Aufregung um Cannabis: Rauschgift, Droge oder Heilmittel?
Seite 3: Cannabis als Heilmittel und sakrale Droge
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In der Debatte wird oft übersehen, dass Cannabis als Arzneimittel in Deutschland bereits von Kanzlerin Merkel 2017 freigegeben wurde.
Die seit langer Zeit mit Cannabis-Medikation arbeitenden Pharmakologen Eigenmann und Fankhauser nennen für CBD, den neben THC wichtigsten Wirkstoff der Hanfpflanze, folgende Indikationen: Entzündung, Schmerzen, Bewegungsstörung, therapieresistente Epilepsie bei Kindern, Schlafstörung, Depressionen, Autismus, Entzugssyndrome, Angststörungen, Panikattacken und Psychosen.
Im Expertenteil ihres Buches "Cannabis in der Medizin" weist die Psychiaterin Eva Milz auf Vorbehalte vieler Kollegen gegen Cannabis-Anwendung hin, die aus der verbreiteten Fehlannahme resultieren, "jede Form von Cannabis könne Psychosen auslösen". 13
Die heutige Aufgeregtheit konservativer Medien ist kaum verständlich, denn die Cannabis-Legalisierung lag seit langer Zeit in der Luft. Schon 1992 legte Christine Bauer ein Modell für die Freigabe sogar von Heroin vor, 1995 schloss der Drogenexperte Prof. Sebastian Scheerer sein Buch "Sucht" mit der Hoffnung:14
daß (!) die heute noch verbotenen Drogen (wie z.B. Cannabis) im Laufe der Zeit (ähnlich dem Kaffee zwischen dem 17. und dem 19.Jahrhundert) ihren Schrecken verlieren und in den Alltag der postmodernen Modulationsgesellschaft integriert werden.
In dem Maße, wie sich das Wissen um den angemessenen Konsum dieser Drogen verbreitet und soziale Solidarität den einzelnen vor Abgleiten in die Sucht bewahrt, könnte die Verbreitung der Drogen sogar mit einer weitgehenden Entschärfung des Suchtproblems einhergehen.
Sebastian Scheerer
Der Begründer der LSD-Psychotherapie Stanislav Grof15 datiert den Konsum der Heilpflanze Hanf weit zurück ins uralte China und verweist darauf, dass Cannabis in zahlreichen Kulturen als sakrale Droge verwendet wurde und wird:
Die erste historische Erwähnung der Heilkraft von Cannabis findet sich in den Schriften des chinesischen Kaisers Shen Neng aus dem Jahre 2737 v. Chr. Verschiedene Sorten von Hanf wurden geräuchert und unter verschiedenen Namen (Haschisch, Charas, Bhang, Ganja, Kif, Marihuana) in Indien, im Mittleren Osten, in Afrika und in der Karibik zur Erholung, zum Vergnügen und bei religiösen Zeremonien eingenommen.
Sie stellen ein wichtiges Sakrament für so unterschiedliche Gruppen wie die Brahmanen, bestimmte Sufi-Orden, alte Skythen und die jamaikanischen Rastafaris dar.
Stanislav Grof
Die Betreiber der traditionsreichsten Hanfmedizin herstellenden Apotheke der Schweiz führen sogar die Etymologie ihres Fachgebietes Pharmakologie auf sakrale Drogen zurück und bedauern, dass ein Pharmakon, also auch Cannabis, immer zwischen Wundermittel und Gift gesehen wird.
Typischer als für Hanf könnte die Etymologie des griechischen Wortes "Pharmakon" kaum stehen. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes, das übrigens erstmals bei Homer (ca. 8.Jh.v.Chr.) in der Illias und in der Odyssee vorkommt, ist nämlich "eine pflanzliche Substanz, die magische Kräfte besitzt".
Daneben ist Pharmakon auch Arzneimittel, aber zugleich Gift oder Zauber- und Wundermittel. Diese Janusköpfigkeit wird Cannabis wohl immer begleiten.
Manfred Fankhauser und Daniela E. Eigenmann