Supreme Court entscheidet gegen Bush-Regierung und Autokonzerne

Die Gründe für die Weigerung der Bush-Regierung, Obergrenzen für die Emission von Treibhausgasen bei Autos festzulegen, wurde mit einer wichtigen Entscheidung entkräftet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die Bush-Regierung, eng verflochten mit der Energie- und Ölbranche, hat nicht nur einen Krieg aufgrund der Energiepolitik geführt, sondern sich auch konsequent geweigert, Verpflichtungen zur Reduzierung von Treibhausgasen einzugehen. Man setzte mit erstaunlicher Dreistigkeit Wissenschaftler unter Druck, ließ Berichte zur Klimaveränderung überarbeiten (Maulkorb für US-Wissenschaftler), schonte zugunsten des Wirtschaft die Unternehmen und suchte möglichst lange zu verhindern, dass die durch menschliche Aktivitäten verursachte Klimaerwärmung zum politischen Thema wurde. Kürzlich erst hat sich Bush, nachdem man sich auch mit der Klimapolitik im Abseits sah, in einem offenen Brief als Verfechter des Klimaschutzes outen lassen, den er angeblich schon seit Beginn seiner Amtszeit sehr ernst genommen habe.

Allerdings hatten das Umweltministerium (EPA) und das Weiße Haus trotz aller Versicherungen, für den Schutz des Klimas zu sorgen, sich geweigert, im Clean Air Act, dem 1970 eingeführten Gesetz zur Reinhaltung der Luft, Obergrenzen für den Ausstoß von Treibhausgasen bei Autos einzuführen. Deutlich war geworden, dass das Umweltministerium überhaupt sehr wenig gemacht hat, um die im Gesetz formulierten Anforderungen umzusetzen, wie auch in einem GAO-Bericht vom Juni 2006 festgehalten wurde.

Nachdem die Bush-Regierung 2001 es zugunsten der Autoindustrie abgelehnt hatte, den Ausstoß von Treibhausgasen von Autos zu begrenzen, hatten 12 Bundesstaaten unter der Führung von Kalifornien und 13 Umweltschutzorganisationen Klage gegen die Regierung eingereicht, da das Gesetz vorschreibt, alle Stoffe, die die Luft verschmutzen und ein Risiko für die öffentliche Gesundheit und Wohlergehen darstellen, zu regulieren. Mit einer knappen Mehrheit von fünf zu vier Stimmen hat nun das Oberste Gericht die Gründe der Bush-Regierung niedergeschlagen, keine Obergrenzen für den Schadstoffausstoß neuer Autos festlegen zu können. Die Bush-Regierung leistete damit einem Verbund der Autokonzerne (GM, Ford, BMW, VW, Daimler-Chrysler, Toyota und einige weitere) Hilfe, die gerade in Zeiten der steigenden Verkäufe von spritfressenden SUVs eine Regelung ablehnten.

Forderungen war man bislang mit dem Argument entgegengetreten, das Umweltministerium habe nicht Befugnis, Obergrenzen für die Emission von Treibhausgasen zu bestimmen. Zudem wurden angebliche wissenschaftliche Gründe angeführt. So erklärte das Justizministerium, dass die Kläger nicht bewiesen hätten, dass Autoabgase von neuen Fahrzeugen in den USA tatsächlich zur Klimaerwärmung beitragen und dies "nicht von Treibhausgasen aus anderen Quellen in den USA, von Treibhausgasen aus Fahrzeugen oder anderen Quellen außerhalb den USA oder von ganz anderen Faktoren" verursacht wird. Autos geben in den USA jährlich 315 Millionen Tonnen Kohlendioxid ab. Alle Fahrzeuge in den USA haben einen Anteil an der globalen Emission von CO2 von 7 Prozent, großteils von Fahrzeugen. So war auch ein Argument der Autokonzerne, dass eine Reduzierung der CO2-Emissionen bei neuen Fahrzeugen praktisch keine "messbare" Auswirkung auf die Klimaerwärmung haben können. Überdies würde das den Konzernen Milliarden von Dollar kosten. Fahrzeuge müssten umgerüstet werden. Zudem wäre die Folge, dass die Konzerne kleinere Autos auf den Markt bringen müssten, die aber weniger Profit abwerfen.

In der Entscheidung des Obersten Gerichts heißt es, dass die Umweltbehörde sehr wohl den Ausstoß von Treibhausgasen von neuen Autos nach dem Clean Air Act regulieren könne, da diese als "Luftverschmutzung" im Sinne des Gesetzes zu verstehen seien. Allerdings, so heißt es weiter, müsse EPA dies nicht machen, wenn das Ministerium dafür eine hinreichende Begründung vorlege oder festlege, dass Treibhausgase nicht zur Klimaerwärmung beitragen. Ansonsten wies das Gericht die vom Weißen Haus aufgeführte Liste an Gründen zurück, keine Regulierung einführen zu können. So wurde angeführt, der Präsident könne deswegen keine Obergrenze festlegen, weil ihn dies behindern würde, mit "wichtigen Entwicklungsländern über die Reduzierung von Treibhausgasen zu verhandeln". Der Präsident, so heißt es in der Mehrheitsentscheidung, habe große Autorität in der Außenpolitik, das aber könne ihn nicht daran hindern, innenpolitische Gesetze umzusetzen. Überdies führte die US-Regierung an, eine Regulierung würde die wissenschaftliche Forschung und die technische Innovation behindern.

Überdies hält die Entscheiung fest, dass eine gut dokumentierte globale Erwärmung mit einer signifikanten Zunahme an Treibhausgasen einhergehe. Anerkannte Wissenschaftler würden eine Verbindung zwischen diesen beiden Sachverhalten sehen. Die Folgen der Klimaerwärmung seien "ernst und gut bekannt" und stellen eine globale und lokale Bedrohung dar. Auch wenn eine Reduzierung der Treibhausgase die Klimaerwärmung nicht umkehren könne, so würde eine nationale Reduzierung dennoch diese verlangsamen, unabhängig davon, was in anderen Ländern geschieht. Zudem habe das Umweltministerium auch nicht bestritten, dass es einen Zusammengang zwischen Klimaerwärmung und dem Ausstoß von Treibhausgasen gebe.

Die Allianz der Autokonzerne hatte sich auf die Entscheidung schon vorbereitet und fordert nun, eine nationale Klimapolitik, da bislang die Autoindustrie die einzige Branche mit CO2-Auflagen gewesen sei. Man würde aber konstruktiv mit dem Kongress und der Regierung zusammenarbeiten und habe sowieso schon viel gemacht, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren.

Nach dem zweiten Teil des Berichts des Welt-Klimarats (IPCC), der gerade in Brüssel tagt, ist die Erwärmung nicht mehr rückgängig zu machen. Die Folge werde ein großes, wenn nicht dramatisches Artensterben sein. Über 3 Milliarden Menschen würden bis 2080 an Wasserknappheit, über eine halbe Milliarde an Hunger leiden. Zahlreiche Regionen würden vom steigenden Meereswasser bedroht werden. Der Bericht wird am Freitag veröffentlicht.