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Seite 2: Ukraine-Krieg und Pazifismus: Prinzipien brechen, um sie zu wahren?

Der Fernsehjournalist und Klimaaktivist Franz Alt hat dieser Tage auf Telepolis eine Neuausrichtung der Friedensbewegung gefordert. Ein "Real-Pazifismus" müsse die Notwendigkeit anerkennen, der Ukraine Waffen zu liefern und gegen die russische Invasion zu kämpfen. Dem gegenüber stehe ein die Realität leugnender "Fundamental-Pazifismus".

Telepolis-Leser Ralf Böhm kritisiert Alts Thesen in eine Zuschrift. "Ich finde es erstaunlich, wie viele Varianten des Pazifismus Sie kennen. Ich selbst kenne nur eine und die lautet wie folgt: Eher gehe ich ins Gefängnis oder lasse mich selbst erschießen, als dass ich jemanden anders erschieße."

Böhm greift Alts Bezug auf die christlichen Wurzen des westlichen Pazifismus auf und schreibt: "Diesen Pazifismus sehe ich als logische Konsequenz eines konsequent gelebten Christentums an. Und so wie man das Christentum niemanden aufdrängen oder befehlen kann, so kann man auch den Pazifismus niemanden aufdrängen oder befehlen." Und weiter:

(…) Wollen wir selbst mit Waffen bedroht werden? Was würde ich mir wünschen, was mein vermeintlicher Feind tun sollte? Vielleicht abrüsten? Christlich wäre es dabei auch, den ersten Schritt tun, und nicht darauf zu warten, dass der andere ihn tut. Wer um die Kraft der Gedanken weiß, wer weiß dass alle Gedanken zur Realisierung drängen, dem erscheint das Motto "Wenn du Frieden willst, rüste für den Krieg!" als der reine Wahnsinn. (…)

Und so wie das Römische Reich ein Verfallsdatum hatte, so ist auch eine Menschheit, die jedes Jahr ca. 2.000 Milliarden US-Dollar für das Militär ausgibt, auf Dauer nicht überlebensfähig. Wieviel Gutes könnte man mit diesem Geld tun, dass nun aber fehlt oder sogar erheblichen Schaden anrichtet, der mit noch vielmehr Geld repariert werden muss? Sind nicht alle Militärausgaben letztendlich eine Investition in Zerstörung, Leid und Tod?

"Was du säst, wirst du ernten" ist nicht nur eine Erkenntnis des Christentums, sondern wird auch in anderen Kulturen dieser Welt als ein geistiges Gesetz akzeptiert, oft auch in Verbindung mit dem Glauben an eine mögliche Reinkarnation. (…)

Ist unser Feind tatsächlich nur böse und wir selbst sind ausnahmslos gut? Oder sehen wir vielleicht nur den Splitter in seinem Auge und nicht den Balken in unserem eigenen? Wie ist es überhaupt dazu gekommen, dass er unser Feind geworden ist? Haben wir keine Fehler gemacht? (…)

Nach einem Krieg gibt es selten einen Sieger. Meistens sind die materiellen und seelischen Verluste auf beiden Seiten so groß, dass auch der vermeintliche Sieger letztendlich ein Verlierer ist.

Sie schreiben: "Kurzfristig "Frieden schaffen mit Waffen", um das langfristige Ziel "Frieden schaffen ohne Waffen" zu erreichen. Das wäre ein differenzierter Pazifismus – ich nenne ihn Real-Pazifismus im Gegensatz zu Fundamental-Pazifismus." Ist das nicht genau die kirchliche Rechtfertigungslehre des Krieges, die wir seit Kaiser Konstantin haben und die zur Friedenslehre Jesu in einem krassen Widerspruch steht?

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