US-Präsident kann weiterhin Menschen unbegrenzt inhaftieren

Aufgrund eines juristischen Manövers hat das Oberste Gericht der USA nicht entschieden, ob der US-Präsident willkürlich Menschen in den USA ohne Anklage einsperren darf

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Die Obama-Regierung hat es vorerst erreicht, ein Urteil des Supreme Court zu verhindern, das darüber entscheidet, ob der Präsident der USA das Recht besitzt, einen Menschen, der sich rechtmäßig in den USA aufhält, auf unbegrenzte Zeit inhaftieren zu dürfen.

Es geht um "Ali Saleh Kahlah Al-Marri, der 2001 mit einem gültigen Visa als Student festgenommen wurde, weil er in Verbindung mit al-Qaida gestanden sein soll. 2003 wurde er zum feindlichen Kämpfer umgewidmet, um ihn der US-Justiz zu entziehen, und dann vom Militärohne Anklage festgehalten. Al-Marri ist damit der einzige Mensch, der in den USA durch die unter Bush eingeführte Willkürjustiz festgehalten wurde. Im Juli 2008 hat ein US-Berufungsgericht im Widerspruch zu allen rechtsstaatlichen Prinzipien dem Präsidenten die legitime Macht eingeräumt, al-Marri ohne Anklage oder Gerichtsverfahren auf unbegrenzte Zeit einsperren zu dürfen Die Anwälte zogen daraufhin vor der Oberste Gericht (Rechtliche Manöver und vollmundige Versprechungen).

Um eine Entscheidung zu vermeiden, ergriff die Obama-Regierung die Initiative und erhob Klage gegen al-Marri, wodurch er nicht mehr als "feindlicher Kämpfer" gilt. Der Supreme Court begründete seine Entscheidung nicht lange, sondern teilte in wenigen Zeilen mit, dass der Einspruch von al-Marri abgewiesen und die Übergabe des Gefangenen vom Militär an die Generalstaatsanwaltschaft rechtens sei.

Das Oberste Gericht drückte sich damit um eine Entscheidung und wies den Fall an das Berufungsgericht zurück mit der Empfehlung, dass sich die Frage nicht mehr stelle, weil al-Marri ja nun angeklagt wurde. Für die Obama-Regierung hält diese Nicht-Entscheidung die Möglichkeit offen, die Willkürjustiz für Menschen, die als "feindliche Kämpfer" eingestuft werden, fortzusetzen. Ähnlich hatte man sich auch die Möglichkeit offen gehalten, weiterhin Verschleppungen ausführen zu können.

Die Frage ist nun, ob das Weiße Haus mit dieser Strategie Zeit gewinnen will, um die unter Bush eingeführte Praxis gegenüber Terrorverdächtigen oder Aufständischen in anderen Ländern entscheidend zu verändern bzw. zu beenden, oder ob man sie beibehalten und rechtlich neu regeln will. Die Zeichen sprechen jedoch dafür, dass Obama sich hier durchmogeln und die Möglichkeit offen halten will, willkürlich Menschen auf unbegrenzte Zeit wegsperren zu können. Nachdem sich der Supreme Court gedrückt hat, liegt es an der Obama-Regierung, ob sie die Ausnahmen der Rechtsstaatlichkeit beenden oder weiter führen will, also ob sie die Macht des Präsidenten beschränkt oder das unter Bush eingeführte Ausnahmerecht bestätigt.