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Van-der-Bellen-Wahlplakat

Nach der Verschiebung der Bundespräsidentenstichwahl geht den Parteien in Österreich das Geld aus - statt Inseraten und Plakaten gibt es deshalb Vorschläge und Forderungen

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In Österreich herrscht seit dem Frühjahr praktisch ununterbrochen ein Wahlkampf, den sich die Parteien eigentlich schon am 24. April zu Ende gewünscht hätten. Dass er länger dauert, liegt daran, dass es eine Stichwahl zwischen dem Freiheitlichen Norbert Hofer und den ehemaligen Grünen-Chef Alexander van der Bellen gab, dass diese Stichwahl nach einer Anfechtung vor Gericht wegen Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahlauszählung wiederholt werden muss und dass diese eigentlich für den 2. Oktober angesetzte Wiederholung vorletzte Woche auf den Advent verschoben werden musste, weil sich herausstellte, dass der für die Wahlunterlagen verwendete Kleber nicht immer klebt (vgl. Klebergate: Stichwahl wegen schadhafter Wahlunterlagen verschoben).

Das belastet die Wahlkampfkassen mehr als die Parteien erwartet hatten. Hofers Wahlkampfleiter Herbert Kickl machte deshalb den Vorschlag, dass der Plakat- und Inseratwahlkampf bis zum November unterbrochen wird und dass die Kandidaten und ihre Unterstützer nur noch Termine wahrnehmen, die keine "klassischen Wahlkampfveranstaltungen" sind, sondern stattdessen "Politik machen". Van der Bellens Wahlkampfleiter Lothar Lockl ging auf den Vorschlag ein, verknüpfte so ein "Intensivwahlkampfmoratorium" aber mit Forderung nach einem "Fairnessabkommen". In diesem Abkommen soll die FPÖ darauf verzichten, die Briefwahl und die Stimmabgabe von Demenzkranken in Pflegeheimen infrage zu stellen und Formulierungen wie die zu verwenden, dass van der Bellen eine "Präsidialdiktatur à la Erdoğan" plant.

Kickl wies diese Forderungen zurück. Er erinnerte bezüglich des Erdoğan-Vergleichs daran, dass van der Bellen einen Nationalratswahlgewinner, der ihm nicht genehm ist, nicht als Kanzler vereidigen, sondern stattdessen "einfach noch einmal" wählen lassen will. Zum Vorwurf einer angeblichen "Europafeindlichkeit" des FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache, mit der van der Bellen das begründet, meinte der Kärntner: "Was wäre das für eine Aufregung, wenn Norbert Hofer sagen würde, dass er [die Grünen-Vorsitzende] Eva Glawischnig wegen 'Österreichfeindlichkeit' nicht angeloben würde?"

Dem Standart sagte Hofers Wahlkampfchef, so wie ihn Lockl verwende, sei der Begriff "Fairnessabkommen" ein "Etikettenschwindel" und ein "Versuch, eine Sprachpolizei zu etablieren". Was fair ist, kann seiner Ansicht nach keine "Zensurbehörde" bestimmen: "Die einzige Stelle", so Kickl, "die legitimiert ist, Fairness zu beurteilen, ist die österreichische Bevölkerung bei der Wahl".

Außerdem forderte Lockl, dass während einer Wahlkampfpause die Wahlplakate abgehängt werden müssten. Das würde vor allem van der Bellen nützen, der - anders als Hofer - das nun überholte Datum "2. Oktober" auf die Plakate gesetzt hatte, die deshalb ohnehin ausgetauscht oder teilüberklebt werden müssen. Kickl verwies auf diesen Unterschied bei den Plakaten und kritisierte die Forderung aus dem Team des ehemaligen Grünen-Chefs sei nicht nur eine "sinnlose Steuergeldvernichtung", sondern auch "ökologischer Unfug".

Nachdem die Grünen ein Abkommen mit solchen Forderung verbanden, kündigte Kickl an, die FPÖ werde den Wahlkampf nun im Alleingang "auf Standby-Modus herunterfahren" und bis Ende Oktober auf zusätzliche Plakate und Großveranstaltungen, bis Ende November auf Inserate und bis zum Schluss auf Radiowerbung und Fernsehspots verzichten - "egal, was das Team van der Bellen macht". Lockl dagegen stellte in Aussicht, sein Kandidat werde in den nächsten Wochen "sehr viel unterwegs sein". Die eineinhalb Million Euro, die er bislang für den Van-der-Bellen-Wahlkampf ausgab, will er nun noch einmal von Spendern einsammeln.

Zudem erhält van der Bellen auch Unterstützung von Gruppen wie der SPÖ-Jugendorganisation SJ: Die verteilte zum Schulanfang einen Kalender an Schüler, in dem sie ganz offen für den Tiroler mit niederländisch-russischem Migrationshintergrund wirbt. Als österreichischen Medien auffiel, dass politische Werbung an Schulen gesetzlich verboten ist, rechtfertigten sich SJ-Vertreter mit der Behauptung, sie hätten die Kalender lediglich vor und nicht in den Schulen verteilt, was legal gewesen sei.

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