"Verletzung des zwischen Staaten geltenden Interventionsverbots"
- "Verletzung des zwischen Staaten geltenden Interventionsverbots"
- Zur russischen Anerkennung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk in der Ost-Ukraine
- 2. Souveränität der Ukraine
- 3. Sezession und Selbstbestimmungsrecht
- 4. Anerkennung der "Volksrepubliken" im Donbas
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Telepolis dokumentiert: Gutachten des Bundestags zum russischen Angriff auf die Ukraine, die Unabhängigkeit der Volksrepubliken und die Kosovo-Politik der Nato
Nach einem ersten Bericht über die völkerrechtliche Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags über den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine und die Abspaltung der sogenannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine dokumentiert Telepolis exklusiv den Gesamttext der Einschätzung.
Die Analyse von zwei Expertinnen des Bundestags war von mehreren Bundestagsabgeordneten in Auftrag gegeben worden. Mindestens drei Abgeordnetenbüros hatten sich nach Telepolis-Informationen explizit nach einem Vergleich zwischen Unabhängigkeitserklärung sowie Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken im Osten der Ukraine vor wenigen Wochen und der Anerkennung der einstigen serbischen Provinz Kosovo durch Nato-Staaten im Jahr 2008 erkundigt.
Eine direkte Antwort auf diese Frage vermeiden die Verfasser des Gutachtens. Sie machen in der Einschätzung aber implizit deutlich, dass sich sowohl die Nato mit ihrer Kosovo-Politik als auch Russland in diesem Jahr Rechtsverstößen schuldig gemacht haben.
Spätestens die Angriffskriege der Nato auf Serbien im Jahr 1999 sowie der andauernde Angriffskrieg Russlands gegen die benachbarte Ukraine stellen ohnehin eine Verletzung des völkerrechtlichen Gewaltverbots dar.
"Die Anerkennung der sogenannten Volksrepubliken als vermeintliche Staaten verletzt nach Artikel 2, Absatz 1 der UN-Charta) die territoriale Integrität der Ukraine", führte Roman Schmidt-Radefeldt vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags das Gutachten der Autorinnen aus, die von dem Parlamentsdienst seit einigen Jahren grundsätzlich nicht mehr namentlich genannt werden.
"Mit der Anerkennung spricht Russland der ukrainischen Regierung implizit das Recht ab, die Gebiete, also Oblaste Donezk und Luhansk weiterhin als Teil des ukrainischen Staatsgebietes zu behandeln", so Schmidt-Radefeldt weiter: "Darin liegt dann auch ein Verstoß gegen den Nichteinmischungsgrundsatz."
Telepolis-Chefredakteur Harald Neuber betonte die Bedeutung einer Versachlichung der Debatte: "Wir haben exklusiv über das Gutachten aus dem Bundestag berichtet und dokumentieren es heute in voller Länge, weil es deutlich macht, inwieweit das seit dem Zweiten Weltkrieg etablierte Völkerrecht inzwischen gebeugt wird."
Dies gelte heute für das russische Vorgehen in der Ukraine ebenso wie die von zahlreichen Völkerrechtlern als Angriffskrieg gewertete massive Intervention der Nato gegen Serbien im Konflikt dem den Kosovo-Separatisten im Jahr 1999 in die spätere Anerkennung der einstigen serbischen Provinz als eigenständigen Staat.