Ukraine: Kriegsverbrechen als Wimmelbild
- Ukraine: Kriegsverbrechen als Wimmelbild
- Lwiw
- Lwiw nach Kiew
- Kiew
- Die USA hatten gewarnt
- Journalisten und ihre Hotels
- Kiew jetzt
- Auf einer Seite lesen
Beobachtungen auf dem Weg von Berlin nach Kiew
"Ich muss morgen nach Kiew, kommst du mit?" – fragt mich Fidelis Cloer, der seit dreißig Jahren gepanzerte Fahrzeuge entwickelt, baut und vertreibt. Etwas spontan, aber warum nicht?
Am nächsten Morgen war alles gepackt und wir saßen im Auto Richtung Ukraine. Dabei machte die Kleidung den geringsten Teil des Gepäcks aus. Der Großteil waren schusssichere Westen und Helme für uns sowie für Kollegen vor Ort, die, warum auch immer, ohne ausreichendes Equipment angereist waren.
Nach dem Abwägen der Optionen entschieden wir uns, mit dem Auto zu fahren. Die Taschen und Koffer füllten den Bereich bis hinter die vorderen Sitze. Von Berlin aus sollte es elf Stunden dauern, bis wir Lwiw in der Ukraine erreichen. Der Weg war bis zur polnisch-ukrainischen Grenze wenig ereignisreich. Dort gab es nur eine kurze Schlange für private PKW. Außer uns waren einige weitere Presse-Fahrzeuge sowie diverse Fahrzeuge von Rettungsdiensten zu sehen.
In der Gegenrichtung sahen wir permanent kleine Gruppen von flüchtenden Personen. Meist Mütter mit ihren Kindern. Die ukrainischen Grenzschützer brachten sie bis zur eigentlichen Grenze, dort wurden sie von polnischen Kollegen übernommen und mit Suppe versorgt, bis sie den Shuttlebus nehmen konnten, welcher sie weiterbrachte.
Ein älterer Herr, welcher Probleme beim Laufen hatte, wurde von einer ukrainischen Grenzschützerin gestützt, bis sie ihn an einen polnischen Kollegen übergeben konnte, welcher ihm weiterhalf. Traurig zu sehen, wie dieser alte Mann allein fliehen muss. Gut zu sehen, dass ihm Menschen so helfen.
Der Grenzübertritt besteht aus der Ausreise aus Polen, der Passkontrolle und der Zollkontrolle in der Ukraine. Die Ausreise war unproblematisch, bei der Einreise wurden unsere Ausweise genau geprüft und das Gepäck einer Sichtprüfung unterzogen.
Alles in allem waren wir nach einer Stunde eingereist, was für eine solche Situation schnell ist. Um 21:30 Uhr erreichten wir unser Hotel in Lwiw, nur 30 Minuten vor der Ausgangssperre, welche bis sechs Uhr morgens ging.
Von Lwiw nach Kiew (9 Bilder)
Bereits vor der Einreise hatten wir uns die App installiert, welche uns vor Luftangriffen warnen sollte. Diese ging auch los, als wir das Zimmer betraten. Die Sirenen in der Stadt heulten los. Doch es schien niemanden zu stören. Niemand rannte aus seinem Zimmer, keine Bewegung auf den Straßen. Man gewöhnt sich eben an alles. So blieben wir auch im Zimmer und bewegten uns nicht in den Schutzraum.
Sollte jedoch ein Angriff erfolgen, hat man wenig Zeit zu reagieren. Also schlafen wir komplett angezogen und wägten ab, ob wir mit Schuhen schlafen sollten, oder nicht. Rückblickend war dies in Lwiw nicht nötig.
Aber in anderen Kriegsgebieten, in denen wir waren, waren es die entscheidenden Sekunden, um rechtzeitig im Schutzraum zu sein. Weste und Helm standen so griffbereit, dass wir sie beim Herausrennen greifen konnten.
Das medizinische Equipment ist an der Weste befestigt. Es gibt dort keine Bunker. Man rennt einfach in den Keller. Diese bieten keinen Schutz vor einem Volltreffer, aber vor Trümmerteilen und zerberstenden Fenstern.