WM 2022: Besser-Wessis klar unterlegen
Seite 2: Fußball-WM: Boycott Germany!
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Es war eine kurze Szene nach dem Sieg der Argentinier bei der diesjährigen Fußball-Weltmeisterschaft der Männer: Mit dem Siegerpokal in der Hand lief der Kapitän der argentinischen Nationalelf, Lionel Messi, mit gebeugten Knien an seinen Teamkollegen vorbei, dann richteten sie sich jäh auf und streckten jubelnd die Arme in die Höhe.
Haben wir das richtig gesehen? Hatten wir ein Déjà-vu? Ja und – ja, irgendwie: Es war offenbar eine ironische Anspielung an den deutsch-überheblichen "Gaucho-Tanz" führender Spieler unserer Nationalelf 2014 an der Fanmeile vor dem Brandenburger Tor in Berlin.
Am europäischen Sonntagabend also die kurze Replik des argentinischen Star-Spielers, die zeigte: Am Rio de la Plata hat man das unsportliche Nachtreten der Deutschen vor acht Jahren keineswegs vergessen. Damit war dann aber auch gut und in Doha wurde fulminant weitergefeiert.
Die Szene warf ein Schlaglicht auf die Hybris und Doppelzüngigkeit, mit der man in westliche Staaten globalen Sportereignissen begegnet, die man dort offenbar als für sich gepachtet erachtet. Und darauf, wei diese Haltung von außen wahrgenommen wird.
Mit dem Eurozentrismus zumindest hat – bei allen bestehenden Problemen des Gastgeberlandes – diese WM radikal gebrochen: Ein arabisches Land hat das Turnier am Ende recht ordentlich ausgerichtet, eine lateinamerikanische Mannschaft hat gewonnen. Und wie gehen die Deutschen? Ja, nach Hause eben. Ob gebückt oder aufrecht – das interessierte kaum mehr.
In Deutschland hatte der Fußball über Strecken dieser WM hinweg ohnehin nur eine untergeordnete Rolle gespielt; mehr Player hatte scheinbar eine politische Kampagne gegen das Ausrichterland, dem die deutsche Innenministerin Nancy Faeser (SPD) medienwirksam belehrend mit Regebogen-Armbinde entgegentrat, während ihr Kabinettskollege Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) mit Doha Energiedeals aushandelte. Ganz ohne One-Love-Armbinde freilich.
So fühlt sich mancher in Deutschland nach Ende dieser Männer-WM im Fußball zwar sportlich geschlagen, aber moralisch im Recht. Das gilt vor allem für die politische Linke. "Ich darf verkünden kein einziges Spiel dieser WM gesehen zu haben und stolz drauf zu sein", twitterte ein abgewählter Ex-Bundestagsabgeordneter der Linkspartei. Er sprach damit – Interpunktionsfehler eingeschlossen – gleichsam im Namen der deutschen Weltbelehrer, deren Attitüde dem ZDF rund 40 Prozent weniger Einschaltquoten beschert hat.
Das mag gut für das eigene Gefühl sein. Die Welt hat es nicht verändert oder auch nur interessiert. Noch nicht einmal das Nachbarland Frankreich. Dort sahen beim Sender TF1 im Durchschnitt 14,32 Millionen Menschen das 3:1-Achtelfinale gegen Polen – fast zwei Millionen mehr als das Achtelfinale 2018 gegen Argentinien.
In den USA hatten die Sender Fox Sports und Telemundo, die das Turnier auf Englisch bzw. Spanisch übertrugen, einen starken Start hingelegt. Das Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Katar und Ecuador war dort von rund sieben Millionen Menschen live verfolgt worden, ein Anstieg von 164 Prozent gegenüber dem WM-Auftakt 2018 zwischen Russland und Saudi-Arabien.
In Asien, konkret Japan und Südkorea, verzeichnete die Fifa gegenüber 2018 Zuschauerzuwächse von 74 Prozent bis 97 Prozent. Die BBC meldete beim Viertelfinale der britischen Elf gegen Frankreich (1:2) einen Peak von 21,31 Millionen Zuschauern. Und die beIN MEDIA GROUP, von der die Spiele in den arabischen Staaten und Nordafrika übertragen wurde, meldete eine Milliarde Zuschauer für die Eröffnungszeremonie und die erster Gruppenrunde.
Boykott Katar? Diese Zahlen sprechen eine andere Sprache. Offenbar hat sich Deutschland bei dieser Weltmeisterschaft der Männer wieder einmal selbst boykottiert, das aber kennen wir ja auch aus ganz anderen Bereichen. Dennoch fühlt man sich hierzulande gut und im Recht. Als kollektiver Besser-Wessi sozusagen. Entschieden hat am Ende aber der Besser-Messi.
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