"Terrorism now comes in Stars and Stripes"

Seite 3: "Kein Gesetz verbietet es, Krieg zu spielen!"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Immerhin brisant in seiner Themenwahl ist The Patriot (USA 1998) von Dean Semler. Nahe einer Kleinstadt in Nebraska hat sich ein Milizenanführer mit seinen rechtsextremistischen Anhängern verschanzt. In die Hände dieser Leute ist ein staatlicher Posten mit Viren aus den Bio-Kampfstoff-Laboratorien der US-Regierung gelangt, ebenso ein Sortiment mit passendem Antikörper-Serum.

Die Miliz übt sich im Bio-Krieg und verseucht die ganze Kleinstadt. Das FBI erklärt die Stadt unter Kriegsrecht-Bedingungen zum Speergebiet. Da es sich um eine mutierte Virenvariante handelt, sind auch die Anti-Toxine in der Hand der Terroristen letztlich wirkungslos. Als Retter in der Not bietet sich ein phantastischer Held mit indianischer Herkunft an: Dr. Wesley McClaren. Er ist Cowboy, Landarzt und ehemaliger Wissenschaftler aus dem Bereich der Biowaffen-Forschung. Als Einzelkämpfer erledigt er kurzerhand die noch lebenden Terroristen. Als Heilmittel gegen die resistenten Viren findet er eine alte Medizin seiner Vorfahren (Wildblüten-Tee).

Die Anschauungen des Milizenführers werden im Film wie folgt deutlich: Er möchte auf seinem Land - frei von allen Bundesgesetzen - machen können, was er will. Scheinheilig verteidigt er seine kriminelle Bürgerwehr: "Kein Gesetz verbietet es, Krieg zu spielen!" Seine Anhänger begeistert er mit einem Zitat von Thomas Jefferson: "Der Baum der Freiheit muss von Zeit zu Zeit mit dem Blut von Patrioten und Tyrannen gedüngt werden." (Nach dem Sturz von Allende am 11. September 1993 erklärte ähnlich lautend der chilenische Diktator Pinochet: "Die Demokratie muss gelegentlich in Blut gebadet werden.") Zustimmung findet bei McClaren auch die Feststellung: "Es gibt nur Platz für hundertprozentigen Amerikanismus und nichts anderes." (Roosevelt)

Für die Miliz sind die "hilflosen Regierungs-Heinis, die ihre Treue den Vereinten Nationen geschworen haben, keine Amerikaner!" - Die Thematisierung der us-amerikanischen Bio-Waffen im Film ist nicht einfach aus der Luft gegriffen: "1995 wurde die - in den USA völlig legale - Lieferung von Pest-Erregern (Yersinia pestis) an den Mikrobiologen Larry Wayne Harris, Ex-Mitglied der Aryan Nations, im letzten Moment gestoppt." (Thomas Grumke 2002)

"Bruderschaft der Freiheit"

Wenige Jahre später wurde man durch The Patriot zudem an die - einzelnen Milzbrandfällen folgende - Anthrax-Kampagne nach dem "Elften Neunten" erinnert, die in der ganzen westlichen Welt Panik erzeugte und schließlich im Sande verlief, nachdem ab Ende November 2001 Presseberichte über die Verdächtigung eines US-Biowaffenexperten erschienen waren. Die Spurensuche nach fünf Todesfällen führte nicht zu "Al Qaida", sondern in Einrichtungen des US-Staates.

Der Spielfilm Militia (USA 2000) hatte zu diesem Zeitpunkt bereits fiktiv gezeigt, wie eine Ampulle mit Anthrax aus US-Regierungslabors in die Hände einer rechtsradikalen "Bruderschaft der Freiheit" gelangt: "Terrorism now comes in Stars and Stripes!" Diese Bruderschaft weißer Angelsachsen fürchtet eine "neue Weltordnung", in deren Rahmen die UNO die Regierung in Washington korrumpiert und fremde NATO-Truppen verfassungswidrig innerhalb der USA stationiert werden. Sie ist antisemitisch, betrachtet den Indianerjäger General Custer als historisches Vorbild und verficht ein Recht auf "Selbstverteidigung" mit automatischen Waffen.

Die vermeintlichen "Dorftrottel arbeiten mit Internet und haben alle eine Ausbildung bei der U.S. Army absolviert". Einer der rechten Top-Helden war acht Jahre lang im Mekong-Delta als Soldat eingesetzt. Die Antiterror-Force der US-Regierung geht mit rigorosen Militäreinsätzen gegen Stützpunkte der Bruderschaft vor, wobei sie offenbar auch den Tod Unschuldiger in Kauf nimmt.

Die Terroristen sind ihrerseits bereit, mit einer Anthrax-Rakete alle Teilnehmer eines NATO-Gipfels und die Hälfte der Bevölkerung von L.A. zu töten. Sie wollen ausdrücklich eine Einschränkung der Bürgerrechte durch die Regierung provozieren, weil sie sich davon eine Verbreiterung ihrer Basis erhoffen. Ein Kollaborateur liefert ihnen Militärinformationen zur Raketenabwehr am Pentagon und anderen großen Regierungsgebäuden. Der US-Präsident muss seine Rede auf dem NATO-Gipfel unterbrechen. Erst in letzter Minute kann die Waffe der Bruderschaft entschärft werden.

"Fürchte deinen Nachbarn!"

Dem Sprengstoffattentat von Oklahoma kommt das Drehbuch von Arlington Road (USA 1999) wohl am nächsten. Der ursprünglich vorgesehene Titel enthielt die paranoide Botschaft: "Fürchte deinen Nachbarn!"

Zum Plot: Michael Faraday ist Dozent für Terrorismus an der George Washington University und untersucht mit besonderer Vorliebe Netzwerke der Verschwörung. Seine Ehefrau war FBI-Beamtin und wurde bei einem Einsatz gegen das Quartier einer rechten Bürgermiliz erschossen. Eines Tages bekommt er neue Nachbarn. Obwohl Freunde - darunter ein FBI-Mitarbeiter - ihn für paranoid erklären, hält Faraday daran fest, dass mit dieser netten Familie und ihren anständigen Gästen etwas nicht stimmt.

Tatsächlich plant der Nachbar Oliver Lang mit seinem Netzwerk einen Bombenanschlag auf den Gebäudekomplex des FBI. Zum Transport der Bombe benutzt er den nichts ahnenden Faraday, der wie viele andere den Tod findet und in der Presse auch noch als verrückter Täter des Sprengstoffattentates präsentiert wird.

Zum sozialen Hintergrund des rechten Terroristen Lang gibt es einen Hinweis auf dessen Kindheitsgeschichte. Bundesbehörden haben das Land seines Vaters und anderer Farmer für ein öffentliches Projekt enteignet. Das hat den Vater in den wirtschaftlichen Ruin und in den Selbstmord getrieben. Seitdem arbeitet Lang mit wechselnden Identitäten gegen den Staat.