Taiwan unter Belagerung: Beijing zieht die Schlinge zu

Seite 2: Die USA benötigen mindestens einen Monat

Es ist wohl auch das Wissen um diese Umstände, die Admiral Samuel Paparo, Leiter des US-Kommandos für den Indopazifik zu der Bemerkung veranlassten, er wolle die Straße von Taiwan mittels Drohnenschwärmen "in eine unbemannte Höllenlandschaft verwandeln".

Interessanterweise kündigte Paparo damit aber keine Revolution der Seekriegsführung an, sondern lediglich eine Maßnahme um der Volksbefreiungsarmee das Leben "einen Monat lang" gründlich zu vermiesen, "was mir die Zeit für den Rest verschafft" – also für den Aufmarsch US-amerikanischer und verbündeter Kriegsschiffe.

Doch nicht alle Beiträge in dieser Debatte bestehen aus US-amerikanischen Spekulationen und Projektionen. Manchmal kommen auch aus Beijing Stellungnahmen zu dem Thema – und die bergen dann Überraschungen. In einer Reaktion auf Paparo hat China enthüllt, dass es sich in der Lage sieht, Taiwan nur mittels Drohnen zu blockieren.

Die PLA rechnet eine Blockade nur mittels Drohnen durch

Die South China Morning Post berichtet, dass die PLA eine Simulation einer Inselblockade nur mittels Drohnen bereits detailliert ausgearbeitet und durchgerechnet hat.

Demnach hat die Volksbefreiungsarmee (PLA) bereits im Juni eine entsprechende Studie veröffentlicht. Das Ziel des in dem Papier beschriebenen Kampfeinsatzes bestand darin, eine Blockade zu errichten und eine unbenannte Insel zu kontrollieren, deren schmale Form allerdings dem Umriss Taiwans ähnelte.

Die Insel war mit einer großen Anzahl von Flugabwehrraketenwerfern befestigt, während feindliche Kriegsschiffe und U-Boote in den umliegenden Gewässern kreuzten.

Man gehe davon aus, dass eine unbemannte Ausrüstung Vorteile wie einen geringen Verschleiß, niedrigere Kosten und minimale Verluste biete. Auch wolle man "die Zyklen der Aufklärung, Identifizierung, Entscheidungsfindung und des Angriffs durch die Integration unbemannter Gruppen in einen systematischen Krieg beschleunigen" und so "die Gesamteffizienz des Kampfes erhöhen", schreiben die Wissenschaftler der PLA., die von der Nationalen Universität für Verteidigungstechnologie und der renommierten Tsinghua-Universität unterstützt wurden.

Vier Arten von Drohnen im simulierten Einsatz

In der Simulation habe die PLA vier Arten von Drohnen eingesetzt: Große und mittelgroße Drohnen mit guter Ausdauer sowie Aufklärungs- und Angriffsfähigkeiten wurden von chinesischen Militärstützpunkten auf dem Festland aus gestartet. Ihre Aufgabe war es, mobile Bedrohungen bei jedem Wetter sofort zu erkennen, zu identifizieren und anzugreifen.

Ergänzt wurden diese durch kleine Aufklärungs- und Kampfdrohnen, die von Schiffen gestartet werden. Sie sollten verborgene Ziele aus der Nähe zu beobachten und feindliche Radare ausschalten.

Man habe zahlreiche Gefechtsszenarien simuliert und festgestellt, dass der Einsatz von mehr oder leistungsfähigeren Drohnen nicht unbedingt zu besseren Ergebnissen führt. Demnach war es ab einem bestimmten Schwellenwert möglich, die Insel und die umliegenden Gewässer effektiv zu kontrollieren, die Streitkräfte der Insel zu unterdrücken und Hilfe von außen zu vereiteln.

Atomwaffen-Kontrollverhandlungen ausgesetzt

Eine weitere Erhöhung der Zahl der patrouillierenden Drohnen würde die Kampffähigkeit zwar noch verbessern, aber die Veränderung sei nicht mehr signifikant, meinen die PLA-Forscher. Sie beabsichtigen nun, die Ergebnisse der Simulation in der realen Welt zu überprüfen. "Eine Kriegsführungsstrategie ohne tatsächliche Erprobung kann letztlich nur leeres Gerede sein … ein Luftschloss", heißt es in der Studie.

Wie ernst Beijing das Thema Taiwan nimmt, lässt sich auch daran ablesen, dass China die Atomwaffen-Kontrollverhandlungen mit den USA ausgesetzt hat, weil Washington Taiwan weiterhin mit den unterschiedlichsten Waffen aller Gattungen beliefert. Man sei bereit, zu verhandeln, aber als Vorbedingung müsse Washington die Kerninteressen Chinas respektieren.

Vielleicht kommt doch noch alles anders

Aber vielleicht kommt ja alles noch ganz anders. Gerade erst hat der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump festgestellt, dass die USA ihr Chipgeschäft an Taiwan verloren hätten und die Insel jetzt für die Verteidigung gegen China zahlen solle. Er fügte hinzu, dass "wir nicht anders als eine Versicherungsgesellschaft sind".

Und Trump merkte an, dass ein Krieg mit China direkt vor der chinesischen Küste und Tausende Kilometer von den USA entfernt kaum Aussicht auf Erfolg verspricht: Taiwan ist 9.500 Meilen (ca. 15.289 km) entfernt. Es ist 68 Meilen (ca. 109 km) von China entfernt. Ein kleiner Vorteil, und China ist ein riesiges Stück Land, sie könnten es [Taiwan] einfach bombardieren. Dazu brauchen sie nicht einmal ‒ ich meine, sie können buchstäblich einfach Granaten schicken. Diese Aussagen haben auf der Insel für erhebliche Unruhe gesorgt.