Wann beenden wir endlich die Party der Rüstungskonzerne?

Seite 2: Kriegsindustrie als eigener mächtiger Staat

Und dieses Rad wird national und global immer größer, dank der geschürten Konflikte, militärischen Auseinandersetzungen und Kriege.

Nicht nur Deutschland (siehe das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen) und die USA steigerten die Verteidigungsausgaben stark. Im Jahr 2022 stiegen die weltweiten Militärausgaben auf den Rekordwert von 2,24 Billionen Dollar, wie das Friedensforschungsinstitut Sipri berichtet.

Das ist eine Summe, die auf dem Weg ist, fast das Bruttoinlandsprodukt von Frankreich zu umfassen. Die Militär- und Kriegsindustrie ist längst zu einem eigenständigen mächtigen Staat auf diesem Planeten mutiert.

Europa lag mit einem Plus von 13 Prozent an der globalen Spitze. Allein die EU-Mitgliedsstaaten gaben 270 Milliarden Euro aus, so viel wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr, während die EU viele Milliarden an Militärhilfe an die Ukraine bereitstellte.

Der militärisch-industrielle Komplex wuchert

Russland steigerte die Rüstungsgelder um rund neun Prozent auf 86,7 Milliarden Dollar. China erhöhte sein Budget um gut vier Prozent auf 292 Milliarden Dollar, ein Drittel von dem, was die USA ausgeben.

Aber nicht nur Kriege sind gut fürs Geschäft. Auch an der militarisierten Grenzschutz verdienen Militär- und Sicherheitsunternehmen, während es ihre Waffen und Munition sind, die die Flüchtlings- und Migrationskrisen erzeugen, gegen die man sich in den reichen Ländern dann mithilfe der gleichen Unternehmen schützt, alles zulasten der Steuerzahler.

Es ist zu befürchten, dass die Macht des sogenannten "militärisch-industriellen Komplexes" in den nächsten Jahren nicht schwächer werden wird, außer, es wird politisch gegengesteuert. Denn die Kriegsbefürworter dominieren im Moment in vielen Ländern Politik, Medien und die öffentliche Agenda.

Und dann ist da die Rüstungslobby, die Politiker nicht nur in den USA fest im Griff hat. Auch in Europa, in Deutschland sind ihre Einflussnahmen deutlich zu spüren.

Die Stunde der Rüstungslobbyisten

So sind deutsche Rüstungsfirmen mit großen Lobbybüros in Berlin vertreten und halten enge langjährige Beziehungen zu Ministerialbeamten und Abgeordneten, wie das Lobbyregister zeigt. Zudem gibt es den sogenannten "Drehtür-Effekt", bei dem Vertreter von Waffenherstellern in die Politik wechseln und andersherum.

Der Bereich ist darüber hinaus hoch "korruptionsgefährdet", wie Transparency International feststellt. Den Vorwurf der Bereicherung macht der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), zwar niemand. Aber sie ist verbandelt mit der Rüstungslobby.

In ihrem Wahlkreis Düsseldorf hat Rheinmetall seinen Konzernsitz. Sie ist Präsidiumsmitglied in der Lobbyorganisation "Förderkreis Deutsches Heer e.V." (FKH) und der "Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik" (DWT).

Ein Schuft, der Böses bei Strack-Zimmermanns ständigen Rufen nach noch mehr Waffen denkt.

Statt sozialgrün olivgrün

In der EU setzt man ebenfalls auf politische Militarisierung. Während die Rüstungsindustrie boomt, mit dem Trend zur Kriegswirtschaft, zitiert EU-Außenamtschef Josep Borrell den lateinischen Spruch "Si vis pacem, para bellum", "Wenn man Frieden will, muss man sich auf den Krieg vorbereiten", während die EU-Kommission zum ersten Mal eine "Defense Industrial Strategy" ("Industriestrategie für den Verteidigungsbereich") vorgelegt hat.

Dabei wird der Schwerpunkt von klima- auf verteidigungsbezogene Projekte verlagert, der Green Deal heruntergestuft und der Europäische Souveränitätsfonds – eine Antwort auf Konjunkturprogramm IRA der Biden-Regierung in den USA – von zehn auf 1,5 Milliarden Euro gekürzt.

Militär geht heute eben vor, gespart wird bei Sozialem, Jobs und der Energiewende. Geld, was für Panzer und Kampfjets, Munition und Raketen verwendet wird, kann eben nicht mehr für Gesundheitsversorgung, Schulen, die Förderung von Wind- und Solarkraft oder den Schutz vor Armut ausgegeben werden. Auch, wenn davon unsere Zukunft abhängt.

Regierungen und Parlamente sollten diesen gefährlichen Prozess der Militarisierung nicht weiter fortsetzen, ihm einen Riegel vorschieben und zugleich die Sorgen der Bürger:innen in den Fokus nehmen – um nicht noch mehr Rechtsentwicklung in Europa wie in den USA zu züchten.

Wer will schon Partycrasher sein

Die Kriege in der Ukraine und Gaza, die Eskalationen mit dem Iran und China, müssen deshalb gestoppt werden, so schnell wie möglich. Denn sie sind die Haupttreiber in den großen Militärmächten, die immer mehr auf Waffen, Panzer und Kampfjets setzen.

Nur so kann der Party der Rüstungskonzerne der Stecker gezogen werden. Auch wenn sie es nicht offen sagen: Sie lieben Krieg und Konflikt, denn das bringt ihr Geschäft zum Blühen.

Die Menschen wollen aber das Gegenteil. Sie haben Angst vor Kriegen. Sie wollen Frieden und zivile Konfliktlösung. Sie wollen gesellschaftliche Wohlfahrt und einen angemessenen Lebensstandard.

Darauf sollte sich die Politik konzentrieren. Aber in der derzeitigen hysterischen Stimmungslage gibt es leider nur wenige, die den Mut besitzen, im Zweifelsfall als "Partycrasher", Putin-, Hamas-, Mullah- und sonstige Autokratie-Versteher an der Pranger gestellt zu werden.

Herdenverhalten gibt es eben nicht nur an Börsen, an denen Waffen im Moment gerade sehr gut laufen.