage bieten würde. So stört die SGAE zum Beispiel, auch wenn sie erneut Rekordeinnahmen verzeichnete, dass keine Gebühren auf DSL-Verbindungen und Festplatten eingeführt werden sollen.