Angst vor Entdollarisierung: US-Finanzministerin Yellen schlägt Alarm
Sorge vor globaler Abkehr vom US-Dollar wächst in Washington. Yuan bricht neue Rekorde. Erleben wir das Ende eines globalen Finanzsystems?
Bei einer Kongressanhörung am Dienstag äußerte US-Finanzministerin Janet Yellen ihre größte Sorge: die Dedollarisierung. Diese Aussage, berichtet von der Associated Press, markiert eine überraschende Wende, da Yellen bisher stets betont hatte, dass der US-Dollar trotz Sanktionen oder politischer Fehlentscheidungen nicht in Gefahr sei, seinen Status als dominierende Reservewährung zu verlieren.
Noch im März 2022 hatte Yellen selbstbewusst erklärt, dass der US-Dollar keine ernsthafte Konkurrenz habe und dies auch so bleiben werde. Sie verwies auf die Stärke der US-Finanzmärkte und die Sicherheit von US-Staatsanleihen. Doch nur zwei Jahre später scheint sich diese Einschätzung geändert zu haben.
Verschuldung und Politkrise
Zwei Entwicklungen in Washington beschleunigen diese Dynamik: Die Staatsverschuldung ist auf fast 35 Billionen US-Dollar gestiegen, und der US-Wahlkampf zeigt chaotische Züge. Ex-Präsident Donald Trump droht mit drastischen Handelsmaßnahmen gegen China, und es gibt Unsicherheiten, ob Biden erneut als Kandidat der Demokraten antritt.
Die zunehmenden Bedenken über den US-Dollar als globale Leitwährung treiben die Suche der Entwicklungsländer nach Alternativen voran.
Während die Chancen für eine Rückkehr Trumps ins Weiße Haus steigen, sieht sich Asien plötzlich mit dem von Trumps Verbündeten entworfenen "Projekt 2025" konfrontiert. Darin ist von der Abschaffung der Federal Reserve und der Rückkehr zu einer goldgedeckten Währung die Rede. Trump hat in der Vergangenheit angedeutet, dass er die USA für zahlungsunfähig erklären, den US-Dollar abwerten und Verbündete wie Japan und Südkorea zur Kasse bitten könnte.
Die politische Polarisierung und das mögliche Comeback Trumps könnten die Lage weiter verschärfen. Auch wenn Trump die Wahl verlieren sollte, würde er mit hoher Sicherheit Wahlbetrug anprangern. Schon jetzt weigern sich Trump und seine Verbündeten, eine Niederlage zu akzeptieren. Ein erneuter Sturm auf das Kapitol wie am 6. Januar 2021 wäre dann wahrscheinlich.
Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit
Die Herabstufung der Kreditwürdigkeit der USA durch Fitch im August 2023 und die Warnungen von Moody’s tragen zur Unsicherheit bei. Asien, das rund drei Billionen US-Dollar in US-Staatsanleihen hält, ist besonders besorgt. Die Region sitzt auf dem weltweit größten Bestand an US-Staatsanleihen – rund drei Billionen US-Dollar. Japan hält mit 1,2 Billionen US-Dollar den größten Anteil, China ist mit 770 Milliarden US-Dollar der zweitgrößte Gläubiger.
Ökonomen wie Stephen Jen von Eurizon SLJ Capital sehen einen beschleunigten Marktanteilsverlust des US-Dollars. Der Anteil des Dollars an den offiziellen Weltwährungsreserven sank von 73 Prozent im Jahr 2001 auf 58 Prozent im Jahr 2022. Jen führt dies auf die harten Sanktionen der USA und ihrer Verbündeten zurück, die viele Schwellenländer verschreckt haben.
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Obwohl der US-Dollar noch dominiert, ist seine Vorherrschaft nicht garantiert. Die Bemühungen der BRICS-Staaten und anderer, die US-Währung zu verdrängen, gewinnen an Bedeutung.
China strebt seit 2012 die Internationalisierung des Yuan an. Trotz Fortschritten bleibt der Yuan aufgrund von Beschränkungen für Kapitaltransaktionen kein vollwertiger Ersatz für den Dollar. Dennoch gewinnt Chinas Strategie der "Yuanisierung" an Zugkraft. Im März 2023 erreichte der Yuan einen Rekordanteil von 4,7 Prozent am weltweiten Zahlungsverkehr.
Yuan auf Vormarsch
Die zunehmende Verwendung des Yuan durch Russland und andere große Volkswirtschaften unterstützt Chinas Bemühungen, den Yuan zu einer internationalen Reservewährung zu machen. Allerdings ist er aufgrund struktureller Beschränkungen kaum ein zuverlässiger Ersatz für den US-Dollar.
Die Bemühungen um eine Brics-Währung haben ebenfalls nicht nachgelassen. Die Brics-Staaten arbeiten mit Ländern wie Iran und Ägypten zusammen, um ihre finanzielle Unabhängigkeit zu stärken.
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Analysten des GeoEconomics Center des Atlantic Council sind jedoch der Meinung, dass die Dominanz des Dollars weiterhin stark ist. Sie verweisen auf die Wehrhaftigkeit der US-Wirtschaft und die geopolitische Unsicherheit, die den Dollar attraktiv machen. Dennoch gewinnt die "Yuanisierung" an Zugkraft.
Dmitry Dolgin von der ING Bank glaubt, dass Peking seine Bemühungen fortsetzen wird, Währungsswaps auszuweiten und das grenzüberschreitende Interbankenzahlungssystem (Cips) zu entwickeln, um Swift zu ersetzen.
Obwohl einige Zweifel an der Zukunft des Dollars haben, deuten viele Anzeichen darauf hin, dass Yellens Befürchtungen einer Dollarentwertung gerechtfertigt sind.