Wie realistisch ist eine allgemeine Corona-Impfpflicht überhaupt noch?
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Wie realistisch sind aber die Erfolgsaussichten? In diesem Zusammenhang ist die Rolle der FDP von Bedeutung, die die individuellen Freiheitsrechte meist stärker gewichtet als die anderen Parteien. Darum kommen auch nach den Wahlen aus ihren Reihen Bedenken gegen eine allgemeine Impfpflicht zur Bekämpfung des Coronavirus, unter anderem vom stellvertretenden Bundesvorsitzenden Wolfgang Kubicki.
Neben den Freiheitsrechten spielt die Gefährlichkeit des Virus, insbesondere seiner vorherrschenden Mutationen, ebenfalls eine wichtige Rolle. Denn der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte wird ja mit dem Gesundheitsschutz gerechtfertigt.
Das ursprünglich für den März 2022 anberaumte Ziel zur Verabschiedung der Impfpflicht erscheint nun unrealistisch. Dabei spielt auch die wegen Fasching geringere Anzahl an Bundestagssitzungen eine Rolle. Von außen betrachtet wirft das die Frage auf, wie dringlich das umstrittene Vorhaben wirklich ist, wenn es 2021 wegen des Wahlkampfs und nun auch wegen eines Volksfests aufgeschoben wird.
Vielleicht erledigt sich das Problem aber auch von selbst, nämlich wegen der Saisonalität des Infektionsgeschehens – und womöglich auch der geringeren Gefährlichkeit der Omikronvariante. Wenn es dabei bleibt, dass Omikron zwar viel ansteckender ist, doch weniger schwere Krankheitsverläufe verursacht, würde das die Notwendigkeit der allgemeinen Impfpflicht verringern.
Zudem gibt es zurzeit auch noch keine zugelassenen Impfstoffe, die spezifisch gegen die in vielfacher Weise mutierte Virusvariante entwickelt wurden. Darum scheint bis auf Weiteres auch der Zugewinn an Immunität durch die Impfung geringer.
Für Eingriffe in Grundrechte gilt die Verhältnismäßigkeitsregel: Das heißt, dass eine Maßnahme sowohl wirksam (zur Lösung des Problems) als auch angemessen (mit Blick auf Grundrechtseinschränkungen) sein muss. Beides werden im Endeffekt die deutschen und europäischen Gerichte überprüfen, so viel ist sicher.
Saisonalitäten
Wenn das Gesetz wegen fehlender Sitzungstage nicht im März verabschiedet werden kann, wäre April der nächstmögliche Zeitraum. Da sind wir aber schon im Frühling – und demnach ändert sich das Klima.
Dass das Infektionsgeschehen der Coronapandemie im April/Mai zurückläuft, sahen wir schon 2020 und 2021. Ein Forscherteam der koreanischen Handong Global University hat hierzu rund 20 wissenschaftliche Studien verglichen und das vor allem auf die steigende Temperatur zurückgeführt.
Die Luftfeuchtigkeit spiele wahrscheinlich ebenfalls eine Rolle, auch wenn hier der Zusammenhang bisher weniger klar sei. Breitengrad, Sonnenstrahlung, Luftverschmutzung oder Windgeschwindigkeit seien jedoch eher nicht oder nur geringer von Bedeutung.
Wie Telepolis bereits berichtete, ist eine allgemeine Corona-Impfpflicht auch aus gesetzlicher Perspektive komplex: Dazu hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags im Auftrag der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen im November 2021 ein Gutachten angefertigt.