Warum man Wladimir Putin öfter anrufen sollte
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Themen des Tages: Was Kanzler Scholz und Russlands Präsident Putin besprachen. Warum Rechte triumphieren. Und welche Gefahren die kommende Krise birgt.
Liebe Leserinnen und Leser,
eineinhalb Stunden telefonierte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Dienstag mit Russlands Präsident Wladimir Putin. Wir schauen uns an, was da in den 89 Minuten besprochen wurde, über die Scholz nicht twitterte. Von Texas bis Stockholm rückt man politisch nach rechts. Und die Bundesregierung weitet ihre Versprechen aus.
Doch der Reihe nach.
Ukraine-Krieg: Rückkehr der Diplomatie?
Der traut sich was, der Scholz! Erst verhindert er, dass zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Panzer ihre Kanonenrohre gen Russland wenden, und das – Gott mit uns! – obwohl die deutsche Rüstungsindustrie zur Lieferung von gut einem Dutzend "Marder"-Panzern bereit ist!
Und dann telefoniert Scholz auch noch mit Putin, der für den Angriffskrieg gegen die Ukraine verantwortlich ist und der nicht nur von einem großen deutschen Nachrichtenmagazin seinen Lesern immer häufiger bis fast nur noch als "Diktator" vorgestellt wird; ganz so, als ob ein Krieg über die demokratische Legitimation entscheide
Auf jeden Fall hat der Scholz am Dienstag mit dem "Diktator" telefoniert, 90 Minuten lang sogar. "Russland muss seine Truppen aus der Ukraine zurückziehen und die Souveränität und territoriale Integrität anerkennen", berichtete der Sozialdemokrat danach auf Twitter: "Anders ist eine diplomatische Lösung nicht vorstellbar."
Es wäre spannend zu wissen, was die Jungs in den übrigen 89 Minuten besprochen haben. Darüber wollten die Wählerschaft zunächst aber weder Scholz noch sein Sprecher Steffen Hebestreit informieren. (Vielleicht, dies zur Entschuldigung, steckt der nach der Israel-Holocaust-Sache letztens aber auch noch in einem Workshop zu Krisenkommunikation.)
Beim Kreml jedenfalls hörte sich das Telefonat ja schon ausführlicher an, inzwischen auch beim Bundeskanzleramt. Telepolis dokumentiert heute beide Darstellungen des Gesprächs.
Diplomatie aber war ein gutes Stichwort des Kanzlers. Die nämlich ist beim ganzen schweren Waffengeschrei der vergangenen Wochen und Monate etwas überhört worden bzw. in Vergessenheit geraten.
Daran erinnerte letztens auch der Politologe Christian Hacke im Telepolis-Inerview, in dem er sich empört über das Fernbleiben deutscher Vertreter von der Gorbatschow-Beerdigung zeigte. Damit, so Hacke, sei überdies eine Chance vertan worden:
Zur Zeit von Helmut Kohl oder Helmut Schmidt hätte man in so einer angespannten Situation eine Art Beerdigungsdiplomatie angestrebt. Man hätte zumindest einen Horst Teltschik hinschicken können. Aber das, was wir jetzt erleben, ist der Zusammenbruch der Diplomatie. Man könnte sagen: Es gibt keine Chance, aber wir müssen sie nutzen.
Christian Hacke
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