"Verletzung des zwischen Staaten geltenden Interventionsverbots"

Seite 2: Zur russischen Anerkennung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk in der Ost-Ukraine

1. Einführung

Der russische Präsident Wladimir Putin erklärte am 21. Februar 2022 die Anerkennung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine.1 Die russische Anerkennung der Separatistengebiete wurde international als "grobe Verletzung des Völkerrechts" scharf verurteilt.2 Auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) hat die russische Anerkennung der Gebiete in der Ost-Ukraine in der Tradition ihrer Uniting for Peace Resolution – 377 (V) von 1950 – am 2. März 2022 mit der Zustimmung von 141 Staaten – bei 35 Enthaltungen und nur fünf Gegenstimmen – als Verletzung der territorialen Unversehrtheit und Souveränität der Ukraine verurteilt und Russland zur unverzüglichen, bedingungslosen Rücknahme der Entscheidung aufgefordert.3 Die Völkerrechtswissenschaft zeigt sich in dieser Frage ebenso einig.4

Im Folgenden wird die russische Anerkennung der Separatistengebiete im Donbas aus völkerrechtlicher Sicht bewertet und eingeordnet. Dabei wird zunächst dargelegt, dass die Souveränität der Ukraine durch die vom russischen Präsidenten historisch begründeten Gebietsansprüche völkerrechtlich nicht in Frage gestellt wird (2.). In einem weiteren Schritt wird auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Kontext der zum Gebiet der Ukraine gehörenden selbsternannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk eingegangen und erläutert, dass ein Sezessionsrecht abzulehnen ist (3.). Schließlich wird aufgezeigt, dass die russische Anerkennung der Separatistengebiete in der Ost-Ukraine völkerrechtswidrig ist (4.). Die Anerkennung der "Volksrepubliken" ist auch Teil des russischen Rechtfertigungsnarrativs für den Angriffskrieg gegen die Ukraine, der jedoch nicht Gegenstand dieser Ausarbeitung ist.