Was man nicht sieht, macht einen nicht an

New Yorks Bürgermeister will, um Jugendliche vor dem Rauchen zu schützen, durchsetzen, dass Geschäfte Tabakprodukte verstecken müssen

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Der Milliardär und New Yorker Bürgermeister Michael Bloomberg ist ein Menschenfreund. Seit langem setzt er sich dafür ein, dass die Bürger in seiner Stadt gesünder leben. So hat er sich nicht nur um das Pflanzen von Bäumen, das Anlegen neuer Parks oder von Fahrradwegen gekümmert, sondern auch ein strenges Rauchverbot erlassen, das auch für öffentliche Plätze, Parks und Strände gilt, Transfette verboten und erzwungen, dass in Restaurants auch eine Kalorienangabe auf der Speisekarte erfolgen muss.

Bürgermeister Bloomberg kündigt in einem Krankenhaus neue Antirauchinitiative an. Bild: NYC.gov

Seit letztem Jahr kämpfte er darum, dass zuckerhaltige Getränke nicht mehr in übergroßen Flaschen oder Trinkgefäßen verkauft werden dürfen, um gegen die Fettleibigkeit der Menschen vorzugehen (Der um die Gesundheit der Menschen besorgte Bürgermeister von New York). Im September letzten Jahres hatte Bloomberg Erfolg, seine Gesundheitsmaßnahme, von der Mehrheit der New Yorker nach Umfragen nicht begrüßt, wurde beschlossen (New York im Kampf gegen die Epidemie der Fettleibigkeit).

Vor einer Woche hat aber ein Gericht das Verbot kurz vor der Umsetzung erst einmal gekippt. In New York können also weiterhin in Restaurants, Kinos, Stadien oder Fast-Food-Geschäften zuckerhaltige Getränke auch in Bechern verkauft werden, die mehr als 470 g enthalten. Ein Grund war, dass das Verbot nur bestimmte Getränke und Verkaufsorte betrifft. In Läden hätten natürlich weiterhin Riesenflaschen gekauft werden können, Milchgetränke waren beispielsweise nicht verboten.

Bloomberg hat schon angekündigt, gegen das Urteil Einspruch zu erheben, um die Bürger vor ihrer Sucht nach zu viel Zucker zu schützen. Und er ist überzeugt, dass er schon viel erreicht hat: "Die Lebenserwartung in unserer Stadt ist jetzt 3 Jahre länger, als sie im Jahr 2001 gewesen ist - und zwei Jahre länger als im nationalen Durchschnitt. Auch wenn wir weit gekommen sind, so ist eine Gesundheitskrise über die Jahre immer schlimmer geworden. Und das ist die Fettleibigkeit", so Bloomberg, der selbst dünn ist und asketisch wirkt. 5000 New Yorker würden jedes Jahr vorzeitig wegen Fettleibigkeit sterben, für Bloomberg sind nach wissenschaftlichen Erkenntnissen zuckerhaltige Getränke die Hauptursache. Man müsse hier eine Grenze ziehen. Die Menschen würden durch die Größenbeschränkung nur dazu genötigt, über ihren Konsum nachzudenken, wenn sie mehr trinken wollen, könnten sie dies ja trotzdem. Er habe mit Gerichtsurteilen gerechnet, gehe aber davon aus, dass das Verbot im Instanzenweg durchgesetzt werden kann.

Der Schwierigkeiten beim Trinken ungeachtet, hat sich Bloomberg erneut das Rauchen vorgenommen. Rauchen sei weiterhin verantwortlich für die meisten vorzeitigen Tode, in New York jährlich für 7000. Viele Schüler würden jedes Jahr das Rauchen probieren. Jugendliche, die einem "Tabakprodukt ausgesetzt" seien, würden eher dazu verleitet, mit dem Rauchen zu beginnen. Also will Bloomberg ein Verbot durchsetzen, nach dem Zigaretten oder andere Tabakprodukte nicht mehr öffentlich sichtbar ausliegen oder gezeigt werden dürfen. Selbst ein neuer Raucher, so Bloomberg, sei einer zu viel, zumal wenn es sich um einen Jugendlichen handelt.

Kampagne der Stadt. Bild: http://www.tobaccofreenys.org

Das "Tobacco Product Display Restriction"-Gesetz, das von härteren Strafen gegen Schmuggelware begleitet wird, wäre, so Bloomberg stolz, das erste in den USA, das Tabakprodukte in Geschäften aus der Sicht verbannt, in Island und Kanada sei dies schon mit großem Erfolg gemacht worden. Nur wenn das Bestand aufgefüllt oder etwa eine Zigarettenschachtel verkauft wird, dürfen die Tabakprodukte auch zu sehen sein, ansonsten müssen sie hinter einem Vorhang, in eine Kasten oder irgendwie anders verborgen werden. Damit sollen Jugendliche und Ex-Raucher geschützt werden, weil man nach dem, was man nicht sieht, auch nicht begehrt. Das entspricht wohl auch der Logik des islamischen Verschleierungsgebots für Frauen.

Wie immer umgab sich Bloomberg mit Experten, in diesem Fall mit Ärzten, und kündigte den Plan in einem Krankenhaus an, um seinen Vorstoß wissenschaftlich zu legitimieren. Allerdings sollen zwar die Produkte versteckt werden, Werbung soll aber weiterhin möglich sein, so dass die wirkliche Zigarettenschachtel nicht gezeigt werden kann, womöglich aber ein Bild von ihr.