Wir werden auch die Corona-Schulden nicht zurückzahlen!
Nun dringt in immer breitere Kreise vor, dass die mit den Coronavirus-Rettungsmaßnahmen explodierenden Staatsschulden niemals zurückgezahlt werden. Ein Kommentar
Wie in einem früheren Beitrag schon ausgeführt, ist mit der Coronavirus-Krise das Wort "Billion" zum neuen Zauberwort in der lange vorhersehbaren Weltwirtschaftskrise geworden und das hat eine entscheidende Bedeutung für die Schulden, die darüber nun angehäuft werden.
Hatte man nach der Finanzkrise ab 2008 noch mit Milliarden um sich geworfen, sind es nun schon Billionen, die weltweit zur Bekämpfung der "Coronaviruskrise" ausgereicht werden. Die Bundesbank rechnet damit, dass die Folgen der Coronavirus-Pandemie allein den deutschen Staat bis zu 1,9 Billionen Euro kosten könnten.
Solche Prognosen sind allerdings mit großer Vorsicht zu genießen, denn der Verlauf ist nicht berechenbar. Es könnte deshalb noch sehr viel teurer werden. Prognosen von derlei Institutionen sind oft schon mit der Veröffentlichung überholt.
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung rechnet aber schon einmal vor, dass "1900.000.000.000 Euro" in etwa der Betrag sei, der für die deutsche Wiedervereinigung aufgewendet wurde. Das ist "mehr als fünfmal so viel wie der gesamte Bundeshaushalt des vergangenen Jahres". Nach Angaben des Finanzministeriums hätten die Nothilfen schon bisher einen Umfang von etwa einer halben Billion Euro.
Rechnet man aber dazu, dass über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) weitere 600 Milliarden zur Verfügung stehen, allein 400 Milliarden Euro an Staatsgarantien für Verbindlichkeiten, 100 Milliarden Euro für direkte staatliche Beteiligungen und weitere 100 Milliarden Euro für Refinanzierung von Sonderprogrammen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), dann ist klar, dass allein damit die Billion schon überschritten ist.
Gerettet werden damit natürlich auch wieder Großunternehmen wie die Lufthansa. Das sollte ebenfalls besonders zu denken geben. Denn der ehemalige Staatsbetrieb wurde einst privatisiert und damit auch die bisherigen Gewinne. Die Verluste sollen nun dagegen sozialisiert werden.
Nach glaubwürdigen Berichten sollen neun Milliarden Euro in eine Airline gepumpt werden, deren Wert nicht einmal bei vier Milliarden liegt. Warum übernimmt also der Staat die Airline nicht komplett wieder, wenn ohnehin doppelt so viel bezahlt werden soll, wie sie insgesamt wert ist?
Und wieso wird überhaupt über ein "Mitsprachrecht" debattiert?
Die "Quasi-Eurobonds" ...
Wer zahlt, bestimmt die Musik, heißt es doch üblicherweise. Aber hier werden die Alpträume der letzten Krise erneut Realität. Wie war das mit der Rettung der Hypo Real Estate (HRE)? Da flossen Milliarden um Milliarden zur Rettung in eine Absturzbank und dann musste der Steuerzahler auch noch die Aktionäre entschädigen, die ohne die Rettung alles verloren hätten. Kaputte kapitalistische Welt!
Aber damit ist längst nicht das Ende der Fahnenstange der horrenden Rettungssummen erreicht. Denn der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel haben verkündet, dass man sich auf einen europäischen Corona-Wiederaufbaufonds mit einem Volumen von einer halben Billion Euro geeinigt habe. Damit sollen schon bislang beschlossene Maßnahmen im Umfang von 540 Milliarden Euro ergänzt werden, womit eine weitere Billion aufgehäuft werden soll.
Mit den "Quasi-Eurobonds" wird nun auch glasklar der Weg in die Eurobonds und die gemeinsame Haftung für Schulden beschritten, die in der letzten Krise noch nicht durchgesetzt werden konnten. Diese halbe Billion soll über gemeinsam aufgenommene Staatsschulden zusammenkommen.
Sie sollen angeblich in den nächsten 20 Jahren aus dem EU-Haushalt beglichen werden, wird uns vorgegaukelt. Deutschland ist schon jetzt der größte Nettozahler und mit dem Brexit nimmt der Anteil an der Haftung natürlich noch zu.
Doch der große Aufschrei kann getrost ausbleiben. Vielmehr sollte man an einer ganz anderen Stelle aufschreien. Denn das Problem ist weniger das Geld, wie wir noch sehen werden, sondern das eigentliche Problem mit den Vorstellungen von Merkel und Macron ist, dass damit eine EU-Kommission sogar mit einer Finanzhoheit ausgestattet werden soll.
... und eine "Quasi-Staatlichkeit"?
Mit den Quasi-Eurobonds würde die EU-Kommission eine Quasi-Staatlichkeit erlangen, ohne dass diese Institution demokratisch legitimiert ist, noch vom Parlament kontrolliert werden kann. Es werden also Demokratiedefizite ausgeweitet und nicht eingeschränkt. Wieder einmal die völlig falsche Richtung.
Und anders als im linken Lager gerne geglaubt wird, sind zum Beispiel auch die von der spanischen Regierung geforderten Eurobonds im Land umstritten. So fragen sich zum Beispiel in der linken Zeitung eldiario.es auch Leser unter einem Beitrag zum Rettungsfonds, warum "man deutsche Steuerzahler um Hilfe bitten sollte", wenn man sich im eigenen Land sogenannte SICAVs leistet?
Gewinne aus diesen "Investmentgesellschaften" werden nur mit 1% besteuert, statt mit der üblichen Kapitalertragssteuer von 21-27%. An wen sie sich richten, ist auch klar. Man muss mit mindestens 2,4 Millionen Euro einsteigen. So fragen sich viele, warum nicht Superreiche wie "Amancio Ortega" zur Kasse gebeten werden, bevor man "um Almosen von außen" nachsucht.
Der Leser "outoftimeman" meint zum Beispiel, "man muss auch kritischer mit dem eigenen Umgang sein, bevor man mit Leier vom unsolidarischen Europa kommt". Dieser linke Leser hält es angesichts der "massiven Korruption und Verschwendung" für "logisch", dass man vorsichtig ist, Spanien Geld zu leihen, um von einer "gemeinsamen Haftung für Schulden mit uns" nicht erst zu sprechen. Eine Einzelmeinung ist das wahrlich nicht.
Der bekannte Wirtschaftswissenschaftler Santiago Niño-Becerra twitterte zum Beispiel am Samstag zum Widerstand gegen die Quasi-Eurobonds durch die "sparsamen vier" Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark: "Denkt man genau darüber nach, ist das vollkommen logisch", dass die "frugal four" nur für einen zeitlich beschränkten Fonds eintreten, der nur Kredite vergibt und die Beiträge für die Mitgliedsstaaten nicht erhöht.
Und in einem weiteren Tweet weist auch der Professor der Universität Ramon Llull in Barcelona darauf hin, dass Spanien stets ein Problem auf der Einnahmeseite hatte.
"Es ist richtig, dass die Steuerbelastung niedriger als in anderen Ländern ist, aber Steuerbetrug und Steuervermeidung sind ungeheuerlich viel höher."
Die Antworten auf den Tweet, in dem Santiago Niño-Becerra Verständnis für die "Sparsamen" zeigt, sind ebenfalls zustimmend. Erinnert wird zum Beispiel auch an die massive Korruption von Parteien und daran, dass in der letzten Krise nur die "Staatsverschuldung verdreifacht" wurde, um zum Beispiel auch private Autobahnbetreiber zu retten.
Es wird auf die Steueramnestie verwiesen, mit denen Steuerbetrüger ihr Schwarzgeld waschen konnten, während das Sozialsystem zusammengestrichen wurde. Das Geld aus Europa sei nie unten angekommen, während andere damit reicher geworden seien. "Die Schuld hat nicht Europa, sondern die Verschwender." Schon damals sei klar gewesen, dass die Kredite niemals zurückgezahlt werden würden. Damit sind wir wieder beim Thema.
Denn niemand sollte ernsthaft glauben, dass die Quasi-Eurobonds zurückgezahlt werden. Und das macht auch schon der Vorschlag von Merkel und Macron mit einem Zeitrahmen von 20 Jahren deutlich. Denn in dieser Zeitspanne wird mit allergrößter Sicherheit längst die nächste schwere Krise ausgebrochen sein und erneut viel Geld ausgereicht werden.
Die letzte Krise war nie vorbei
Denn Krisen gehören zum Kapitalismus, wie der Tannenbaum zu Weihnachten. Von 2008 bis 2020 sind gerade einmal 12 Jahre vergangen. Und es sind sogar nur acht Jahre gewesen, bis die "Dotcom-Blase" 2000 platzte.
Die Kosten werden dabei immer höher. Machen wir uns also nichts vor. Real haben wir es auch nicht mit einer Coronaviruskrise zu tun. Das Virus hat eine längst aufziehende Krise nur aufbrechen lassen, auf die man sich längst vorbereitet hat, aber es verstärkt sie natürlich enorm. Real betrachtet, ist sogar die letzte Krise nicht einmal vorbei.
Der schon zitierte Wirtschaftswissenschaftler Niño-Becerra hat das immer wieder betont und im vergangenen Frühjahr in seinem letzten Buch deutlich gemacht, dass wir schlicht in der "dritten Phase" der letzten Krise stecken: "Der Crash. Dritte Phase", heißt es.
Dass die letzte Krise nie vorbei war, zeigt sich nicht zuletzt an der Tatsache, dass die Europäische Zentralbank (EZB) nie eine Zinsnormalisierung durchführen konnte. Null- und Negativzinsen sind zum Normalzustand mutiert. So drängt sich eigentlich längst die Frage auf, ob die Krise nicht längst der Normalzustand des Kapitalismus ist?
Letztlich gab die EZB das mit ihrer Geldpolitik auch zu. Denn aus Frankfurt wurde ein guter Teil des Wachstums in vergangenen Jahren über EZB-Doping finanziert. Die "Amphetamine", von denen der Professor aus Barcelona spricht, waren künstlich niedrig gehaltene Zinsen. Damit wurde auch der Euro niedriger gehalten, um Exporte aus dem Euroraum zu fördern. Und durch die Hintertür gab es über die EZB-Geldpolitik auch längst eine Staatsfinanzierung.
Mit dem Aufkauf von Staatsanleihen wurden deren Zinsen künstlich niedrig und die Zinslasten damit bezahlbar gehalten. Fünf Jahre hätten die Notenbanken über das Doping einen "falschen Eindruck" und sogar einen "Jubel" ausgelöst, dass die Krise vorbei sei, bemerkt Niño-Becerra.
Letztlich wusste man auch in Frankfurt in der EZB, dass man es nur mit einer Fata Morgana zu tun hatte. Denn schon bei den ersten Anzeichen einer konjunkturellen Abschwächung musste die EZB wieder tief in den Krisenmodus einsteigen und man ließ die "Notenpressen" wieder anlaufen. "Quantitative Easing" wurde wieder gestartet und erneut tief in die umstrittenen Ankäufe von Staatsanleihen eingestiegen, obwohl angeblich doch gar keine Krise in Sicht war.
Die Illusion
In der letzten Krise wurde die Illusion, dass die Staatsschulden rückzahlbar seien, noch von Leuten wie dem früheren Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble verkauft. Darauf baute er die Politik der "Schwarzen Null" auf.
Er tat absurd so, als könnte man eine Volkswirtschaft so führen, wie die schwäbische Hausfrau ihren Haushalt. Eine Austeritätspolitik mit Schuldenbremsen kam, mit der ganze Volkswirtschaften in der vergangenen Krise mit der Illusion in der Misere versenkt wurden, dass die Schulden zurückzahlbar seien.
Wer sich daran gehalten hat, oder wie Griechenland dazu massiv gezwungen wurde, steht wie Spanien nun sehr schlecht vor den Herausforderungen dieser Krise. So ist durch das EZB-Doping der letzten Jahre zwar das Bruttoinlandsprodukt gewachsen, aber strukturelle Mängel wurden nicht beseitigt.
In Spanien oder Griechenland wurde auch die massive Arbeitslosigkeit nicht abgebaut, anders als im Nachbarland Portugal, weshalb die Voraussetzungen für Länder wie Spanien jetzt besonders schlecht sind. Lag die Arbeitslosenquote in Spanien vor der letzten Krise bei gut 8%, stieg sie von 2007 bis 2013 sogar auf 26%.
Zu Beginn dieser neuen Krise, oder der dritten Phase, stand sie bei fast 14%. Auf welche Höhen sie steigen wird, wenn jetzt die falsche Politik der letzten Krise wiederholt wird, kann man sich ausmalen und auch das Leid von zahllosen Menschen in einem Land, das bisher nicht einmal über eine Sozialhilfe verfügt.
Angesichts der gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Lage und der Tatsache, dass man nicht mehr von Milliarden spricht, sondern von Billionen, leuchtet nun auch immer mehr Ökonomen ein, dass man sich nun definitiv von der Illusion verabschieden muss, dass Schulden jemals zurückgezahlt würden.
"Wir dürfen die Corona-Schulden nicht zurückzahlen"
Deutlich wird das daran, dass es sogar ein Gastbeitrag in das Handelsblatt schafft, in dem Jens Südekum schon im Titel eine eindeutige Botschaft vermittelt: "Wir dürfen die Corona-Schulden nicht zurückzahlen." Der Professor für Internationale Volkswirtschaftslehre an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf bricht damit klar mit überkommenen Vorstellungen à la Schäuble.
Schaut man sich die Entwicklung der Staatschulden in vielen Ländern wie Italien an, war das ohnehin längst illusorisch. Südekum schlägt also nur vor, das zum Programm zu erklären, was ohnehin längst praktiziert wird. Man müsse einen pragmatischen Umgang mit den Corona-Schulden finden, erklärt er in Bezug auf die neuen Schulden.
Sie sollten möglichst langfristig finanziert und durch permanentes Überwälzen - also die Ausgabe neuer Anleihen zur Bedienung der alten- immer weiter in die Zukunft geschoben werden.
Jens Südekum
Die Schulden verschwinden damit nicht, würden durch das erzeugte Wachstum aber relativiert. Er meint, dass man die aus der Krise resultierenden Staatsschulden einfach hinnehmen müsse. Zentralbanken weist er eine zentrale Rolle in seinem Szenario zu. Die sollten, wie es zum Beispiel die US-Notenbank schon tut, Staatsanleihen aufkaufen.
"Wir leihen uns das Geld quasi selber. Solide Staaten mit einer soliden Währung können das."
Er verweist nicht nur auf die USA, sondern auch auf Kanada, Großbritannien, Japan, die ihre Schulden über die Geldschöpfung der Notenbanken finanzieren.
Dass das nicht zu einer massiven Inflation führe, hätten die letzten Jahre deutlich gezeigt. Darauf weist in der Diskussion darum, ob wir uns jetzt "zu Tode retten", auch Paul Steinhardt hin. Er verweist auf "gegenteilige Erfahrungen, z.B. in Japan über immerhin 25 Jahre", in denen die Modellmeinung der Ökonomen "nicht zu falsifizieren" ist.
In deren Modellwelt gäbe es Inflation, wenn der Staat "Geld druckt" oder die Staatsschuldenquote eine magische Grenze (60% in der Eurozone) überschreitet. Deshalb müsse man "in der richtigen Welt" dann Gegenmaßnahmen ergreifen, obwohl die Realität dem Modell nicht folgt.
Völlig richtig führt Südekum wiederum aus, dass es in der jetzigen Situation absolut "verrückt" wäre, wie Wirtschaftsnobelpreisträger wie Paul Krugman oder Josep Stiglitz zu Beginn der letzten Krise schon richtig kritisiert hatten, auf die Sparbremse zu treten:
"Austerität wäre, zumal wenn zu früh verabreicht, eine geradezu katastrophale Medizin", übernimmt er die Lesart von Krugman, der schon 2010 vor "katastrophalen Folgen" der Sparpolitik gewarnt hatte. Südekum prognostiziert, dass die Weltwirtschaft wegen der Coronakrise auf Jahre hinweg noch tiefer in einem deflationären Labyrinth feststecken werde, als es schon zuvor der Fall war.
"Hier den Gürtel enger zu schnallen, wie jetzt schon einige fordern, wäre genau die falsche Politik."
Er hält genau das Gegenteil für erforderlich: "Steuersenkungen und massive öffentliche Investitionen". Dass er Steuererhöhungen, wie Vermögenssteuern oder eine Vermögensabgabe ablehnt, zeigt aber, dass er am bisherigen Modell, wonach das viele (Zentralbank)-Geld weiter in die Taschen weniger fließen soll, keinen Abstand nimmt.
Besser Steuererhöhungen statt - senkungen?
Es gibt aber keinen Grund, warum nicht auch private Vermögen, die gerade auch über die Staatsschulden gerettet werden, einen deutlichen Beitrag leisten sollten, um den Handlungsspielraum für die Staaten zu vergrößern.
Warum sollten Firmen, die jetzt über Subventionen und Kurzarbeitergeld gerettet werden, nicht dafür wieder zur Kasse gebeten werden? Es kann nicht erneut angehen, dass nur die Verluste sozialisiert werden.
Der Volkswirtschaftler Heiner Flassbeck begrüßt grundsätzlich Südekums Vorstellungen, kritisiert aber auch einiges. Er macht genau zwei Möglichkeiten aus, um die Wirtschaft zu beleben.
Die erste und beste Möglichkeit ist es, die neoliberale Programmatik wieder zurückzudrängen, die Gewerkschaften zu stärken und dafür zu sorgen, dass es über deutlich steigende Löhne und Lohnstückkosten zu einer tendenziell inflationären Dynamik kommt statt zu deflationärer Stagnation.
Heiner Flassbeck
Er geht aber auch davon aus, dass Steuererhöhungen für die Unternehmen schon deshalb nötig sind, damit sie unter Druck kommen, um sich zu verschulden.
"Gelingt es nicht, die Unternehmen wieder in die Rolle des Schuldners zu drängen, kann die Wirtschaft nicht mehr funktionieren ohne immer neue staatliche Verschuldung."
Flassbeck führt aus, dass sich das Verhalten der Unternehmen seit Beginn des Jahrhunderts fundamental geändert habe.
Die Unternehmen als Gruppe sind in Deutschland, aber auch in vielen anderen Ländern der entwickelten Welt, Nettosparer geworden. Sie verschlechtern damit ihre eigene Situation, weil jedes Sparen die Gewinne der Unternehmen insgesamt vermindert.
Heiner Flassbeck
Mit oder ohne Corona gibt es für ihn nur eine Antwort auf das weltweite Phänomen sparender Unternehmen:
"Der Staat muss die von den beiden privaten Sektoren (Unternehmen und Haushalte) aufgerissene Nachfragelücke füllen. Ja, der Staat ist in der Tat der einzige Akteur, der bleibt, weil es weltweit kein Ausland gibt, das Leistungsbilanzdefizite machen und sich verschulden könnte."
Die deutsche Lösung, man betreibe Lohndumping, um seine Wettbewerbsfähigkeit gegenüber anderen zu erhöhen, um sie zu Schuldnern zu machen, sei nicht verallgemeinerungsfähig. Tatsächlich ist auch das eine der Bewältigungsstrategien, die seit 2008 erfolglos versucht wurden. Sinkende oder weniger steigende Einkommen führen nur dazu, dass die Nachfrage abgewürgt wird.
So war klar, dass "die Weltwirtschaft so weit in eine deflationäre Position getrieben, dass das klassische Instrument der Zinssenkung mehr und mehr verpuffte", meint Flassbeck. Mit der schwindenden Nachfragedynamik hat der Neoliberalismus auch die Investitionsdynamik der Unternehmen abgewürgt - und das trotz vielfältiger "Erleichterungen" wie Steuersenkungen, die auf den liberalen Programmzetteln standen.
Das Ergebnis haben wir jetzt, das Coronavirus ist nur der Katalysator. Auch Flassbeck kritisiert, dass auch Südekum letztlich vor der Konsequenz seiner Ausführungen zurückschreckt. Es gehe nicht darum, dass wir die Corona-Schulden nicht zurückzahlen dürfen, sondern ehrlicher ist, dass wir sie gar nicht zurückzahlen können. Genauer müsste es deshalb heißen:
"Wir können weder die Corona-Schulden noch irgendwelche anderen Schulden zurückzahlen."