Wohin treibt der Ölpreis?

Seite 2: Überproduktion an Fracking-Öl trifft auf Wirtschaftsflaute

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Muss man sich angesichts dieser Mengen eigentlich noch wundern, dass der Ölpreis in die Knie geht? Mit der Überproduktion haben sich die Fracker selbst ins Knie geschossen, deren Verluste durch die gestiegenen Zinsen immer weiter sinken. Sie sind für die eigenen Pleiten verantwortlich. Natürlich macht man in den USA lieber andere für den Preisverfall verantwortlich.

So wurde im Frühjahr an der Legende gestrickt, Saudi-Arabien habe in einem "globalen Ölkrieg" den Ölpreisverfall bewusst herbeigeführt habe, um das Fracking zu verlangsamen oder ganz unrentabel zu machen. Erklärt wurde, die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) heize den Ölpreisverfall gezielt an, um Konkurrenz aus den USA und Kanada zu verdrängen, die auf teurere Techniken wie Fracking und die Öl-Gewinnung aus Teersanden setzen.

Doch die aufgezeigten Daten machen deutlich, dass genau andersherum ein Schuh daraus wird. Die Saudis und die Opec sind einfach den Forderungen aus den USA nach Drosselung ihrer Produktion zur Stabilisierung der Ölpreise nicht gefolgt. Denn das hätte nur dafür gesorgt, dass umweltschädliche Fracking weiter rentabel geblieben wäre. Die Fracker aus Nordamerika wären noch massiver in den Markt eingebrochen.

Warum sollte die Opec die Förderung des billig zu fördernden Wüstenöls stoppen, wenn in Nordamerika gleichzeitig die Fördermenge massiv ausgeweitet wird? Warum sollten die Opec-Staaten zusehen, wie ihnen Marktanteile über höchst fragwürdige Techniken geraubt werden? Deshalb hielten sie die Produktion stabil, womit die Überproduktion stieg.

Wirtschaftseinbruch in China

Doch inzwischen kommt ein anderer Faktor hinzu, der das Problem Überproduktion vermutlich weiter vergrößert, auch wenn die Fördermengen nun in den USA bald sinken werden, weil die Fördermengen beim Fracking schnell sinken: Es gibt eine Konjunkturflaute in China. Die inzwischen größte Volkswirtschaft der Welt hatte lange die Produktion von Rohstoffen praktisch aufgesaugt. Schon mit dem massiven Fall der Rohstoffpreise deutete sich an - man kann schon von einem Ausverkauf sprechen -, dass dies zunächst vorbei ist.

Daher bekommt die Fracking-Industrie die neue Lage in China genauso zu spüren, wie der Eisenerz- und Kohleproduzent Australien. Lange hatte der rote Kontinent vom Boom in China profitiert, doch nach Ansicht von Experten ist die Wirtschaft gerade auf dem Weg in die Rezession. Weil auch Japan die wegbrechenden Exporte nach China deutlich spürt, dessen Wirtschaft ebenfalls schrumpft, ist schon deutlich, dass die Nachfrage nach Öl und anderen Rohstoffen alsbald wohl kaum zunehmen wird.

Da die Austeritätsprogramme in Europa andauern, sind von hier kaum Impulse zu erwarten und zudem entwickeln sich neben China auch andere Schwellenländer schwach. Brasilien schmiert in die Rezession ab, in der Russland schon steckt. In den Kreis reiht sich nun auch Kanada ein. Fünf Monate in Folge ist die kanadische Wirtschaft bis Mai geschrumpft. Es ist anzunehmen, dass sich damit eine weitere größere Volkswirtschaft längst real in der Rezession befindet. Darauf wies auch hin, dass die Industrieproduktion seit mehr als einem halben Jahr zurückgeht - genauso wie die Förderung von Öl und Gas und das Geschäft mit Minen und Steinbrüchen.