Spanien wird in die Pleite gestuft
Nach der Drohung von Moody's kündigt Zapatero vorgezogene Neuwahlen für den 20. November an
Bevor sich die spanische Regierung in den Sommerurlaub verabschieden konnte, hat die Ratingagentur Moody's dem südeuropäischen Land mit der Abstufung gedroht. Moody's hat erklärt, man prüfe, die Kreditwürdigkeit von der drittbesten Note "Aa2" weiter abzusenken. An einen ruhigen Sommer oder an einen Urlaub ist für den abtretenden Luis Rodríguez Zapatero nun nicht mehr zu denken, auch wenn er am Freitag vorgezogene Neuwahlen für den 20. November angekündigt hat. Zu denen wird der unbeliebte Ministerpräsident nicht mehr für seine Sozialisten (PSOE) antreten, der das Land tief in die Krise und fast fünf Millionen Landsleute in die Arbeitslosigkeit geführt hat.
Der vorgezogene Abgang Zapateros erklärt sich auch aus der Tatsache, dass sich das Land immer stärker im Zentrum eines mächtigen Strudels befindet, der es mit aller Macht in die Pleite zieht (EU-Rettungspaket verpufft wirkungslos). Die Abstufungsdrohung von Moody's hat Zapatero nun den letzten Schub gegeben, die Wahlen nicht mehr bis zum Ende der Legislaturperiode im März zu verzögern. Das war ohnehin allseits erwartet worden und auch die "Empörten" bereiten sich schon auf das Szenario vor ("Es ist keine Krise - Es ist das System"). Die Wahlen weiter zu verzögern, wäre vor allem auch für seinen Ex-Innenminister Alfredo Perez Rubalcaba fatal, der nun als Spitzenkandidat für die PSOE die heißen Kohlen aus dem Feuer holen soll. Der einstige Superminister tut derzeit so, als hätte er die Rezepte, um das Land aus der Krise zu holen, dabei stand er als Superminister und Vizeministerpräsident an der Seite von Zapatero.
Das Feuer wird aber nun immer heißer, denn die Risikoaufschläge für zehnjährige Staatsanleihen bewegen sich erneut auf eine neue Rekordmarke zu, womit der baldige Nothilfeantrag stärker auf die Tagesordnung rückt. Denn schon bevor das Land erneut abgestuft wurde, ist das für einen Teil seiner Autonomen Regionen Realität geworden. Zu nennen ist das große Katalonien, das nun von "A3" auf "BAA1" abgestuft wurde. Dort hatten sich nach den Wahlen im vergangenen Herbst große Löcher in den Kassen aufgetan, als die konservativen Nationalisten der CiU die Region wieder übernahmen.
Das Gleiche ereignete sich auch nach den Wahlen im Mai, wo es sich vor allem in Kastilien-La Mancha zeigte. Dort sind allein Rechnungen für etwa zwei Milliarden Euro offen. Abgestuft wurden aber auch Murcia und Andalusien, wo es nicht besser aussieht. Sie wurden allesamt aber erst auf A3 gesetzt, obwohl ihre Wirtschaftskraft nicht annähernd mit der Kataloniens zu vergleichen ist. Das Land hat ein Problem, weil seine Steuern nach Madrid fließen, von dort aber nur wenig Geld zurückfließt (Drohen zwischen Katalonien und Spanien belgische Zustände?).
Überall sind aber in den Büchern der öffentlichen Hand Schulden versteckt, weil kaum noch Rechnungen bezahlt werden, worauf Telepolis schon hingewiesen hatte (Die merkwürdige Abstufung Portugals). =bwohl inzwischen sogar ein Gesetz gemacht wurde, um die Zahlungsmoral zu verbessern, hat sie sich angesichts einbrechender Steuern seither sogar noch verschlimmert. Das fällt zunächst bei den offiziellen Defizitangaben nicht auf. So konnte Madrid offiziell vermelden, das Sparziel erfüllt zu haben, als das Defizit 2010 auf 9,2 Prozent gesenkt wurde. Real war es aber deutlich höher. Nun wird es also noch schwerer, es bis 2013 auf 3 Prozent zu senken, denn die Rechnungen müssen erst noch bezahlt werden. Darauf hebt auch Moody's ab, wenn sie auch auf die zunehmende Anfälligkeit der spanischen Staatsfinanzen anspielt. Doch ist hier zu fragen, warum das der Agentur erst jetzt auffällt, denn spätestens nach den Wahlen in Katalonien war klar, dass einem die spanische Defizitstatistik spanisch vorkommen muss. Dort hatten die Sozialisten Sparen gepredigt, aber der neuen Regierung im vergangenen November statt dem erwarteten Finanzloch von 4,7 sogar ein Loch mit 7 Milliarden Euro hinterlassen (Wird und will China Portugal und Spanien und den Euro retten?).
Erstaunlich ist neben der Einstufung Kataloniens, das überdurchschnittlich zur Wirtschaftsleistung des Landes beiträgt, auch die Argumentation, dass der Finanzierungsdruck auf die Südeuropäer nach dem neuen Rettungspaket für Griechenland wachsen dürfte. Dabei handelt es sich um eine selbsterfüllende Prophezeiung. Denn die Ratingagenturen bauen mit immer neuen Abstufungen Griechenlands weiter Druck auf, weil sie sich gegen die Beteiligung von privaten Gläubigern an der zweiten Nothilfe stemmen.
Spirale nach unten
Spanien wird effektiv für den Nothilfe-Antrag sturmreif geschossen, obwohl es angesichts der geringen Staatsverschuldung eigentlich an der Stelle kaum Probleme hat. Mit einer Verschuldung von gut 60 Prozent der Wirtschaftsleistung war es Ende 2010 das einzige große Euroland, das dieses Stabilitätsziel erfüllt. Ganz anders sah es in Italien (119%), Deutschland (83,2%) und Frankreich (81,7%) aus. Spanien lag auch deutlich hinter Großbritannien (80,0%), Österreich (72,3%), Malta (68,0%), die Niederlande (62,7%).
Ein zentraler Fehler von Zapatero war, mitten in der Krise auf den unsinnigen Sparkurs zu schwenken, auf den ihn die Ratingagenturen mit ersten Abstufungen geprügelt hatten, sekundiert aus Paris, Berlin und Brüssel (Spanien auf dem Weg zum Generalstreik). Die Wirtschaft kommt nicht auf die Beine, weil sie totgespart wird. Die Arbeitslosenquote von fast 21 Prozent zeugt davon. Dass sie sich im Tourismusland sogar im Juli nur um 0,4 Prozentpunkte verringert hat, weil 76.500 Arbeitslose weniger registriert wurden, zeigt, dass dem Land ein harter Herbst und Winter bevorstehen.
Auch wenn die Staatsverschuldung gering ist, werden Zinssätze, die längst über 6 Prozent liegen und sich der Absturzmarke von 7 Prozent nähern, schnell zu einem großen Problem. Die Drohung von Moody's treibt die Zinsen nun wieder deutlich an, nachdem sich die Lage nach der Griechenland-Einigung auf dem EU-Gipfel wieder etwas entspannt hatte. Seit Tagen steigen die Zinsen angesichts der bevorstehenden Zahlungsunfähigkeit der USA wieder, die aber noch immer die Bestnote AAA erhält.
Mit 335 Basispunkten über den deutschen Bundesanleihen waren spanische Anleihen am Freitag in den Handel gestartet. Im Laufe des Tages stieg die sogenannte Risikoprämie erneut auf fast 360 Basispunkte. Das sind gut 3,5 Prozent höhere Zinsen, die Spanien für seine Refinanzierung mehr aufbieten muss als Deutschland. Das Geld für den Schuldendienst fehlt wieder im Haushalt, womit der Spardruck steigt - und es fehlt natürlich auch für Ausgaben in Bildung, Infrastruktur und Sozialleistungen. Damit dreht sich die Abwärtsspirale nach dem Vorbild Griechenlands.
An die eigene Nase zu fassen, ist aber nicht die Stärke der Regierung Zapateros. Hatte sie in den letzten Wochen Deutschland für die Turbulenzen verantwortlich gemacht (Spanien weist Deutschland Schuld für Turbulenzen zu), trat nun erneut die gescheiterte Finanzministerin Elena Salgado vor und warf den Regionen vor, sie hätten für die Drohung von Moody's gesorgt. Sie hätten "Krach" geschlagen, weil sie nach der Abwahl der PSOE auf Finanzlöcher stoßen und nun über "Probleme" bei der Finanzierung klagten.