Deutschlandticket – Top oder Flopp?

49-Euro, Bus, Zug, Tram

Mit dem Deutschlandticket sollte eine umweltfreundliche Alternative zum Individualverkehr geboten werden. Die Deutschen wollen jedoch nicht auf ihren Pkw verzichten.

Der immer schneller verlaufende Klimawandel schreckt offensichtlich nur wenige davon ab, an ihren Gewohnheiten festzuhalten und auch weiterhin auf ihren wenig zeitgemäßen Verbrenner zu setzen.

Bei dem, was uns erwarten könnte, handle es sich nur um Modelle. Falls dieser Zustand erreicht sei, könne man sich ja immer noch Gedanken machen oder vom Staat Abhilfe fordern. Auf schnelle Anpassungen sollte man dann jedoch nach Jahrzehnten des Verdrängens nicht hoffen.

Vorteile des Deutschlandtickets

Während es sich bei den Tarifmodellen im deutschen Nahverkehr um ein kaum verständliches, historisch gewachsenes Sammelsurium von Tarifmodellen handelt, das sich in der jeweiligen lokalen Ausprägung nur dem Nutzer offenbart, der damit aufgewachsen ist, Ortsfremde jedoch in die Verzweiflung treiben kann, bietet das Deutschlandticket eine passende Lösung für Alle.

Nur bei ganz wenigen Sonderfällen besteht heute das Risiko, dass man als Fahrgast das falsche Verkehrsmittel wählt und somit wider Willen zum Schwarzfahrer wird.

Zonentarife, Linientarife und inzwischen auch Luftlinientarife, bei welchen der aktuelle Fahrpreis erst nach Abschluss der Fahrt berechnet wird, sind für viele gelegentliche Nutzer meist eine Art vermaledeite Geheimwissenschaft.

Aus Nutzersicht, der sich nicht auf die Bewegung im heimischen Nest beschränkt und mehr als gelegentlich den Fuß in fremde Tarifwelten gesetzt hat, ist mit dem Deutschlandticket ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gegangen. So einfach kann ÖPNV sein, wenn man nur will.

Nachteile des Deutschlandtickets

Der SWR meldet aktuell:

Die Kritik am Deutschlandticket hält an. Gegner halten es für einen "teuren Flop" – weil mit drei Milliarden Euro Steuergeldern angeblich nur Pendler in Großstädten billigere Monatskarten bekommen, während die Bevölkerung auf dem Land leer ausgeht und ein Minusgeschäft macht. Bahnhöfe und Haltestelle abseits der Zentren verkommen.

Mit dem Deutschlandticket wurde nur an der Stellschraube Tarifsystem und dem Preis für die Kunden gedreht. Das ÖPNV-System wurde dabei jedoch nicht verbessert. Regionen mit schlechter Anbindung sind auch weiterhin schlecht versorgt.

Investitionen in einen besseren Ausbau unterbleiben, weil die Mittel für den Ausgleich der Mindereinnahmen durch den eigenen Ticketverkauf benötigt werden. Einem leicht verständlichen Tarifangebot steht somit das Risiko der Ausdünnung des Angebots gegenüber.

Die strukturelle Unterfinanzierung des ÖPNV ist durch das Deutschlandticket sogar noch verfestigt worden. Die finanzielle Situation im deutschen Nahverkehr sei dramatisch und spitze sich weiter zu, so der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

Steigende Kosten bei Personal und Material, gekürzte Förderprogramme wie bei der E-Bus-Förderung sowie angekündigte weitere finanzielle Einschnitte stellen zusätzlich auch die Kommunen und Bundesländer als Aufgabenträger des ÖPNV vor große Probleme, die zunehmend Auswirkungen auf den Erhalt des Angebots haben.

Die Finanzierung des Deutschlandtickets ist nur kurzfristig gesichert

Im ersten Schritt wurde das Deutschlandticket für das laufende Jahr gesichert. Ob es beim Preis von 49 Euro bleibt, ist dabei noch offen. Bis einschließlich 2025 scheint zumindest das Angebot des bundesweiten Einheitstickets inzwischen gesichert. Wie es danach weitergeht, wird nicht zuletzt von den Wahlergebnissen der nächsten Monate abhängen.

Die strukturellen Probleme des ÖPNV sind damit jedoch keinesfalls gelöst. Dem ÖPNV fehlen Busfahrer. Man hat für den Einsatz in peripheren Regionen inzwischen zum Glück kleinere Busse. Und zum Glück gibt es für diese Kleinbusse inzwischen Fahrer, die aus Spaß an der Freude ohne Lohn fahren.

Die Versuche mit Kleinbussen, welche ganz ohne Fahrer auskommen, sind in Deutschland allen vollmundigen Ankündigungen zum Trotz bislang in der Fläche noch nicht angekommen. Die Fahrgäste fühlen sich offensichtlich in einem autonomen Minibus unsicher. Dabei fahren viele Regionalzüge und alle Straßenbahnen heute auch ohne Schaffner.

City-Maut und andere Abgaben-Systeme

Auf Dauer lässt sich das Deutschlandticket weder über höhere Ticket-Preise noch konsequent aus dem allgemeinen Steuertopf finanzieren. Betriebskosten dürfen im Gegensatz zu Investitionen auch nicht über Kredite finanziert werden. Zur Finanzierung müssen dringend andere Töpfe geöffnet werden.

City-Maut-Systeme oder eine allgemeine Pkw-Maut könnten Mittel für das Deutschlandticket zur Verfügung stellen. Die Lenkungsfunktion von Mautsystemen hin zum ÖPNV ist nicht zu verachten. Mit der Verteuerung des Individualverkehrs den ÖPNV zu finanzieren, könnte sich als glückliche Symbiose herausstellen.

Es ist jedoch leider zu befürchten, dass die Politik nicht den Mut zu solch einem Systemwechsel aufbringt und man jetzt die nächsten Wahlen abwarten will und dann das Deutschlandticket wieder einstampft und zum früheren Wildwuchs zurückkehrt. Die alten chaotischen Tarifstrukturen wurden ja vom Deutschlandticket nicht abgelöst, sondern nur verdrängt.